Tagebuch und Kiste

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Kapitel 21

Als Angestellter hatte Severus nun Zugang zu dem Mitarbeiterzimmer neben der Cafeteria, welches einige Sofa, Sessel, eine Art kleine Küche und sogar einen Fernseher enthielt. Jetzt da er, Sententia, Alice, Polly und Fran Kollegen waren, hatten sie sich einander endlich auch das 'Du´ angeboten. Sicher klang es noch etwas fremd, aber so langsam gewöhnte sich Severus daran. Dienstags hatte die Heilerin ihm gesagt, dass er am nächsten Tag ohne sie frühstücken musste, da sie noch einige Sachen zu erledigen hatte bevor die Familien der Patienten ankämen.

Seitdem hatte er sie nicht mehr gesehen.

Severus hatte eigentlich vorgehabt, ihr von der Kiste zu berichten. Er dachte nicht, dass sie davon wusste, aber es würde sie bestimmt interessieren. Der leere Ausdruck auf ihrem Gesicht, als sie das Zimmer betreten hatten, war ihm nicht mehr aus dem Kopf gegangen und er hoffte, in der Kiste einen Hinweis auf Richards Verbleib zu finden. Auch die Heilerin hatte eine schwere Last mit sich zu tragen, das Leben hatte es nicht immer gut mit ihr gemeint, doch noch schien sie Hoffnung zu haben und Severus wollte nicht zu lassen, dass sie am Ende genauso gebrochen war wie er selbst. Das wünschte er niemandem. Vielleicht mochte er verloren sein, aber Sententia war es noch nicht.

Donnerstag früh fand er sie am Tisch vor. Gedankenverloren rührte sie in ihrem Kaffee herum, starrte aber durch die Tasse hindurch. Severus fragte sich immer, warum sie nicht bei Alice und den anderen am Angestelltentisch saß, aber er vermutete, sie hatte am Morgen und am Abend lieber ihre Ruhe von ihrem irrelevantem Geplapper. Mittags ging es, da saßen sie jetzt immer bei den anderen.

Der Mann holte sich einen Kaffee und dirigierte ihn mit seinem Zauberstab vor sich hin. Sententia schreckte auf, als er sich auf den Stuhl ihr gegen über nieder ließ, und blickte ihn mit weit aufgerissenen Augen an.

„Was? Alles in Ordnung?“, wollte Severus wissen.

„Entschuldigung. Ich war in Gedanken…“, sagte sie.

„Das sehe ich.“ Sie sah recht fertig aus, ihre Haare waren nur kurz durchgekämmt und ihr Make-up hatte sie auf‘s nötigste reduziert, sodass Severus tiefe Schatten unter ihren Augen auffielen. „Geht es dir gut?“, presste er der Höflichkeit halber hervor.

„Ja, ich habe nur schlecht geträumt.“

„Um was ging es?", wollte er wissen.

„Mein Vater… Ich hab von ihm geträumt. Er…Er-“, sie brach ab und ihre Augen verloren jeglichen Ausdruck. Sie benutzte Okklumentik dazu und Severus behagte das gar nicht, denn scheinbar schien es so grausam zu sein, dass sie niemandem einen Nervenzusammenbruch zumuten wollte. Severus kannte das nur zu gut. Mit matter Stimme fuhr sie fort: „Er hat mit zerbrochenen Flaschen um sich geschlagen und auf mich und meine Mutter eingeprügelt. Plötzlich ist Richard erschienen und hat sich dazwischen gestellt und ihn von uns weggehalten. Er schien mir etwas sagen zu wollen doch dann war plötzlich so etwas wie eine unsichtbare Wand zwischen uns und hat seine Worte abgedämpft. Ich konnte nichts verstehen, aber ich habe das Gefühl, es war wichtig.“

„Es war nur ein Traum.“

„Träume entstehen aus Informationen, die unser Unterbewusstsein verarbeitet. Vielleicht hat er mir damals gesagt wohin er gegangen ist oder einen Hinweis auf irgendwas gegeben und ich hab´s einfach nicht bewusst aufgenommen oder verdrängt.“  Das was sie sagte, machte Sinn, aber sie wusste nicht, ob er ihrem müden Gerede folgen konnte, denn sie nuschelte in der Tat ein wenig. Das kommt eben davon, wenn man kaum schläft und schlecht träumt, dachte sie. Severus verstand selbstverständlich, was sie meinte und griff die Gelegenheit um sie auf die Kiste und das Buch anzusprechen.

„Du sagtest, ich dürfe mich umsehen?“, meinte er.

„Ja. Hast du was nützliches gefunden?“

Schwarze Nacht und dunkelblauer SternenhimmelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt