Kruoris?

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Kapitel 36

„Sententia! Sententia öffne die Tür!“ Es war Samstag, Ende August, halb 8 Uhr früh und Alice hämmerte wie eine Bekloppte gegen die Zimmertür zu Sententias Wohnung.

„Es ist Samstag morgen, wir frühstücken“, sagte Sententia, als sie die Tür öffnete. Dann sah sie Alice panischen Blick. „Was ist passiert?“

„Fiona ist heute nicht aufgetaucht. Ich habe mir Sorgen gemacht, dass sie in ihrer Wohnung umgekippt ist und vor sich hin rottet, sie hat doch so ein schwaches Herz. Also bin ich zu ihr gegangen. Sie hat nicht aufgemacht, deshalb habe ich den Universalschlüssel bei Polly geliehen und hab die Tür geöffnet. Es war alles verwüstet, Regale zertrümmert, Schubladen ausgeräumt und rausgebrochen, aber keine Spur von ihr. Das Fenster war kaputt, derjenige, der bei ihr eingebrochen ist, muss durchs Fenster rein- und wieder rausgekommen sein“, berichtete Alice aufgebracht.

„Mach die keine Sorgen, wir werden sie finden, da bin ich mir sicher“, sagte Sententia und versuchte möglichst beruhigend zu klingen, was ihr aber nicht wirklich gelang.

„Was ist los?“ Severus war aus dem Esszimmer gekommen und hinter Sententia getreten.

„Fiona ist verschwunden, ihr Zimmer verwüstet“, fasste Sententia zusammen und sah ihm tief in die Augen. Severus verstand. Vampire.

„Bei den anderen ist alles in Ordnung? Die Patienten?“, fragte er.

„Nein, denen geht es gut. Ich weiß nicht wie sie das Pulver finden konnten“, erwiderte Alice hektisch.

„Alice, versuch Fran zu erreichen. Sag ihr, sie soll so schnell wie möglich wieder heimkommen. Severus?“ Ohne zu zögern nahm er ihre beiden Zauberstäbe von der Kommode und folgte der Heilerin. Fionas Wohnung war ein Stockwerk über ihnen und schon vom weiten konnten sie Stimmen reden hören, die zu der kleinen Traube an Menschen gehörten, welche vor den Zimmern stand.

„Leute, geht wieder in eure Wohnungen und macht euch keine Sorgen“, rief ihnen Sententia schon aus der Ferne entgegen. Sofort verschwanden die anderen Medihexen und Heiler in alle möglichen Richtungen.

Alice hatte tatsächlich gewaltig untertrieben. Es waren nicht nur die Schubladen und Regale, die Steindusche war eingeschlagen, Teller und Gläser aus den Schränken gerissen und das gesamte Bett komplett verdreckt mit Schlamm und Erde. Fionas Blattspange lag in zwei Teile gebrochen neben dem Kopfkissen.

„Blut. Ich fürchte, du hast recht“, sagte Severus. Eine Spur aus dunkelroten Tropfen zog sich von dem Bett bis zu der zerbrochenen Fensterscheibe.

„So viel Aufregung wird ihr Herz nicht mitmachen. Sie braucht ihre Medizin. Oh Gott, das arme Mädchen!“

„Wir werden sie finden. Wir haben Hope gefunden und die Thestrale, wir werden auch sie finden.“ Severus ging zum Fenster. „Kontaktiere das Ministerium, sag ihnen sie sollen Auroren schicken.“

„Einverstanden. Warum würden sie so etwas tun? Warum würden sie Fiona entführen? Was bringt es ihnen?“, murmelte Sententia leise. Sie dachte nach.

„Vampire sind unergründlich willkürliche Wesen. Sie brauchen nur einen Hauch von einem Grund und sie tun alles, um ihr Ziel zu erreichen“, sagte Severus. Er schwenkte seinen Zauberstab ein wenig und ließ einen schwarzen Stofffetzten in die Höhe steigen, der sich an einer Kante des Glases verhangen hatte.

„Das Amulett! Severus, wenn sie ein Amulett haben, dann hätten sie ohne Probleme durch den Schutzzauber gekonnt. Es sind Kruoris Leute!“, rief Sententia plötzlich. „Ich würde mich nicht wundern, wenn sie nach einer Möglichkeit suchen, an den Trank zu kommen.“

„Du hast wahrscheinlich recht, sie dir den Stoff an“, sagte Severus und murmelte einen Zauber bevor er ihn aus der Luft fischte und der Heilerin in die Hand drückte. Es war ein schwarz, so tief, wie sie es noch nie gesehen hatte, das glitzerte, ohne dass es jegliche Steine eingearbeitet hatte.

„Trixie!“ Trixie, die Hauselfe, erschien sofort.

„Sie haben gerufen, Ma´am?“, quiekte sie und schaute sie mit schiefgelegtem Kopf in dem verwüsteten Raum um.

„Das habe ich. Ich möchte, dass du dafür sorgst, dass alle Patienten, die nicht Notfallpatienten sind, ins St Mungo gebracht werden. Alle Heiler, die nicht dringen benötigt werden und Auszubildende werden umgehend zu ihren Familien geschickt. Wenn sie keine haben, bleiben sie“, erklärte Sententia bestimmt.

„Wie ihr wünscht“, sagte Trixie mit einer tiefen Verbeugung und verschwand nach einem Schnipsen.

„Wo ist sie? Sagt mir bitte, dass ihr sie gefunden habt!“ Fran stürzte durch die Tür, aufgebrachter denn je.

„Du bist schon da?“

„Flohnetzwerk. Oh Gott, sie wäre daheim, wäre ich nicht in Japan gewesen. Was wenn ihr Herz nicht mitmacht?“, sagte sie, ihre Stimme war voller Sorge.

„Fran, ganz ruhig. Es ist nicht deine Schuld. Ich denke sogar, dass es meine ist. Ich hätte Kruoris sofort melden sollen, aber ich dachte, er würde es von selbst lassen. Ich dachte, er war nur zu Stur, um einzusehen, dass er Unrecht hatte“, erwiderte Sententia betrübt.

„Ich bitte euch. Kein anderer als Kruoris hat irgendwelche Schuld daran. Walker, Mills springt für dich ein, wenn du nicht da bist. Es ist doch nicht das erste Mal, dass du verreist. Und Sententia, du glaubst an das Gute in jedem, selbst wenn er noch so furchtbare Dinge getan hat.“ Ich bin das beste Beispiel dafür, fügte er in Gedanken an. „Das ist doch nicht verwerflich. Wir sollten uns darauf konzentrieren, sie zu finden.“

„Aber wie? Sie könnte überall sein“, meinte Sententia.

„Walker, wie weit kommst du an Lacat heran?“, fragte Severus.

„Ich habe eine Großcousine in Borca. Ich rede mit Antoni, er wird sicher mitkommen“, antwortete Fran und war dabei, sich auf dem Absatz umzudrehen, als Sententia noch sagte: „Pass auf dich auf.“

„Immer doch. Ihr auch, ja?“, erwiderte Fran. Beide nickten, dann verließ Fran, ebenso schnell, wie sie gekommen war, den Raum

„Antoni ist ihr Bruder“, sagte Sententia, die mal wieder Severus Gedanken gelesen hatte.
Trixie und Alice erschienen gleichzeitig in der Wohnung.

„Paul kommt und hilft bei der Suche“, informierte Alice sie.

„Die Auroren sind auf dem Weg und alle Patienten und Heilerin ins St Mungo geschickt“, piepse Trixie.

„Ich danke euch. Trixie, gib jedem der übrigen Heiler einen Patienten, dann gehen du, Miria und Pixa in die Eingangshalle. Sollte irgendwer dort auftauchen, wirst du zu mir apparieren und die anderen suchen die Heiler auf und warnen sie“, befahl Sententia.
Trixie nickte, dann disapparierte sie wieder.

„Alice, warte auf Paul. Sobald er da ist, sucht ihr den Süd- und den Ostteil des Waldes ab, Severus und ich übernehmen den Rest. Wenn ihr sie habt, kehrt ihr zur Klinik zurück und piepst mich an.“

„Verstanden“, sagte Alice, dann eilte sie die Treppe hinunter.

Schwarze Nacht und dunkelblauer SternenhimmelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt