Er genoss es, wie sie davon lief. Seine Wange schmerzte kaum, aber er war davon beeindruckt, dass sie so impulsiv war. Loki musste sich nicht beeilen; seine Beine waren länger, die Schritte größer und da Sigyn nicht rannte, hatte er sie schnell eingeholt.
Ihre flüchtigen Blicke über die Schultern und das kurze leise Wimmern, als er ihre Schulter packte und sie vor sich her schob, war wie Musik in seinen Ohren.
Vor seinem Zimmer blieb er stehen, öffnete die Tür und schubste Sigyn hinein. Durch den harten Stoß fiel sie unsanft auf ihre Knie und rührte sich nicht. Loki schloss hinter sich die Tür.
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Sigyns Knie schmerzten, aber sie bewegte sich nicht. Für das, was sie gerade getan hatte, gab es keine Entschuldigung. Loki stand weit über ihr und konnte im schlimmsten Fall sogar ihre Hinrichtung fordern, ohne, dass selbst König Lotir etwas dagegen sagen könnte. Alleine Odin könnte sich für sie einsetzen.
Seine Lederstiefel knarzten, als er langsam um sie herum ging und vor ihr stehen blieb, aber Sigyn sah nicht hinauf.
"Nun." seine Stimme war leise, aber intensiv. "Das habe ich tatsächlich nicht kommen sehen, gratuliere." Sigyn starrte weiterhin auf seine Stiefel.
"Steh auf! Du bist eine Prinzessin, warum kauerst du auf dem Boden?"
Langsam stand Sigyn auf, sah Loki aber dennoch nicht an. Er stand so dicht vor ihr, dass sie seinen Atmen auf ihrer Stirn spürte.
"Sieh mich an." Sigyn rührte sich nicht.
"Sie mich an!"
Ganz langsam hob sie ihren Kopf. Lokis eisblaue Augen starrten in ihre und fast hätten sich ihre Nasen berührt, so nah war er an sie heran getreten. Keiner blinzelte. Obwohl sie in einer misslichen Lage war, und in so einer misslichen Lage war sie noch nie gewesen, erlaubte sich Sigyn auch jetzt keine Schwäche. Viel zu groß war ihr Stolz und viel zu heftig hatte Loki, ihrer Meinung nach, Vanaheim beleidigt.
Kaum merklich schob Loki seinen Kopf nach vorne, bis an Sigyns Ohr. "Du sollest dir über die Konsequenzen Gedanken machen, die auf deine Handlungen folgen. Du bist viel zu impulsiv, das kostet dich noch irgendwann deinen Kopf."
So dicht an Loki fing ihr Körper an zu zittern. Grob umfassten seine Finger ihr Kinn und hoben ihren Kopf an.
"Noch einmal werde ich das nicht durchgehen lassen." Seine Lippen waren so dicht an ihren, dass Sigyn seinem Atem auf ihnen spürte. Angespannt hielt sie die Luft an.
Loki ließ sie los und drehte sich weg. "Geh."
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Wie eine kleine Ricke hatte sich Sigyn davon gemacht. Nach so langer Zeit, mehr oder weniger isoliert in Asgard, hatte Loki endlich wieder etwas Spaß. Wenn Sigyn schon hier war, so konnte er sie etwas manipulieren. Sie scheint auf jeden Fall etwas darauf anzuspringen.
Ein Lächeln huschte über sein Gesicht, als er daran dachte.
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Ihr Herz schlug ihr heftig in der Brust, als sie sich an die Tür lehnte, nachdem sie ihre Gemächer betreten hatte. Was hatte sie nur geritten, ihn so anzugehen, ihn sogar zu schlagen? Sie hatte noch nie derart die Fassung verloren. Aber Loki hatte Vanaheim beleidigt, das konnte sie als Prinzessin nicht dulden.
Tausend Eindrücke schossen auf Sigyn ein. Der harte Griff an ihrer Schulter und das sie sich so leichtfüßig von ihm führen ließ. Warum hatte sie sich nicht gewehrt? Warum hatte sie überhaupt nichts gesagt?
Sanft strich sich Sigyn über das Kinn. Noch immer konnte sie Lokis Finger auf ihrer Haut spüren. Oh, wie sehr sie ihn verachtete. Das würde ihr nicht noch einmal passieren. Dieses Machtspielchen kann er mit jemanden anderen spielen!
Was sie aber am meisten störte, war ihr Körper. Stocksteif stand sie vor ihm und dennoch schien ein Teil sich nach Loki zu sehnen.
Nein! Diesen Gedanken schüttelte Sigyn sofort ab!
Seine Berührungen, seine Lippen so dicht an ihren... Sein Geruch und diese Augen...
"Aufhören!" forderte sich Sigyn laut auf!
"Das ist doch Quatsch, Mädchen!" Selbstgespräche waren eigentlich nicht so ihres, aber irgendwie musste sie sich beruhigen. Sigyn betrachtete ihre ausgestreckten Finger: sie zitterten unaufhaltsam.
Und jetzt? Es war erst Vormittag und sie konnte sich nicht den gesamten Tag hier verstecken.
Ein paar Minuten wartete Sigyn noch ab, als sie vorsichtig ihre Tür öffnete. Abgesehen von den Wachen, die die Gemächer in diesem Teil des Palastes bewachten, war niemand zu sehen. Sigyn schlich aus dem Zimmer; sie wollte zum Trainingsplatz und hoffte, dort Gavin anzutreffen. Er weiß sicher ein Rat.
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Loki lag auf dem Bett. Der Tag war noch jung und das Spiel hatte gerade erst begonnen. Sicher würde sich Sigyn bei ihrem Liebhaber ausweinen wollen. Aber was soll der schon ausrichten.
Vielleicht stattete Loki ihm einen Besuch ab.
Schwungvoll sprang er aus dem Bett und verließ das Zimmer, als er Sigyns erkannte, die gerade um die Ecke bot.
'Runde zwei.' Loki konnte sich ein Grinsen kaum verkneifen.

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Macht
FanficSigyn ist eine Prinzessin. Ihre Vorfahren waren einst Götter Asgards, als diese sich vor mehreren tausend Jahren dazu entschieden, Vanaheim zu besiedeln, um dort ein einfacheres Leben zu führen. Unter Asgards Schutz haben sich die Vanir eigenständig...