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Loki löste sich von ihren Lippen. Wie beim letzten Mal roch ihre Haut nach Honig. Ein tiefes warmes Gefühl machte sich in seinem Körper breit, als er in Sigyns große braunen Augen sah. Und er wusste, er hatte richtig gehandelt.

"Loki, ich.." Sigyns Stimme war leise und weich, aber Loki erstickte ihre Worte, indem er sie erneut küsste. Er hatte eine Schwelle überschritten, eine Tür geöffnet und er wusste, jetzt gab es kein zurück mehr. Sein Kopf löste sich von seinem Herzen und er ließ es geschehen. Alles rückte in den Hintergrund, alles, was in den letzten Tagen passiert war.

Loki wollte mit ihr spielen, sie manipulieren, ja, auch gefügig machen. Und jetzt wusste er gar nicht mehr, wann er die Kontrolle verloren hatte. Sigyns Wesen war so ganz anders, als von den Frauen, die er bisher kannte.


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Sigyns Herz schlug hart gegen ihre Brust. Lokis Küsse waren heiß und fordernd. Wenn sie nicht aufpassen würde, würde sie in seinen Armen schmelzen. Jede Berührung, schien sie noch so unbewusst, ließ ihre Haut kribbeln. Was passierte gerade? Niemals hätte Sigyn gedacht, dass gerade er ihr dermaßen den Kopf verdrehen würde. Loki! Der arrogante Faztke, dessen Gang so stolz war und dessen Nase fast die Wolken berührten, so hoch trug er sie.

Sie stöhnte leise auf, als Lokis Lippen ihren Hals berührten. Seine Hände griffen ihren Rücken und er zog sie dichter sich heran.

"Loki..." keuchte Sigyn. "Wir sollten zurück gehen." Lokis Gesicht war dicht vor ihrem. Wie funkelnde Kristalle blitzten seine blauen Augen.



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Thor sah, wie Loki und Sigyn kichernd den Festsaal betraten. Verwirrt stieß er Sif in die Seite, die erst nicht verstand, was er von ihr wollte. Auch anderen Asen war dies aufgefallen. Loki war die letzten Wochen sehr schweigsam gewesen, war allen Festlichkeiten aus dem Weg gegangen, verschanzte sich in der Bibliothek. Frigga hatte Thor nach seiner Ankunft die letzten Ereignisse geschildert. Und er wusste, dass sie sich über die bevorstehende Vermählung Sorgen machte.

Thor grinste breit, als sich Sigyn und Loki zu ihnen setzten. Sigyns Wangen waren gerötet und sie schien irgendwie zu strahlen - ganz anders, als er sie heute in ihrem Gemächern besucht hatte.

"Und seine Beine waren ganz krumm! Ich hatte nur noch darauf gewartet, dass er quakt!" Loki erzählte die Geschichte, als er Thor in den Frosch verwandeln wollte und Sigyn lachte laut.

"Erzähl das mit der Schlange!" rief Sif ihm laut zu und Loki konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. Thor sah seinen Bruder an und es fühlte sich plötzlich wie früher an. Als sie noch Kinder waren und jeden Tag zusammen verbrachten. Irgendwann hatte Loki sich verändert und Thor schien es nicht verhindern zu können. Es tat gut, Loki wieder ausgelassen lachen zu sehen.

"Nein, nein, nein!" Thor  lachte laut. "Die Geschichte ist überhaupt nicht gut!" Die gesamte Tisch lachte.


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Der Abend war ausgelassen. Sigyn wusste nicht, wie lange sie zusammen gesessen hatte. Und wieder musste sie feststellen, dass sie nicht so trinkfest war, wie die Asen. Schon lange hielt sie ihren Becher fest, nur damit niemand mehr Wein einschenken konnte.

Es war das erste Mal, dass sie Loki so ausgelassen lachen gesehen hat. Diese Art gefiel ihr, er hatte sich komplett geändert. Seit gut einer Woche war Sigyn nun in Asgard, dennoch schmerzte der Gedanke an Vanaheim und sie war froh, wenn sie wieder dort war.

"Ich muss mich hinlegen." Sigyn stand auf und alle am Tisch wollten sie abhalten. "Nein, geh nicht." rief Sif. "Nur noch einen Becher Wein." versuchte es Thor.

"Nein, wirklich. Da kann ich nicht mithalten." Sigyn hob beschwichtigend die Hände. Auch Loki stand auf. "Ich bringe sie in ihr Gemach."

Gemeinsam verließen sie den Festsaal. Wankend lief sie den Korridor entlang und Loki hatte seinen Arm um ihre Schultern gelegt. Immer wieder stieß sie gegen seinen Oberkörper, ihre Beine gehorchten ihr nicht richtig.

"Verflixter Alkohol!" nuschelte sie und Loki lachte leise.

Müde ließ sie sich von Loki führen. Irgendwas in ihr sagte, dass sie ihm vertrauen konnte. So hatte Sigyn gar nicht mitbekommen, dass Loki sie an ihrer Zimmertür vorbeiführte und sie vor seinen Gemächern stehen blieben. Loki öffnete sie und Sigyn trat hinein. Es fiel ihr erst auf, als die Tür hinter ihr geschlossen wurde.

"Was?" stammelte sie leise, aber Loki stand direkt bei ihr.

"Bleib heute Nacht bei mir. Nicht, dass du nachts noch über etwas stolperst und deinen Kopf anstößt." Behutsam nahm er ihre Wange in seine Hand. Der Alkohol schien sich bei ihm überhaupt nicht bemerkbar zu machen, obwohl er den gesamten Abend mit allen getrunken hatte.

Bereitwillig ließ Sigyn sich zu seinem Bett führen. Das dunkle Holz der Bettpfosten hielt einen schwarzen oder dunkelblauen Baldachin. Das Zimmer war nur spärlich beleuchtet, sodass Sigyn die Farbe nicht erkennen konnte. Sie setzte sich auf das weiche Laken und streifte sich ihre Schuhe ab. Loki stand vor, nahm ihren Kopf zwischen seine Hände und küsste sie innig.

Sigyn Herz stolperte, Schmetterlinge machten sich in ihrem Bauch breit und fast vergas sie, dass sie sich in Lokis Räumen, genauer auf seinem Bett, befand.

Lokis Küsse wurden fordernder. Sanft drückte er sie zurück, sodass ihr Rücken bald das Laken berührte, er über ihr. Sie brach seinen Kuss.

"Loki, ich.." stammelte sie.

"Mein Herz." sagte er sanft. "Heute Nacht will ich nichts mehr, als dich in meinen Armen halten. Dich ganz nah zu spüren. Bitte, bleibt heute hier. Ich möchte nur deinen warmen Körper neben meinem spüren. Ich verspreche, ich mache nichts, was du nicht willst."

Loki stand auf, ging um das Bett und zog sich Stiefel und Hemd aus. Er schlug die Decke zurück und schlüpfte hinein. Sigyn  drehte sich zu ihm und ließ ihren Kopf auf das Kissen fallen. Alles hier roch nach Loki. Er deckte sie zu und drehte sich zu ihr.

Sie spürte, wie er seine Arme um sie legte und dichter an sie heran rutschte. Und zum ersten Mal, seit dem Sigyn in Asgard war, spürte sie eine tiefe Geborgenheit.

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