Loki grinste Sigyn schelmisch an und Wut kam in ihr hoch. "Nein, danke." Sie versuchte ruhig zu bleiben. Dieses Mal würde sie sich nicht über diesen arroganten Fatzke aufregen. Langsam drehte sie sich um und wollte die Tür zu ihrem Gemächern öffnen, als Loki sie an der Schulter festhielt.
"Was ist dein Problem?" Seine Stimme war laut und zum ersten Mal klang sie für Sigyn ehrlich.
"Mein Problem? Du willst wissen, was mein Problem ist?" Sigyn war wütend und nichts konnte sie jetzt mehr zurück halten.
"Gut, dann erkläre ich es dir, dass selbst du es verstehst! Ich bin eine Prinzessin! Ich bin Prinzessin Sigyn Lotirdottir von Vanaheim. Und bis vor ein paar Tagen habe ich gedacht, dass ich meinem Vater auf dem Thron folgen werde. Mein ganzes Leben wurde ich darauf vorbereitet und plötzlich muss ich erfahren, dass dies nur geht, wenn ich einen Ehemann heirate! Denn als Frau bin ich anscheinend unwürdig, Vanaheim zu regieren. Wäre ich als Junge geboren, würde sich diese Frage gar nicht erst stellen." Ihre Stimme wurde immer lauter.
"Und da kommst du ins Spiel!" fuhr sie fort. "Ich kann dich nicht ausstehen. Du bist arrogant und hochnäsig, aber du scheinst meine einzige Chance zu sein, mein rechtmäßiges Erbe anzutreten. Mir ist es vergönnt, irgendwann mal aus Liebe zu heiraten, es sei denn, ich verzichte auf mein Geburtsrecht! Ich vermisse Vanaheim. Ich vermisse den Wald und die Luft, ich vermisse den Nebel und den Regen und ich vermisse meinen Freund!" Es herrschte eine kurze Pause. "Und du fragst mich, wo mein Problem ist."
Sigyn atmete schwer. Es tat ihr gut, alles von der Seele zu reden. "Es tut mir leid." sagte sie nach einer Weile. "Ich weiß, dass du nichts dafür kannst. Du hast dir diese arrangierte Ehe auch nicht ausgesucht. Hast du schon mal daran gedacht, dass du alles aufgeben musst? Du musst all das hier zurücklassen. Wir sind die traurigen Schachfiguren unserer Eltern, Loki."
Schweigend standen sie eine Weile auf dem Korridor, als Sigyn sich erneut zu ihrer Tür drehte. "Ich bin müde, ich brauche meine Ruhe."
Den gesamten Tag verbrachte Sigyn in ihren Räumen. Ein paar Mal hatte es an der Tür geklopft, aber niemand kam herein. Dies war ihr ganz recht, sie wollte niemanden sehen.
Am Abend überkam sie das schlechte Gewissen. Sie hatte Loki ganz schön angefahren. Es dauerte eine Weile, bis sie den Mut hatte, ihr Gemach zu verlassen. Leise lief sie über den Flur. zwei Türen weiter und auf der gegenüberliegenden Seite war sein Zimmer. Sigyn atmete zweimal tief durch, bevor sie anklopfte. Langsam öffnete sie die Tür und ging vorsichtig herein.
Seltsame Geräusche drangen in ihr Ohr. Ein Feuer im Kamin knisterte, obwohl es nie kalt war in Asgard. Nur ein paar Kerzen erhellten den großen Raum spärlich. Sigyns Augen gewöhnten sich nur langsam an die Dunkelheit, als sie zwei Personen auf dem großen Bett ausmachte.
Innerhalb von wenigen Sekunden erkannte Sigyn Gyda. Ihr Kleid war ihr über die Schulter gerutscht und gab ihren Oberkörper frei. Loki saß neben ihr, vergrub sein Gesicht in Gydas Halsbeuge, schien sie zu küssen. Seine Hand massierte eine freigelegte Brust von Gyda. Sie stöhnte. Gleichzeitig verschwand ihre Hand in Lokis geöffneter Hose.
Fast gleichzeitig schauten beide Sigyn an, die, nachdem ihr klar geworden war, dass sie mehr als fehl am Platz ist, rückwärts wieder das Zimmer verlassen wollte. Scharf zog sie die Luft ein. "Es tut.. Ich wollte nicht... Ich..." stammelte sie, drehte sich um und verließ schnell das Zimmer.
In ihrem Zimmer angekommen wusste sie nicht einmal, ob sie die Tür von Lokis Gemächern geschlossen hatte. Warum war sie einfach in seine Räume gegangen? Warum hatte sie die Tür aufgemacht? Warum war seine Tür nicht verschlossen? Die Bilder flackerten vor ihrem inneren Auge auf und Sigyn vergrub ihr Gesicht in einem Kissen. "Nein! Nein! Nein! Nein! Sigyn! Was hast du nur getan!" schrie sie sich selbst an.
Die nächsten Tage war Sigyn viel in ihren Räumen und wenn sie im Palast unterwegs war, hatte sie Loki nicht gesehen. Wie ein Geist schlich sie über die Korridore, holte sich aus dem Speisesaal etwas zu essen und huschte zurück in ihre Räume. Ihr war es unendlich peinlich, dass sie Loki und Gyda gestört hatte.
******
"Thor, es sind nun schon drei Tage, seitdem Sigyn nicht aus ihren Räumen kommt. Kannst du bitte mal nach ihr sehen?" Frigga wandte sich an Thor. Sie hatte Recht, Sigyn und auch Loki gingen allen aus dem Weg. Thor war seit ein paar Tagen wieder in Asgard und die Feierlichkeiten hielten seitdem an, aber keiner der beiden wurde gesehen. Thor wusste, dass Loki oft alleine in der Bibliothek war und immer, wenn er ihn auf Sigyn ansprach, wechselte Loki das Thema. In Thors Augen schien sich Loki gar nicht um seine zukünftige Frau zu kümmern, es interessierte ihn einfach nicht.
"Ich werde gleich mal zu ihr gehen, Mutter." Thor umarmte Frigga und ging geradewegs zu Sigyns Gemächern.
"Hallo Sigyn? Bist du da?" er klopfte an, und als er keine Antwort bekam, trat er ins Zimmer. Sigyn saß mit einem Sessel auf dem Balkon, ihre Arme hatte sie auf der Brüstung abgelegt und sah verträumt auf die Stadt.
"Alles in Ordnung?" Thor kam auf den Balkon und berührte behutsam Sigyns Schulter. "Alle machen sich Sorgen, weil du dich nirgends mehr Blicken lässt." Sigyn sah auf und lächelte Thor an. "Es geht mir gut. Ich mache mir nur Gedanken über die Zukunft Vanaheims."
"Geh mit mir ein Stück. Ich zeige dir den Garten." Thor lächelte und tatschlich stand Sigyn auf. Gemeinsam verließen sie das Zimmer und Sigyn hakte sich bei ihm ein.
"Loki ist kein schlechter Kerl." ergriff Thor im Garten das Wort und Sigyn seufzte. "Wenn du ihn erst einmal besser kennst, wirst du sehen, dass er sehr viele gute Eigenschaften hat."
Thor lachte laut auf. "Einmal, wir waren noch Kinder, versuchte er mich in einen Frosch zu verwandeln. Du musst wissen, Mutter hat ihm die Magie näher gebracht, aber er war damals noch nicht wirklich gut darin. Also er versuchte es und am Ende waren meine Beine grün und gebogen, wie die eines Frosches!" Er lachte laut auf und auch Sigyn konnte sich ein Kichern nicht verkneifen. Sein Versuch, sie aufzuheitern, schien aufzugehen. "Ich hatte panische Angst und Loki wollte es wieder gut machen. Aber Froschbeine funktionieren nicht wie normale Beine. Ich konnte nicht still halten und hüpfte wie ein Verrückter durch den Palast! Dabei klatschte ich ständig gegen die Wand und sogar eine Vase ging zu Bruch! Und Loki, hinter mir her laufend, hatte Tränen in den Augen!" Wieder lachte er laut und hielt sich den Bauch. "Meine Mutter hatte uns gefunden und den Zauber aufgehoben. Loki hatte natürlich Ärger bekommen aber noch heute symbolisiert der Frosch einen sehr lustigen Teil unserer Kindheit."
"Ich wusste gar nicht, dass Loki die Magie beherrscht."
"Du sollest ihm eine Chance geben. Rede mit ihm. Erzähl ihm was über dich und frag ihn etwas. Er erzählt dir sicher auch eine lustige Geschichte über unsere Kindheit." Thor blieb stehen und nahm Sigyns Hände. "Wenn du dich hier einigelst, dann wird das nichts. Ich weiß, ihr wollt beide nicht heiraten. Aber wenn du Loki erst einmal besser kennst, dann könnt ihr zumindest Freunde sein. Und vielleicht findet ihr gemeinsam einen Weg, wie ihr euch aus der misslichen Lage befreiend könnt."

DU LIEST GERADE
Macht
FanfictionSigyn ist eine Prinzessin. Ihre Vorfahren waren einst Götter Asgards, als diese sich vor mehreren tausend Jahren dazu entschieden, Vanaheim zu besiedeln, um dort ein einfacheres Leben zu führen. Unter Asgards Schutz haben sich die Vanir eigenständig...