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"Deine Mutter, Frigga," begann Sigyn, als sie zusammen in ihren Gemächern auf dem Bett saßen. "Sie hat mich so richtig herzlich gedrückt. So, wie es eine Mutter eben macht."

Loki wusste, dass Sigyn ohne Mutter aufgewachsen ist, aber nicht, warum. Sanft nahm er ihre Hände in seine und hörte ihr nur zu.

"Ich war noch klein, als sie starb. Ich bin ohne Mutter groß geworden. Ich meine, mein Vater hat mir sehr viel Liebe geschenkt und ich hatte wahrlich keine traurige Kindheit. Aber ich weiß nicht, wie es wäre, wenn meine Mutter für mich da gewesen wäre. Und heute, als Frigga mich umarmte,..." Sigyn musste schlucken, "bekam ich eine Ahnung, wie es hätte sein können."

Sie sah so traurig aus und Loki wusste nicht, wie er sich verhalten sollte. Immer hatte er selbst alle Gefühle verborgen, nur seiner Mutter war er manchmal aufgeschlossener. Aber er wusste, dass er nicht viel machen brauchte. Er wollte einfach für sie da sein und es freute ihn, dass sie sich ihm öffnete.

"Wie ist sie gestorben?" fragte er vorsichtig.

"Es gab eine Schlacht in Vanaheim. Ich war noch sehr klein. Und meine Mutter war eine entschlossene und starke Frau. Sie folgte meinem Vater in den Kampf."

"Wer hat Vanaheim angegriffen? Und warum."

Sigyns Augen funkelten böse. "Die Eisriesen von Jotunheim. Sie wollten Vanaheim einnehmen. Fast ist es ihnen gelungen, aber Odin kam uns mit seinen Soldaten zur Hilfe. Nur deshalb war Vanaheim gerettet. Laufey selbst hatte kurz vor Odins Ankunft meine Mutter mit seinem Schwert niedergestreckt!"

Loki Herz schlug ihm bis zum Hals. Laufey? Laufey tötete Sigyns Mutter? Das dürfte doch nicht wahr sein?!

"Was ist los?" fragte Sigyn. Sie musste seine entsetzte Reaktion gemerkt haben und er versuchte sich selbst zu beruhigen.

"Es ist nichts. Ich finde es nur sehr traurig, was passiert ist."

Kalter Schweiß trat ihm auf die Stirn.

"Ich, ähm, lasse dich ausruhen." Loki stand abrupt auf. Er sah noch, wie sie ihm verwirrt hinterher sah, als er ihre Tür hinter sich schloss.

Mit schnellen Schritten, ja, er rannte fast schon, begab sich Loki zum Arbeitszimmer seines Vaters. Ohne Anzuklopfen betrat er es und fand beide Elternteile vor.

"Loki, was ist los?" Frigga schien zu ahnen, dass es etwas vorgefallen war.

"Weiß sie es?" schrie er seinen Vater fast an. "Weiß. Sie. Es?"

"Wovon redest du?" Odin war aufgestanden und ging langsam auf Loki zu.

"Von mir. Natürlich. Wer ich bin?"

"Du bist Loki Odinson, Prinz von Asgard." Frigga sprach sanft und schien ihn beruhigen zu wollen.

"Laufey tötete Sigyns Mutter!" Aufgebracht lief er im Raum auf und ab, seine Augen fest auf Odin gerichtet. "Er hat sie getötet!"

"Ich weiß, Loki." Auch Odin sprach ruhig. "Ich kam an, als es passierte, konnte aber nichts mehr dagegen unternehmen."

"Aber sie weiß nicht, wer ich bin, oder? Natürlich nicht, sonst wäre sie jetzt nicht hier." murmelte Loki mehr zu sich selbst. "Niemals würde sie mich an sich heran lassen, wenn sie es wüsste."

"Loki." Frigga war auf ihren Sohn zugegangen und hatte seine Hände genommen. "Lotir weiß es. Er weiß es bereits seit dem Tag, als dein Vater mit ihm den Vertrag geschlossen hat. Und Lotir hat dem zustimmt."

"Ich bin Laufeys Sohn. Laufey, der ihr ihre Mutter genommen hat." seine Stimme zitterte.

"Du bist Loki Odinson, wir haben dich aufgenommen, du bist unser Kind." Odin sprach mit lauten und mächtigen Worten. "Und das ist es auch, was Lotir dazu bewegt hat, den Vertrag mit uns zu schließen. Aber anscheinend hat er es seiner Tochter nicht gesagt. Und es ist unerheblich."

"Nicht für mich. Und nicht für sie. Sie hat ein Recht, zu erfahren, wen sie heiraten soll." Das würde Loki ihr nie antun. Sie im Ungewissen zu lassen, wie Odin es jahrelang getan hatte.

Loki erinnerte sich noch genau an die Zeit, als er erfahren hatte, nicht Odins leiblicher zu sein. Durch einen Zufall war es ans Licht gekommen, als die Eisriesen in die Schatzkammer Asgards eingedrungen sind. Loki erinnerte sich noch gut an den Schmerz und den Verlust, den er durchlebt hatte, als er endlich die Wahrheit erfuhr. Nur schwer konnte er wieder Vertrauen zu seinen Eltern aufbauen und er musste schmerzlich zugeben, dass dies eine dicke Narbe in ihm hinterlassen hatte.

"Ich werde es ihr sagen."

"Nein, Loki." Frigga sah ihm tief in die Augen. "Jedenfalls nicht jetzt, finde den richtigen Moment."

"Es gibt keinen richtigen Moment für die Wahrheit." Mit diesen Worten verließ Loki das Arbeitszimmer und begab sich auf den direkten Weg zu Sigyn.

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