Loki hatte wohl zu verachtend geschaut. Der Blick dieser Prinzessin verriet ihm, was sie von ihm dachte. 'Soll sie nur.' dachte er und sah ihr direkt in die Augen. Ohne zu blinzeln starrte sie zurück. 'Wie sie schon aussieht'. Loki schnaubte leise, aber Frigga hatte ihn gehört und stieß ihn kaum merklich an. Der Blickkontakt brach ab und Loki musste tief durchatmen, damit ihm keine spitzen Bemerkungen von den Lippen kamen. Er wusste, wie wichtig König Lotir seinem Vater war.
Odin und Lotir gingen gemeinsam aus dem Thronsaal und fingen an, über Vergangenes zu tratschen und lachten laut auf. Loki wusste, was von ihm verlangt wurde. Nur widerwillig hielt er stumm Sigyn seinen Arm hin, aber sie hakte sich nicht ein. "Prinzessin." zischte Loki durch seine geschlossenen Zähne.
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Alles an Loki fand Sigyn abschreckend. Seine gesamte Körperhaltung, das aufdringliche Getue und die verdammte arrogante Art konnte er sich in die Haare schmieren. Nur widerwillig hakte sie sich bei ihm ein. Unmissverständlich hielt er vorher seinen Arm hin und schleuderte ihr ein 'Prinzessin' an den Kopf. Sigyn schluckte leer und ließ sich von ihm vorbei an ihrer Garde aus dem Thronsaal führen. Gavin zwinkerte ihr zu, als sie ihn passierten und Sigyn musste sich konzentrieren, nichts zu ihm zu sagen. Er schien zu wissen, wie sie sich fühlte. Die Korridore im Palast waren groß, freundlich und lichtdurchflutet - ganz anders als in der Burg, in der sie wohnte. Die Decken waren meterhoch und wölbten sich. Durch die riesigen Fenster konnte Sigyn den Garten erkennen, den sie sich unbedingt näher ansehen wollte.
Der Festsaal, zu dem Loki sie führte, war riesig. Musik drang aus einer Ecke und die Tische waren reich gedeckt. Große Balkone zu ihrer Rechten gaben auch einen Blick in den Garten frei. Eine warme Brise umwehte Sigyn und verursachte in ihr eine angenehme Wärme. Der Kontrast zum verregneten Vanaheim hätte größer nicht sein können. Odin und ihr Vater nahmen am Kopf einer riesigen Tafel Platz und Loki führte sie zu ihrem Platz, um sich direkt neben sie zu setzen. Kaum hörbar schnaubte Sigyn auf.
Die restlichen Plätze wurden von Asen besetzt; die Garde hatte keinen Einlass in den Festsaal und Sigyn musste Gavin unbedingt suchen gehen, sobald das Essen vorbei war. Loki reichte ihr einen goldenen Becher mit Wein und lächelte sie verkniffen an. Auch er schien nicht hier sein zu wollen. Sigyn beäugte den prunkvollen Becher und überlegte sich, wozu man goldene Becher brauchte. Ihr fiel nur eines ein: um zu protzen!
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Loki betrachtete Sigyn von der Seite. Sie war mäßig hübsch, aber das war es auch. Er verdrehte die Augen, als sie den Becher in ihrer Hand drehte und wendete, als gäbe es in Vanaheim keine Krüge oder Becher. Frigga lehnte sich auf ihrem Stuhl nach hinten und sah Loki an. Mit einer kurzen Kopfbewegung wollte sie ihn dazu bringen, eine Unterhaltung mit Sigyn zu beginnen.
"Und wie gefällt euch Asgard?" fragte er gelangweilt und auch Sigyn schien dies erkannt zu haben. "Gut." antwortete sie knapp und ohne Loki auch nur eines Blickes zu würdigen. 'Trampel!' schoss ihm durch den Kopf und sofort fing er an, seine Nasenwurzel mit Daumen und Zeigefinger zu massieren. Worauf hatte er sich heute nur eingelassen?
Das Essen wurde serviert. 'Wenigstens kann sie mit Messer und Gabel umgehen.' dachte er, als er Sigyn immer wieder aus dem Augenwinkel beobachtete.
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Sigyn konnte keinen Bissen nehmen, ohne Lokis Blicke auf ihr zu spüren. Nach dem Essen würde sie sich verabschieden und Gavin suchen. Es war ihr herzlich egal, was ihr Vater für sie geplant hatte. Kaum war das Essen beendet, stand Sigyn auf und ging auf ihm zu, um Lotir mitzuteilen, dass sie sich die Beine vertreten musste. Die trat aus der großen Halle, ohne sich noch einmal zu Loki umzudrehen. Auf dem Korridor fand sie zwei Wachen aus Asgard, die ihr den Weg zu den anderen wiesen. Sie waren in einem kleinen Speisesaal unterbracht und aßen auch. Als Sigyn den Raum betrat, nickten sie ihrer Prinzessin kurz zu. Schnell durch den Raum geschaut, fand sie Gavin in der Menge und eilte zu ihm. Sein Sitznachbar ruschte auf der Bank zu Seite und machte Sigyn Platz, damit sie sich setzen konnte. Belustigt knuffte er sie in die Seite.
"Sag nichts." Sigyn nahm einen Schluck Wein aus Gavins Becher. "Was für eine Zurschaustellung." Sie schüttelte leicht ihren Kopf, als sie an die vergangene Stunde dachte. "Wo ist denn deine hoheitlicher Begleitung?" fragte Gavin gekonnt geschwollen und die Soldaten um ihn lachten laut los. Sigyn ließ sich schnell vom Lachen anstecken und demonstrierte übertrieben gut Lokis Art, wie er sie musterte und stocksteif dastand. Lautes Gelächter hallte durch den Saal.
"Du kannst dich nicht ewig hier verstecken." sagte Gavin nach einer Weile. "Sie vermissen dich bestimmt schon." "Ach Gavin." Sigyn stöhnte gequält. "Ich lasse mich nur von meiner Garde beschützen." Sie versuchte sich an Gavin anzuschmiegen, fühlte aber nur das kalte Metall seiner Rüstung. "Ich werde dich gleich zurück bringen. Sollten man dich hier bei uns finden, bekommen wir alle Ärger und das will ich nicht." Gavin atmete tief durch.
"Ich weiß noch nicht einmal, warum wir überhaupt hier sind. Vater macht ein riesen Geheimnis um unseren Ausflug hierher." Sigyn stütze ihren Kopf auf ihre Hand. "Ich hatte mich so auf Asgard gefreut, aber jetzt wünsche ich mir nur, wieder zu Hause zu sein."
Es machte ein schepperndes Geräusch, als die Garde allesamt von ihren Bänken aufstanden. Verwundert sah Sigyn sich um und erkannte den Grund in der Tür: Loki stand dort und seine Augen suchten nach ihr. Als er sie ansah, stand auch Sigyn schnell auf. Mit schnellen Schritten war er bei ihr und nickte ihr zu. "Ich bin gekommen, um dich zu suchen. Dein Vater will mit dir sprechen."
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Macht
FanfictionSigyn ist eine Prinzessin. Ihre Vorfahren waren einst Götter Asgards, als diese sich vor mehreren tausend Jahren dazu entschieden, Vanaheim zu besiedeln, um dort ein einfacheres Leben zu führen. Unter Asgards Schutz haben sich die Vanir eigenständig...