Kapitel 8

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Der Tag war anstrengend gewesen, doch an Schlaf durfte ich noch nicht einmal denken. Zu viel Angst hatte ich vor den nächtlichen Alpträumen. Außerdem wusste ich nicht wie mein Meister reagieren würde, wenn ich ihn durch einen Schrei oder etwas ähnlichem wecken würde. Schnell schüttelte ich den Kopf. Das würde ich bestimmt nicht riskieren. Doch wie es aussieht lebte er hier alleine. Zum Glück! Ein Meister war leichter zufrieden zu stellen als mehrere. Doch würde ich seinen Anforderungen gerecht werden? Mein Körper schmerzte und war ausgelaugt. Den einfachsten Arbeiten würde ich nicht ohne weiteres nachgehen können. Er hatte mir noch immer nicht gesagt wofür ich eigentlich hier war. Zum Putzen? Zum Kochen? Oder doch für andere grausame Zwecke? Mein Körper schüttelte sich. Bloß nicht daran denken, ich musste die Erinnerungen dringend einfach ausblenden. Solange ich alleine war funktionierte dies meistens gut. Doch wenn Menschen in meiner Nähe waren verfiel mein Körper der Angst. Sie waren unberechenbare Monster. Jeder von ihnen. Ich hatte schon soviele Menschen in meinem Leben kennengelernt. Nicht einer hatte jemals erbarmen gezeigt. Ich hatte die Pfleger im Heim sprechen hören, hätte mich mein neuer Meister heute nicht gekauft, dann wäre ich jetzt vermutlich tod. Ich wusste nicht ob ich mich freuen sollte oder nicht. Ja, er hatte mich vor dem Tod bewahrt. Doch lohnte sich mein Leben noch? Ein Leben wie dieses war schrecklich. Noch immer war mein Blick auf den Baum fokussiert. Irgendwie beruhigte mich das leichte Schaukeln der Äste. Plötzlich nahm ich ein Geräusch wahr, hinter mir. Erschrocken wirbelte ich herum. „Wieso schläfst du denn nicht?" die Stimme meines Meisters war ruhig. Zu ruhig. Lässig lehnte er im Türrahmen und musterte mich. Mein Herz blieb für einen Moment stehen. Er hatte mich erwischt. Ich hatte mich einem direkten Befehl wiedersetzt. „Tu..tut leid" stammelte ich schnell ehe ich den Kopf und die Ohren senkte. Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Er würde mich bestrafen, da war ich mir sicher. „Beantworte bitte meine Frage" noch immer war seine Stimme ruhig und gelassen. Meine Hände begannen zu zittern. Ich konnte kaum sprechen, dieses Recht wurde mir immerzu verwehrt. Ob es mich störte konnte ich nicht sagen. Ich musste ihm antworten, durfte ihn auf keinen Fall strapazieren. „I...ich d...der Baum." Meine Stimme überschlug sich beinahe beim Sprechen. Auch wenn ich versuchte einen vernünftigen Satz zu bilden so waren meine Gedanken wie leer gefegt. Die Angst lähmte mich. Schritte kamen in meine Richtung. Wenn möglich machte ich mich noch etwas kleiner. Bitte nicht schlagen. Ein Wimmern glitt über meine Lippen ehe sich auch schon eine Hand in mein Blickfeld schob. Kurzerhand schloss ich die Augen und wartete ab. Bitte lass es schnell vorbei sein. Doch anders als erwartet, spürte ich keinen Schmerz. Auch nach etlichen Minuten passierte nichts. Zaghaft öffnete ich die Augen. Aus dem Blickwinkel konnte ich erkennen, dass mein Meister vor mir auf dem Boden saß und mich musterte. „Du musst keine Angst haben" flüsterte dieser und hielt mir seine ausgestreckte Hand entgegen. Ein zurück Zucken konnte ich nicht unterdrücken. Was mein Gegenüber seufzen ließ. „Gib mir bitte deine Hand. Ich möchte dir etwas zeigen. Dafür muss ich dich aber auf den Arm nehmen" ohne wenn und aber reichte ich ihm meine Hand. Ich hatte bereits gegen zu viele Regeln verstoßen heute.

*Dean*

Der Junge zitterte am ganzen Körper doch streckte mir dennoch seine Hand entgegen. Kurzerhand hob ich ihn hoch und drückte ihn sanft an mich. Mit meinem freien Arm griff ich nach seiner Bettdecke und schon verließen wir das Zimmer. Wenn ich ihn richtig verstanden hatte, so hatte ihn mein Baum im Garten fasziniert. Ob dies der einzige Grund war wieso er noch wach war? Bestimmt nicht. „Ich möchte dir einen speziellen Ort zeigen. Ich denke er wird dir gefallen" verkrampft hielt sich der Kleinere an meinem Shirt fest. Ich würde ihn bestimmt nicht fallen lassen.

Auf meinem Dachboden angekommen, machte ich mich sogleich auf den Weg in Richtung des großen Fensters. Davor hatte ich schon vor Jahren ein kleines rundes Sofa platziert. Und genau auf diesem setzte ich Jascha nun auch ab. Mit etwas Abstand nahm ich auf seiner linken Seite platz und wickelte die Decke um unsere Beine. „Siehst du? Hier ist mein Lieblingsplatz. Von hier oben kann man den großen Wald beobachten. Im Herbst schillert er in allen Farben" mit dem Finger zeigte ich auf die rießige Waldfläche welche sich gar nicht weit von hier erstreckte. Ein Blick zu meinem neuen Mitbewohner zeigte mir, dass sich seine Ohren langsam aber sicher von seinem Kopf erhoben. Sein Blick wirkte Neugierig und nicht mehr so ängstlich wie vor ein paar Minuten. „Ich komme meistens hier hoch, wenn ich nachdenken muss. Oder aber wenn ich einen stressigen Tag hatte. Es beruhigt mich den Bäumen zu zusehen wie sie im Wind schaukeln." Erzählte ich einfach einmal aus freien Stücken. Ich erwartete keine Antwort dennoch erhielt ich eine „Jascha auch" es war nur ein Flüstern doch er hatte mir geantwortet. „Das freut mich mein Kleiner. Wir können gerne öfter hier hoch gehen. Es würde mich freuen wenn ich nicht immer alleine hier oben wäre" mit einem Lächeln blickte ich in seine Richtung. Ein langsames Nicken, mehr bekam ich nicht von ihm. Reden schien ihn etwas zu überfordern. Kurzerhand beschloss ich daher etwas Musik zu machen. „Magst du Musik?" stellte ich auch schon meine nächste Frage während ich auf meinem Handy nach der passenden Playlist suchte. Ich entschied mich relativ schnell für etwas ruhiges. Alles andere würde wohl kaum zu der Stimmung passen. Eine Antwort erhielt ich nicht auf meine Frage doch Jascha wirkte zufrieden. Also machte ich die Playlist an und lehnte mich zurück. Der Hybrid sah verträumt nach draußen und schaukelte leicht von links nach rechts. Ein Lächeln stahl sich auf meine Lippen. Ich hatte den kleineren bereits jetzt in mein Herz geschlossen.

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