Kapitel 45

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*Jascha*

Mit schnellen Schritten durchquerten wir die Gänge. Noch immer drückte ich mich fest an Dean. Er hatte, seit wir den Raum verlassen hatten, kein Wort mehr gesprochen. War er sauer? Enttäuscht? Ich hätte einen guten Eindruck hinterlassen sollen und genau das Gegenteil war passiert. Sir Dean stieg eine Treppe nach unten und im nächsten Moment standen wir auch schon in einem Raum mit vielen Bänken und Spiegel. "Ich setz dich hier mal eben ab und such dir deine Badesachen aus der Tasche." erst jetzt bemerkte ich, dass Sir Dean auch noch die Tasche mit runter genommen hatte. Als er mich auf der Bank der Umkleide absetzte, senkte ich meinen Blick. Eine Zeit passierte nichts. Nur meine Selbstvorwürfe nahmen zu. Schließlich rückte Sir Dean wieder in mein Blickfeld und kniete sich kurzerhand vor mich. "Sieh mich an, das war nicht deine Schuld" tröstend strich Sir Dean über mein Knie. "Tut mir leid. Jascha enttäuscht" schnell wischte ich über meine Augen. "Du hast mich nicht enttäuscht. Du hast alles richtig gemacht. Ich bin nicht sauer auf dich, okay? Meine Kollegin schießt gerne mal übers Ziel hinaus aber eigentlich ist sie eine sehr gute Polizistin. Ich denke sie war nur so aufgeregt dich endlich kennen zu lernen." sachte richtete Sir Dean eine Haarsträhne auf meiner Stirn. "Und jetzt schiebst du die negativen Gedanken auf die Seite. Wir gehen schwimmen!" voller Freude grinste Sir Dean mich an. Sofort wurden meine Schuldgefühle mit einem mumligen Gefühl ersetzt.

*Dean*

Behutsam hatte ich Jascha, nachdem wir die Badehose angezogen hatten, in ein Handtuch gewickelt. Dem Jungen wurde wirklich schnell kalt. "Und auf gehts!" ich versuchte so viel Freude wie möglich zu verbreiten. Gar nicht so einfach. Am liebsten hätte ich Alexia geköpft. Jascha sollte mit dem heutigen Tag nur positives verbinden. Noch dazu, schwirrte ständig das Gespräch mit Mick in meinem Kopf herum. Ich würde mit Jascha sprechen müssen. Aber zuerst musste er Laufen lernen. Mal sehen wie er gleich aufs Wasser reagieren würde.

Keine 10 Minuten später, hatten wir das Handtuch an den Rand gelegt und ich war mit Jascha an das große Becken getretten. "Bereit mein Junge? Hier vorne sind Stufen, das heißt wir gehen jetzt erstmal langsam ins Wasser damit du dich an die Temperatur gewöhnen kannst. Und erst dann beginnen wir mit den Übungen, okay?" während ich sprach strich ich beruhigend über seinen Rücken. Der Hybrid presste sich noch immer eng an mich. Jascha nickte kaum merklich. "Ganz ruhig. Ich bin bei dir." und mit diesen Worten setzte ich langsam einen Schritt nach dem anderen ins Wasser. Da ich Jascha auf meiner Hüfte trug, musste ich natürlich weiter rein bis auch Jascha tatsächlich nass wurde. Bis zum Bauch war dies auch total okay für ihn. Doch sofort als ich noch einen weiteren Schritt ins Wasser ging, fiepte der Kleine auf. "Jascha, ist alles okay?" besorgt versuchte ich in sein Gesicht zu sehen. Doch er kniff die Augen fest zusammen und krallte sich fest in meine Haut. Autsch. "Jascha nicht schwimmen" hechelte er beinahe. Seine Atmung wurde immer schneller. Schnell ging ich einen Schritt zurück um das Wasser etwas weiter von ihm weg zu bekommen. "Ich halte dich. Du wirst für keinen Sekunde mit dem Kopf unter Wasser kommen, versprochen!" doch alles gute zureden half nichts. Jascha schien in seiner Panik gefangen. Kurzerhand setzte ich ihn vor mich auf den Beckenrand und stellte mich vor ihn. "Jascha, sieh mich an. Öffne die Augen. Ich bin hier und bei dir. Gib mir deine Hand" sofort reichte er mir seine Hand und sachte legte ich diese auf meine Brust. "Atme mit mir, Ein und Aus." für einige Minuten atmeten wir gemeinsam. Solange bis Jascha seine Augen wieder öffnete. "Es wird nichts passieren. Vertraust du mir?" fragte ich auch sogleich mit einem Lächeln nach. Ein nicken seinerseits war die Antwort. "Gib die Verantwortung ab Jascha. Du musst dich heute auf absolut nichts fokussieren als auf mich. Ich pass auf und mach den Rest. Deal? Willst du das versuchen?" noch immer mit einem ängstlichen Blick aufs Wasser schloss er schließlich seine Augen und atmete tief durch. "Ja, Sir Dean" mit einem Nicken bekräftigte er seine Aussage. "Danke für dein Vertrauen!" strahlte ich. Es bedeutete mir viel, dass er sich auf das Experiment einließ. "Dann wollen wir mal" und mit diesen Worten hob ich ihn hoch und zog ihn sanft durchs Wasser. Jascha war noch immer verkrampft aber das würde sich hoffentlich gleich ändern. Das Wasser ging mir ca. bis zur Brust. Schnell lies ich Jascha von links nach rechts durch das Wasser gleiten. Etwas Wasser spritzte und lies den Jungen leise glucksen. Langsam aber sicher entkrampfte sich Jaschas Körper in meinen Armen. Spielend begann ich schließlich die Übungen mit ihm. Und tatsächlich schien Jascha Gefallen daran zu finden, wie leicht er sich im Wasser bewegen konnte.

Die Stunden vergingen und ehe wir uns versahen, war es auch schon Zeit wieder aus dem Wasser zu gehen. Sachte wickelte ich Jascha in sein Handtuch. "Na komm, lass uns schnell duschen. Ich hab heute noch etwas vor mit dir" lächelnd machten wir uns auf den Weg zu den duschen und nach einem kurzen Abschied an meine Kollegen waren wir auch bereits wieder auf dem Weg zu unserem nächsten Ziel. Nach etwa 20 Minuten parkte ich direkt vor dem Geschäft. Jascha war die Fahrt über ruhig gewesen und hatte mit Lew gespielt. Naja, eher gekuschelt. "Jascha, ich bin stolz auf dich." lobte ich den Jungen während ich mich abschnallte und mich anschließend in seine Richtung drehte. Jascha sah mir zwar nicht in die Augen aber lächelte leicht. "Hat es dir heute Spaß gemacht?" bohrte ich weiter nach. Ich wollte unbedingt wissen, was er von dem Tag gehalten hatte. Kurz schien er zu grübeln. Ehe er langsam nickte und schließlich leise nuschelte "Jascha will laufen. Tolles Gefühl" seine Backen färbten sich rot während er sprach. Es freute mich riesig, dass er den heutigen Tag als positiv empfunden hatte. Doch nun stand erst noch etwas anderes an. "Jascha, weil du das heute so toll gemacht hast, dachte ich mir wir kaufen für dich Spielzeug ein. Du darfst dir die Sachen aussuchen, die dir gefallen. Wenn du etwas nicht kennst, dann frag mich, ja?" Ich hatte keine bedenken, dass Jascha zuviel aussuchen würde. Wenn es ähnlich wie beim Klamotten shopping ablaufen würde, dann müsste ich ihn schon aktiv dazu animieren auch wirklich etwas mitzunehmen. Doch ich war gespannt, wie er sich verhalten würde. "S..spielsachen?" unsicher sahen mich seine blauen Augen nun doch an. "Ja, Spielsachen. Hattest du schon einmal welche?" nun doch etwas neugierig nusste ich nach bohren. "N..nein. Hybrid soll nicht spielen" erwiederte er wie selbstverständlich. "Doch, genau das sollst du. Komm, ich zeig dir was es alles gibt" und mit diesem Satz stieg ich aus und holte auch sogleich Jascha ab. Zusammen mit Lew setzte ich ihn in einen Einkaufswagen, so wie beim letzten Mal. Hatte doch super funktioniert. Direkt beim Eingang waren zahlreiche Kuscheltiere aufgereiht. Von groß bis klein war alles dabei. Jascha beäugte diese kritisch. "Möchtest du noch ein weiteres Kuscheltier adoptieren? Jemanden zum spielen für Lew?" doch zu meiner Verwunderung schüttelte Jascha sofort den Kopf und sah die Kuscheltiere beinahe trotzig an. "Lew spielt mit Jascha" ich konnte mir ein kurzes Auflachen nicht verkneifen. Gleichzeitig erfüllte Stolz meine Brust. Vor wenigen Wochen war diese Reaktion noch nicht denkbar gewesen. Langsam gingen wir also durch die Gänge und immer mal wieder blieb Jaschas Blick an irgendwelchen Spielsachen hängen. Auch wenn er nicht aktiv nach etwaas griff so bezahlte ich zum Schluss für ein Buch, welches eher für Kleinkinder gedacht war aber gut, für Knetmasse, ein Puzzle, ein Kartenspiel und Lego. Alles in allem war ich mehr als zufrieden. Die größte Überraschung, hatte ich im Internet bereits vor einigen Tagen bestellt. Jascha war so gerne draußen, dass ich beschlossen hatte ihm eine Schaukel mit einer Rutsche in den Garten zu stellen. Hoffentlich würde ihm das noch einen zusätzlichen Ansporn geben, um laufen zu lernen.

Wieder im Auto, gähnte Jascha herzhaft. Kaum dass ich mich angeschnallt hatte, spürte ich plötzlich zarte Arme um mich. Naja, weniger um mich mehr an mir. Gerührt drückte ich Jascha an mich. Er versuchte klar mich zu umarmen. "Danke Dean" hörte ich ihn sagen ehe er auch langsam wieder vollends auf seinen Sitz rutschte. "Gern geschehen mein Junge. Vielleicht kannst du die Spielsachen ja morgen früh direkt ausprobieren" schlug ich vor. Noch ehe der Junge nicken konnte, musste er erneut gähnen. Schmunzelnd startete ich den Motor und fuhr los. Keine 2 Minuten späte schlief Jascha, tief und fest mit Lew an seiner Seite. Das konnte ich definitiv als einen erfolgreichen Tag verbuchen.

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