Kapitel 25

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*Jascha*

Ich bin ein Hybrid, ich darf nicht einfach nach draußen. Hat er draußen einen Käfig oder eine Leine? Würde er mich festbinden? Ich wollte nicht nach draußen. Doch dies würde Sir Dean wohl nicht interessieren. Kurzerhand trank ich also weiter und erwiederte nichts. "Wann warst du das letzte Mal draußen?" bohrte der Mensch vor mir auch schon weiter. Diese Frage war tatsächlich nicht so leicht zu beantworten. Wann war ich das letzte Mal an der frischen Luft? "B..Bei Arzt besuch" nuschelte ich leise. Ja, da war ich an der frischen Luft. "Das zählt nicht. Wann warst du das letzte Mal auf einer Wiese?" Sir Dean drehte sich nun komplett in meine Richtung. Auf einer Wiese? "N..nie" nuschelte ich nun auch dieses Mal. Ich durfte nie nach draußen. Wenn ich einmal rauß kam, dann war es, weil ich verkauft wurde oder etwas böses getan hatte. Aber entweder ich saß dann in einem Käfig oder war an einer Leine. Wer riskierte schon, dass ein Hybrid einfach so abhaute. Die Menschen bezahlten viel Geld für uns. "Du warst noch nie auf einer Wiese? Durftest du nicht?" Sir Dean klang beinahe schockiert. "I...immer Leine oder Käfig" meine leere Flasche nahm Sir Dean mir ohne große Worte ab. "Das werden wir jetzt nachholen" und schon wurde ich hochgehoben und in Richtung von Sir Deans Schlafzimmer getragen. Ich staunte nicht schlecht, als er plötzlich die Vorhänge zur Seite schob und eine Glastüre öffnete. Dahinter befand sich ein rießiger Garten. Mein Herz schlug mir vor Aufregung bis zum Hals. Prüfend huschte mein Blick herum, ich konnte weder einen Käfig noch eine Leine entdecken. Würden wir wirklich einfach nur nach draußen gehen? Im nächsten Moment spürte ich tatsächlich die Wieser unter meinen Fingern. Sir Dean hatte mich einfach abgesetzt. In mitten einer großen und grünen Wiese.

*Dean*

Der Kleine machte große Augen als ich ihn ohne Vorwahnung in dem saftigen Grün niederließ. Vorsichtig, schon fast ehrfürchtig strich er über die grüne Wiese. Ließ die einzelnen Halme zwischen seinen Fingern hindurch gleiten. Eine Windböhe verwuschelte Jaschas Haare und ließ den Jungen genießend die Augen schließen. Leicht reckte er seinen Kopf in die Luft und schloss die Augen. Er musste wirklich noch nie draußen gewesen sein. Er wirkte total fremd. Und dennoch so glücklich. Mit etwas Abstand ließ ich mich neben den Hybriden in der Wiese nieder. Ich sagte nichts, wollte ihm den Augenblick nicht zerstören. Ein Rascheln im Gebüsch neben uns ließ Jaschas Kopf herum fahren. Man konnte nichts erkennen, ich vermutete das war wieder einmal der Igel. Er trieb sich oft unter meinen Sträuchern herum. Ein Blick zu Jascha zeigte mir, dass er neugierig die Geräusche verfolgte. Bis jetzt hatte er sich noch nicht vom Fleck beweget. "Na los, schau ruhig nach" ermutigte ich ihn. Unsicher glit sein Blick zu mir. Es dauerte etwas, doch schließlich begann er langsam zu krabbeln und sich dem Gebüsch zu nähern. Jaschas Augen blitzten kindlich als er die Büsche etwas zur Seite schob und tatsächlich meinen, wie ich ihn gerne nannte, Gartenigel freilegte. Das Tier hielt ganz still und schien sich nicht mehr zu bewegen. "Er kommt oft hier her. Im Herbst, wenn die Blätter fallen, baue ich ihm immer ein kleines Haus aus diesen. In diesen großen Blätterhaufen übewintern sie gerne." erklärte ich und strich Jascha dabei sachte die verwuschelten Haarsträhnen aus dem Gesicht.

Jascha spielte noch den kompletten restlichen Nachmittag im Garten. Zwischenzeitlich hatte ich mich auf einen Stuhl gesetzt und beobachtete Jascha nun von der Ferne. Ich wollte ihm nur zu gerne seinen Freiraum geben. Er wirkte so befreit, als schien er ein ganz normaler Katzenjunge zu sein. Die Sonne verschwand langsam aber sicher hinterm Horizont. Es war bereits später Sommer, somit zwar nicht besonders frisch, aber riskieren wollte ich trotzdem nichts. "Jascha, wir müssen langsam wieder rein" erklärte ich daher und näherte mich dem Hybriden wieder. Dieser schien gerade einen Marienkäfer auf seinen Händen zu balancieren und wirkte beinahe erschüttert als ich ihn über das Ende des Tages aufklärte. "Du kannst bald wieder herkommen. Wenn es morgen schön ist, dann können wir wieder raus" versuchte ich ihn aufzuheitern. Jascha blickte mich nur zweifelnd an. Verdutzt beobachtete er wie sich plötzlich der Marienkäfer von seinem Finger erhob und auf die nächste Blume zu steuerte. "Wow, fliegen" murmelte Jascha beindruckt und hatte mich wie es aussieht beinahe schon wieder vergessen. Ich musste Lachen, sonst war Jascha absolut nicht leicht abzulenken. "Das ist ein Marienkäfer, sie bringen Glück" erklärte ich und hob ihn hoch. Noch immer folgte sein Blick dem Käfer. "Komm wir gehen rein. Morgen soll das Wetter auch toll werden, dann können wir bestimmt wieder hier raus" während ich ging vernahm ich von Jascha noch ein genuscheltes "Versprochen?" welches ich mit einem schmunzeln auf den Lippen bejahte. Hätte ich gewusst, dass Jascha es draußen so sehr genießen würde, wäre ich schon viel früher mit ihm nach draußen gegangen.

Nach einem leckeren Essen, bei dem Jascha ungewöhnlich viel zu sich genommen hatte, hatte ich ihn noch gebadet und dann ins Bett gesteckt. Der Kleine konnte seine Augen beinahe nicht mehr offen halten. Es schien ein anstrengender Tag gewesen zu sein. Ein verdammt guter Tag.

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