Kapitel 20

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*Jascha*

Die Nacht war grausam gewesen. Immer wieder zuckten Bilder vor meinem inneren Auge. Erinnerungsfetzen. Ich hatte keine Sekunde geschlafen und mir war übel. Mein Körper zitterte immer noch und eine Gänsehaut zierte meinen Körper. Die Sonne war bereits vor ein paar Stunden aufgegangen und schien fröhlich durch das Wohnzimmerfenster. Sir Dean schlief noch immer tief und fest. Ich würde es nicht wagen ihn zu wecken. Plötzlich begann sein Telefon im Schlafzimmer zu klingeln. Erschrocken fuhr Sir Dean hoch nur um schnell ins angrenzende Schlafzimmer zu huschen und das Klingeln zu beenden. "Guten Morgen" gähnend trat er in das Wohnzimmer zurück. "Das war mein Wecker. Tut mir leid falls ich dich geweckt habe" langsam kam er näher. Ich erwiderte erstmal nichts. Nur Sprechen wenn du dazu aufgefordert wirst. Sir Dean setzte sich zu mir auf "meinen" Teil der Couch. "Geht es dir heute besser?" fragte er einfühlsam. Er klang gar nicht sauer oder enttäuscht. Vielleicht bildete ich mir dies aber auch nur ein. "Ja Sir Dean" meine Stimme klang fremd. So wie früher, als ich wieder einmal eine harte Nacht hatte. "Bist du dir sicher? Du siehst müde aus" urteilte er über mein Aussehen. Kurzerhand setzte ich mich aufrecht hin. Meine Arme zitterten und meine Schnittverletzung schmerzte, doch dies ignorierte ich gekonnt. "Ja Sir Dean" mein Blick blieb gesenkt. "Ich mach uns Frühstück. Vielleicht werden wir so beide etwas wacher" mit einem letzten Blick auf mich verließ er das Wohnzimmer. Ich kletterte vom Sofa und kniete mich daneben. Mein Blick haftete sich an die Scherben. Unwohl schluckte ich, mir graute es vor den Konsequenzen. Mein Magen rebellierte als ich auch nur daran dachte gleich etwas zu Essen. Doch ein Befehl war ein Befehl. Ich würde es schon irgendwie überstehen. "Jascha, kommst du? Das Essen ist fertig" rief Sir Dean. Augenblicklich machte ich mich auf den Weg und kniete mich neben den Stuhl. "Ich helf dir." und schon saß ich auf dem Stuhl. Das hatte ich eigentlich nicht verdient. Doch ich würde ganz Bestimmt keine Entscheidung meines Meisters anzweifeln. Sir Dean stellte ein Teller mit kleinen Broten vor mir ab. Der Duft von Tee, Kaffee und Brot sorgte dafür das die Übelkeit weiter zu nahm. "Jascha, bitte iss doch etwas. Wenigstens ein paar Bissen" ein klarer Befehl. Wiederwillig griff ich nach dem ersten Stück um es zu kauen und zu Schlucken. Drei Stücke schaffte ich bevor mein Magen endgültig rebellierte. Panisch rutschte ich vom Stuhl und hechtete zum Mülleimer. Gerade noch rechtzeitig schaffte ich es den Mülleimer zu öffnen. Erst nachdem mein Magen wieder leer war bemerkte ich jemanden neben mir. Erschrocken wich ich zurück. Sir Dean hatte seine Hand auf meinen Rücken gelegt und strich langsam auf und ab. "Gehts wieder? War dir schon vor dem Essen schlecht?" Besorgnis schwang in seiner Stimme mit. "Tut leid, Sir Dean" mein Hals brannte und meine Augen tränten. Den ekeligen Geschmack in meinem Mund versuchte ich so gut es eben möglich war zu ignorieren. "Du musst dich nicht entschuldigen. War dir schon vor dem Essen schlecht?" Sir Deans blick brannte sich regelrecht durch meine Haut. Ich hatte das Gefühl, dass er jede Lüge aufdecken würde. "Ja, Sir Dean" antwortete ich daher wahrheitsgemäß. "So etwas musst du mir sagen. Ich hätte dich nicht gezwungen etwas zu essen" Schuldgefühle machten sich in mir breit. Einmal mehr hatte ich nicht zu seiner Zufriedenheit gehandelt. Meine Hände pressten sich nah an meinen Körper. "Geh bitte zurück ins Wohnzimmer. Ich komm gleich nach, dann werden wir erstmal dafür sorgen, dass es deinem Magen besser geht" ein letztes Mal strich seine Hand über meinen Rücken ehe er sich erhob und sich in Richtung der großen Küchenzeile drehte.

*Dean*

Im Augenwinkel beobachtete ich wie Jascha in Richtung des Wohnzimmers verschwand. Er sah absolut nicht gut aus. Tiefe Augenringe zierten sein Gesicht. Als hätte er keine Minute geschlafen. Ich musste mit ihm unbedingt über gestern Nacht sprechen. Ich wusste nicht wieso er noch im Wohnzimmer war oder wieso er so einen starken Panikanfall hatte. Ich brauchte ein paar Antworten. Doch dies würde warten müssen, bis es ihm wieder besser ging. Hoffentlich hatte er sich keine Magen Darm Grippe eingefangen. Dies wäre bei seinem jetzigen Gewicht wirklich mehr als bedenklich. Konzentriert goss ich den lauwarmen Magentee in eine von Jaschas neuen Flaschen. Vielleicht würde ihm diese helfen zu trinken. Bei kleinen Kindern funktionierte es schließlich auch, wieso also nicht bei einem Hybriden ohne motorische Fähigkeiten. Bevor ich die Küche verließ schnappte ich mir noch einen Eimer. Man konnte nie wissen ob nicht doch noch etwas hochkommen würde.

Suchend glitt mein Blick vom Sofa bis zum Boden. Jascha kniete vor dem Sofa. Nicht wie erwartet auf dem Sofa. Seufzend näherte ich mich langsam. "Jascha, du darfst jederzeit aufs Sofa. Das ist es was ich von dir verlange. So zu leben wie ich" sanft setzte ich ihn auf den Polstern ab. Seine Ohren waren angelegt und seine Hände hatte er wieder einmal nah an seinen Körper gezogen. Wo war eigentlich Lew? Genau diese Frage sprach ich auch aus. "Jascha nicht haben, Sir Dean" antwortete Jascha ehe er seinen Kopf noch etwas tiefer senkte. "Fehlt er dir denn gar nicht? Wieso hast du denn nichts gesagt?" hatte er deshalb nicht schlafen können? Weil Lew nicht bei ihm war. Auf der einen Seite freute mich dies wirklich sehr! Doch auf der anderen fragte ich mich wieso Jascha mich nicht einfach darauf angesprochen hatte. "W...weil Strafe Sir Dean" Jascha nuschelte und wurde unruhig. Strafe? Hoffentlich langsam setzte ich mich vor ihn auf das Sofa. "Welche Strafe Jascha? Ich würde dich nie bestrafen. Ich hätte gar keinen Grund dazu" eine Stimme klang ruhig, wirkte hoffentlich beruhigend. Erschrocken riss Jascha den Kopf nach oben und sah mich aus geweiteten Augen an. Perplex starrte ich zurück. Seine Augen bildeten einen derart heftigen Kontrast zu seinen schwarzen Haaren, das ich mich beinahe zu fragen begann wie diese Kombination überhaupt möglich war. Jascha blickte mir so selten ins Gesicht, dass ich diesen Anblick schlicht und ergreifend noch nicht gewohnt war. Nun schien dies auch Jascha zu bemerken denn schnell senkte er den Blick und krallte sich in mein Shirt, welches er von letzter Nacht noch immer trug. "Was ist los? Du hast gerade so erschrocken gewirkt. Hab ich etwas falsches gesagt?" ich brauchte nur ein paar Antworten. Ich konnte nicht in seinen Kopf sehen und erraten wie er sich fühlte oder wie ich ihm helfen konnte.

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