Kapitel 1

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Herbst

Meine nackten Füße machten auf den dunklen Holzdielen keinerlei Geräusche. Ich atmete so flach wie möglich um mich nicht zu verraten oder zu viel der staubigen Luft einzuatmen und dann zu husten. Licht brauchte ich keins – dafür war meine Nachtsicht ausreichend um zusammen mit dem Licht des Vollmonds mich in dem Gebäude zu orientieren.

Ein trippelndes Geräusch versetzte mich in Alarmbereitschaft und ich erstarrte. Wachsam legte ich meinen Kopf schief um Richtung und Lautstärke des Geräuschs zu bestimmen. Eine kleine Maus huschte wenige Zentimeter von meinen Füßen entfernt über den Boden und hinterließ kleine Spuren in der dicken Staubschicht. Ich atmete lautlos auf und lächelte leicht.

Für einen Moment hatte ich Angst gehabt, dass ich nicht alleine hier war. Doch diese Möglichkeit bestand immer noch. Nicht alles machte Geräusche. Es gab ebenso viel gefährliches, dass sich ähnlich wie ich lautlos bewegte.

Und doch... war es eigentlich egal. Ich war immerhin unsterblich und damit nahezu unmöglich zu töten. Ich bezweifelte, dass es hier etwas gab, dass mir gefährlich werden konnte. Zumindest nicht richtig. Aber ich wollte trotzdem nicht gleich meine Anwesenheit laut herausrufen und... ich wollte auch nicht die Aufmerksamkeit der anderen auf mich ziehen. Deshalb musste ich leise sein.

Ich öffnete eine Tür und verzog bei dem leichten Knarren das Gesicht. Wachsam lauschte ich, doch nichts bewegte sich in dem Haus und ich atmete erleichtert auf. Dann huschte ich in den Raum und blickte mich suchend um.

Er war bis oben hin mit allerlei Kartons voll gestellt und schien eher als eine Art Ablageraum zu dienen. Ich war ein wenig enttäuscht, ging aber trotzdem zu einem Karton und öffnete ihn. Vorsichtig spähte ich hinein um seinen Inhalt zu untersuchen, doch bis auf ein paar hässliche und kitschige Weihnachtsfiguren war nichts in dem Karton.

Leise schloss ich ihn und blickte mich um. Ich denke nicht, dass ich hier fündig werde... besser ich vertage die Kartons und schaue mir erst die anderen Räume an. Ich wandte mich zum Gehen und fuhr zusammen, als ich neben der Tür eine dunkle Gestalt lehnen sah.

Mein Herz raste plötzlich mit doppelter Geschwindigkeit und instinktiv glühte mein schwarzes Federsiegel auf meinem Handrücken auf damit ich notfalls auf meine dunkle Magie zurückgreifen konnte um mich zu verteidigen. Doch schon im nächsten Moment erkannte ich die Gestalt und mein Puls beruhigte sich wieder. Das Glühen erlosch und ich klopfte die letzten dunklen Funken an meiner schwarzen Hose ab.

»Cimeies! Was machst du hier?!«, fauchte ich leise.

Cimeies hob eine Augenbraue. »Darauf achten, dass du keine Dummheiten machst, Alena.«

Cimeies war einer meiner Gefährten und – trotz der Tatsache, dass er ein Dämonenfürst aus der Hölle war – einer meiner engsten Vertrauten. Mit seinen langen schwarzen Haaren, die von einer einzigen, silbernen Strähne durchzogen waren und die er immer zu einem Zopf gebunden trug, seinen gelben unmenschlichen Augen, der schlanken und hochgewachsenen Gestalt sah er zwar ungewöhnlich aber auch ziemlich gut aus.

Und er war der Grund dafür, dass ich unsterblich geworden war. Denn vor ein paar Monaten hatte ich einen Dämon beschworen, der mir helfen sollte einen anderen Dämon zu töten, damit ich Adrik – einem Geist – den ewigen Frieden schenken konnte. Dabei hatten wir einen Pakt eingegangen und als ich schließlich für das dunkle Ritual von meinem Meister und seinen Komplizen geopfert werden sollte und am Rande des Todes war, hatte mich Cimeies unter Berücksichtigung seines Teils dem ich ihn noch schuldete, zurückgeholt indem er mich unsterblich gemacht hatte. Laut Cim war ich faktisch kein Dämon – auch wenn ich einige der Eigenschaften teilte – doch mir erschloss sich nicht ganz der Unterschied.

Der Ruf der Verdammten 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt