Kapitel 9

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Herbst

Wir schlugen gut geschützt in einem kleinen Laubwäldchen unser Lager auf, von wo wir einen guten Blick auf die Stadt hatten. Durcas sah vom Aufbau ähnlich wie die Städte aus, die ich schon kannte. Hohe, massive Mauern umgaben die Stadt und verhinderten ein Eindringen effektiv. Es gab – wenn ich das so richtig gesehen hatte – nur einen Eingang, der durch ein schmiedeisernes Tor führte, dass von zwei Personen bewacht wurde. Mehr konnte ich von der Stadt nicht erkennen, doch das was ich erkennen konnte, reichte schon um mich noch misstrauischer werden zu lassen, als ohnehin schon.

»Neutrale...«, murmelte ich leise vor mich hin.

Neutrale galten als selten und recht schwach. Sie waren... geduldet und damit zumindest besser gestellt als wir Dunklen. Trotzdem konnte man sagen, dass auch sie kein gutes Leben unter der Herrschaft der Hellen hatten. Sie waren eher der Bodensatz der Gesellschaft, der erst dann zu etwas nütze wurde, wenn man ihre speziellen Fähigkeiten benötigte.

Ich wusste, dass sich ihre Fähigkeiten eher darum drehten Magie und Auren wahrzunehmen und zu spüren, aber nichts, dass wirklich offensiv war, weswegen sie auch von vielen Dunklen als nutzlos angesehen wurden. Jemand, der sich kaum gegen Dunkle oder Helle verteidigen konnte, galt für viele Dunkle als nutzlos. Somit wurden die Neutralen zwar geduldet, aber von keiner Fraktion sonderlich geschätzt. Nun... wenigstens werden sie nicht für jeden Mord beschuldigt, gefoltert oder unschuldig hingerichtet, ist ja auch schon ein Vorteil...

»Ich habe ehrlich gesagt kein gutes Gefühl dabei, diese Stadt zu betreten...«, gab Lian zu und musterte die hohen Steinmauern.

»Ich auch nicht.«, stimmte ich zu, »Aber wir brauchen Vorräte. Unsere sind fast zur Neige gegangen... Wir müssen ja nicht in der Stadt bleiben, aber zumindest für Proviant müssen wir sie betreten.«

»Ich werde hier warten.«, erklärte Cimeies zu unser aller Überraschung ruhig.

»Wieso denn das?«, wollte ich wissen.

»Sie können Magie spüren... sie werden wissen, dass ich da bin und auch was ich bin. Ich würde euch damit nur in Gefahr bringen.«, erklärte der Dämon ruhig. Einen Moment hing Schweigen über unserer Gruppe, während wir alle überlegten, ob das ein düsteres Omen war.

Leander brach es schließlich, indem er sagte: »Okay, dann gehen wir zu dritt in die Stadt, besorgen Vorräte und verlassen sie wieder, während Cimeies das Lager bewacht.«

»Sollen wir uns eine Geschichte ausdenken? Also warum zwei Dunkle mit einem Hellen unterwegs sind? Das ist schließlich nicht gerade normal...«, gab ich zu Bedenken.

»Nun... wir können sagen, dass ihr Beide Geschwister seid und ich... ein Cousin dritten Grades? Das kommt vor, dass sich manchmal helle und dunkle Blutlinien weitläufig vermischen.«

»Wenn du meinst...« Ich konnte den Zweifel in meiner Stimme deutlich heraushören, doch etwas besseres schien uns wohl auf die Schnelle nicht einzufallen. »Und wieso sind wir nach Durcas gekommen?«

»Da würde ich nicht lügen. Wir sagen einfach, dass wir auf der Durchreise sind und Vorräte benötigen.«

»Gut, dann würde ich vorschlagen, dass wir uns noch ein paar Stunden auf's Ohr hauen und kurz nach Sonnenaufgang in die Stadt aufbrechen.«, bestimmte Lian.

»Ich übernehme die Wache, dann könnt ihr euch ausruhen.«, bot der Dämon an und lehnte sich an den breiten Stamm eines Baumes.

Wir alle nickten ihm dankbar zu und bauten schnell ein provisorisches Lager auf. Dann kuschelten wir uns in die Schlafsäcke. Ich war binnen weniger Minuten tief in einen traumlosen Schlaf abgedriftet. Wenigstens dafür war der Gewaltmarsch der letzten Tage gut gewesen.

Der Ruf der Verdammten 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt