Kapitel 25

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Winter

Lian, Leander, Gwen und ich wechselten einen flüchtigen Blick, dann ließen wir uns auch auf die Knie sinken und richteten das Gesicht zu Boden. Mein Herz raste in meiner Brust, während ich angespannt darauf wartete, was nun passierte. Wir hatten den letzten König der Hölle gefunden... doch was war eigentlich, wenn er uns nicht gut aufnahm? Wenn meine Vision einfach... nun ja, ein Traum gewesen war?

Ein paar Herzschläge lang, schien die gesamte Hölle den Atem anzuhalten. Ich hörte rein gar nichts, weder den Atem der anderen, noch den Wind oder das Rascheln der Bäume oder Lucifer, der von der Felswand auf uns alle hinabschaute. Ein leises Rascheln ertönte plötzlich und ein leichter Wind fuhr durch meine Haare. Federleichte Schritte gingen über den Moosboden.

Plötzlich schoben sich dunkle Schuhe in mein Sichtfeld. Ich widerstand dem Drang nach oben zu blicken, doch ich konnte das Lächeln in der Stimme Lucifers hören, als er sagte: »Erhebt euch.«

Wir alle standen ohne ein Wort auf. Ich schielte ein wenig nach oben und erkannte, dass Lucifer direkt vor mir stand und mich nachdenklich und neugierig musterte. Seine Augen waren ein dunkles Braun, das schon fast schwarz war. Doch trotzdem waren sie wärmer als so manch andere Augen, die ich schon gesehen hatte.

»Ich freue mich, Sie endlich kennenzulernen.«, meinte der Höllenkönig mit melodischer Stimme. Er sprach leise und trotzdem fühlte es sich so an, als könnte er problemlos jeden übertönen.

»Die... Ehre ist ganz... meinerseits.«, brachte ich schließlich hervor.

Lucifer neigte leicht seinen Kopf und dann wanderten seine Augen über meinen Kopf. »Die Sterblichen, die unsterbliche Dunkle namens Alena und der Dämonenmarquis Cimeies stehen unter meinem Schutz. Der Wilden Jagd ist es nicht gestattet, sie zu belästigen.« Eine schöne Umschreibung für 'nahezu zu Tode hetzen und dann umbringen'.

Ich konnte mich nicht beherrschen und warf einen Blick hinter mich zu Forcas, der wütend mit den Zähnen knirschte und mich mit einem mörderischen Blick bedachte. Er würde nicht aufgeben, dass wusste ich. Er würde auf die nächste Gelegenheit warten, um uns zu töten.

»Wie Ihr befiehlt.«, presste Forcas mit einem Knurren hervor und verneigte sich. »Wenn Ihr uns dann entschuldigen würdet...« Lucifer nickte knapp und mit einer weiteren Verbeugung zogen sich Forcas und die anderen Dämonen zurück und verschwanden im dunklen Nadelwald.

Die Fledermausflügel raschelten leicht, als sie sich halb entfalteten und sich dann ein wenig anders auf den Rücken falteten. »Es gibt viel zu bereden. Wenn Ihr mir bitte folgen würdet.« Der König der Hölle wandte uns den Rücken zu und ging ohne zu zögern tiefer in den Wald hinein. Ich schluckte leicht, dann folgte ich ihm, Cimeies an meiner Seite. Die anderen bildeten die Nachhut, denn zumindest von anderen Dämonen würden wir nun – in Gegenwart Lucifers – nichts mehr zu befürchten haben.

Schweigend folgten wir dem verbliebenem König der Hölle durch den Wald. Offenbar bestand der siebte Kreis der Hölle alleine aus einem dunklen Nadelwald, dem die ständige Kälte nichts auszumachen schien. Doch wir waren dafür weniger gut ausgestattet. Zu dem Zeitpunkt, als wir die Hölle betreten hatten, waren die Grade noch konstant im positiven Bereich gewesen und dementsprechend leichter war unsere Kleidung und unsere Umhänge.

Gwen zitterte stark, doch nach einem Blick zu mir, schloss sie auf. Ihre Augen wanderten besorgt über meine Wunden. »Lass mich dir helfen! Ich kann die Wunden heilen!«

Ich winkte ab. »Das musst du nicht.«

»Ich will aber... ich kann nicht gut kämpfen und körperlich bin ich auch nicht gerade stark... Das ist zumindest etwas, dass ich beitragen kann.«

Der Ruf der Verdammten 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt