Herbst
Dass sich unser Team um ein Mitglied erweitert hatte, barg sowohl Vorteile als auch Nachteile. Die Nachteile waren offensichtlich: Wir hatten bei unseren Planungen nur für vier Personen geplant, demzufolge hatten wir weder einen zusätzlichen Schlafsack, noch ein fünftes Zelt oder auch nur genügend Kleidung. Auch der Proviant war so eine Sache. Wir waren eigentlich nach Durcas gegangen, um unseren immer knapper werdenden Proviant aufzufüllen. Dazu waren wir nicht gekommen. Und jetzt hatten wir eine zusätzliche Person, die natürlich ebenfalls Hunger hatte.
Trotzdem halfen wir zusammen, so gut es eben ging. Gwen bekam den Schlafsack von dem, der gerade immer Wache hielt und beim Proviant schränkten wir uns alle ein wenig ein, damit sie etwas zu essen hatte. Kleidung bekam sie von mir, ich hatte immer Ersatzkleidung dabei, da ich dazu neigte mich Hals über Kopf in Kämpfe zu stürzen und nach diesen brauchte ich häufig neue Klamotten, da die anderen unbrauchbar wurden.
Aber es hatte auch Vorteile, dass sich Gwen uns angeschlossen hatte. Sie war eine extrem starke Heilerin und schaffte es im Nu Leander und mich zusammenzuflicken. Auch in der Nacht erwies sie sich als nützlich, da sie auch über Lichtmagie verfügte und so den Weg ausleuchten konnte.
Trotz allem merkte ich, dass sich in den Tagen, die wir zusammen schon reisten, eine Art... Distanz zwischen uns und Gwen hielt. Ich glaubte nicht, dass es nur daran lag, dass sie neu war. Ich glaubte, dass die Geheimnisse, die noch zwischen uns standen, diese unüberwindbare Kluft zwischen uns schuf und egal was sie auch tat – diese konnte sie nicht überbrücken.
Deutlich wurde es am fünften Tag nachdem wir Durcas hinter uns gelassen hatten. Wir waren unserer Richtung treu geblieben und antworteten lediglich vage, wenn Gwen uns fragte, was wir in dieser Richtung wollten. Allgemein wurden wir immer dann ausweichend, wenn sich das Thema um unsere Mission oder unser Ziel oder unsere Vergangenheit drehte. Gwen merkte es und es enttäuschte sie, dass wir ihr nicht vertrauten. Doch wir konnten nichts machen – unsere Mission war zu wichtig, als dass wir uns einen Fehler – wie etwa der falschen Person zu vertrauen – leisten konnten.
»Schläft sie?«, murmelte Lian fragend und warf einen flüchtigen Blick zu dem Schlafsack, bei dem gerade noch so ein Büschel hellbraunes Haar zusehen war.
Cimeies legte leicht den Kopf schief und lauschte. Wir schwiegen und blickten den Dämon abwartend an. Schließlich nickte er. »Ihre Atemzüge sind ruhig und gleichmäßig. Sie sollte schlafen.«
»Wieso weihen wir sie nicht in alles ein?«, wollte Leander wissen und blickte in Richtung der schlafenden Hellen.
»Weil nicht jeder dahergelaufene... weil nicht jeder vertrauenswürdig ist.«, erklärte Lian und verdrehte die Augen.
»Du wolltest sagen, dass nicht jeder dahergelaufene Helle vertrauenswürdig ist!«, warf Leander dem Dunklen vor.
Lian blickte ihn direkt mit seinen mondhellen Augen an. »Das hätte ich bei einem Dunklen ebenso gesagt. Ihr Helle seid einfach nur zu vertrauensselig!«
»Und ihr Dunklen wittert hinter jeder Person einen potenziellen Verräter!«
Ich lehnte mich zu Cimeies und murmelte: »Über die Dunklen und Hellen Differenzen waren wir doch schon mal hinweg, oder?«
Der Dämon lachte leise. »Über gewissen Punkte durchaus. Doch sie sind auch, was sie sind. Sie wurden als Heller und Dunkler aufgezogen und sämtliche Vorurteile auf einmal abzulegen ist schwer. Außerdem... gibt es tatsächlich Unterschiede zwischen den beiden Siegelträgern. Die Frage, ob jemand vertrauenswürdig ist, ist so ein Unterschied. Es stimmt schon, dass Dunkle in der Regel eher dazu neigen anderen zu misstrauen, während Helle schneller Vertrauen fassen.«
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Der Ruf der Verdammten 2
Fantasy[Band 2: Spoiler zu Band 1 Das Flüstern der Toten!] Cimeies lehnte sich an die Wand und verschränkte mit einem Grinsen und verschmitzt funkelnden Augen die Arme. »Lass mich dir von Unsterblichen zu Unsterblichen einen Rat geben... Das Leben wird int...