Kapitel 5

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Herbst

»Ich schätze mal, Leander und Lian werden uns nicht begleiten können?«, wollte ich wissen und musterte ein Herz in einem der Behälter.

»Für Sterbliche wäre der Eintritt in die Hölle ein Todesurteil.«

»Und für mich nicht?«

»Ich denke nicht.«

»Du denkst? Na toll... jetzt verstehe ich, wieso du nicht wolltest, dass die anderen beiden davon erfahren...«

»Letztlich ist es deine Entscheidung.«

»Ja, eine Entscheidung, die bei einer Weigerung das Ende der Welt einleiten würde... gute Wahl, echt.«, grummelte ich sarkastisch und verdrehte die Augen.

»Ich habe nie gesagt, dass die Optionen gut wären.«, wandte Cimeies ein und grinste.

Ich seufzte und gab mich geschlagen. »Nun gut, dann erzähle mir mal ein bisschen was über deine Welt.«

»Was genau willst du wissen?«

»Keine Ahnung... Landschaften, Wetter, brauche ich Sonnencreme und wenn ja mit welchem Lichtschutzfaktor oder eher einen tragbaren Heizstrahler um nicht zu erfrieren? So was in die Richtung eben.«

Cimeies lachte leicht. »Du bist unsterblich, du wirst mit den Bedingungen in der Hölle schon zurecht kommen. Außerdem ist es nicht überall so unwirtlich wie es sich die Menschen seit jeher erzählen. Es gibt auch Stellen, die genau wie in dieser Welt aussehen.«

»Wie... kommen wir dahin? Ich meine... ihr Dämonen könnt jederzeit zurückkehren,oder? Aber wie ist es mit mir? Wie komme ich in die Hölle?«

»Durch die Höllenpforten.«, erklärte Cimeies ruhig.

»Die Höllenpforten?«, wiederholte ich verwirrt.

»Ja, es sind... Tore im übertragenem Sinne, die direkt in die Hölle führen – und sowohl Unsterbliche als auch Sterbliche können sie durchschreiten, deswegen dürfen Lian und Leander niemals den genauen Standort kennen. Sie würden uns folgen und dabei vermutlich sterben.«

Ich nickte. Ich verstand jetzt, wieso der Dämon dieses Thema nicht vor den beiden Jungs hatte anschneiden wollen. Sie waren so stur, dass sie mir trotzdem folgen würden – weil sie sich und ihre Sterblichkeit überschätzen würden. »Also lassen wir sie hier zurück?«, wollte ich von dem Dämon wissen.

Zu meiner Überraschung schüttelte Cimeies den Kopf. »Nein, das ist auch zu gefährlich. Wir sind eine Bedrohung für die Höllenkönige, sie werden nicht mehr lange damit warten uns zu suchen und zu vernichten, bevor wir sie vernichten können. Hier sind wir in Gefahr, da Neo weiß, dass du diesen Ort hier als dein Zuhause ansiehst. Wir werden sie mitnehmen und uns dann den letzten Weg alleine durchschlagen.«

»Und was dann?«

»Das Tor lässt sich mit Blut öffnen, was also recht simpel ist. Dieses Tor wird uns in den fünften Höllenkreis bringen, Lucifer hält sich gegenwärtig im siebten auf, da er der Herrschaft den Rücken gekehrt hat. Also müssen wir einen Höllenkreis durchqueren, was sich allerdings als nicht allzu schwer erweisen sollte.«

»Das 'sollte' in dem Satz, hinterlässt schon wieder ein ungutes Gefühl...«, seufzte ich leise.

Cim ignorierte mich vollkommen, als er weitersprach. »Die Höllenpforte befindet sich ungefähr fünfzig Meilen von der Kapelle entfernt, wo wir gegen Forcas gekämpft haben.«

Ich erinnerte mich nur zu gut an den Kampf gegen den rothaarigen Dämon, der die Kapelle und die Knochen des Heiligen in dem steinernen Sarkophag bewacht hatte. Er hatte es beinahe geschafft uns beide zu töten, während wir es lediglich geschafft hatten, ihn mit letzter Kraft zurück in die Hölle zu schicken und nicht zu töten. Ich wusste nicht, wie lange es dauerte, bis er es schaffte wieder zurückzukommen, doch ich wusste, dass unsere nächste Begegnung sicherlich nicht so glimpflich laufen würde. Forcas würde so wütend sein, dass er sich nur mit unseren Tod zufrieden geben würde. Nicht mehr und nicht weniger.

Der Ruf der Verdammten 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt