Kapitel 39

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Winter

Ich starrte auf die Stelle, wo gerade noch Forcas' Überreste gelegen hatten. Ich hatte schon davor getötet – wenn auch nur Dämonen – doch das war etwas anderes. Ich hatte Forcas' Existenz auf allen Ebenen beendet, denn für ihn gab es kein Leben nach dem Tod.

Ich war eine Dunkle, doch das hieß nicht, dass ich böse war oder keine Skrupel hatte zu töten. Dunkle waren eher Beschützer und Wegweiser um den Toten und deren unsterblichen Seelen den Weg ins Elysium – der Welt nach dem Tod – zu zeigen. Eine Seele auszulöschen – und sei es die eines Dämons, der das gleiche auch mit mir selbst vorgehabt hatte – fühlte sich einfach... falsch an.

Das Knacken eines Holzbalken direkt über mir, brachte mich wieder zurück in die Gegenwart. Ich hechtete zur Seite und der Holzbalken fiel in einem Funkenschauer zu Boden. Das Feuer schien sich immer weiter auszubreiten und immer heftiger zu lodern. Ich hielt mir einen Fetzen meines Umhangs vor den Mund um den Rauch zumindest ein wenig abzumildern und hustete, während ich halbblind durch den Qualm taumelte und in die Richtung, wo der Ausgang sein musste.

Ein glühendes Holzstück fiel von oben auf mich und brannte sich durch den Umhang in meine Schulter. Ich schrie vor Schmerz auf und strich mir die glühenden Holzstücke von der Schulter. Tränen liefen mir über die Wangen und verwischte Ruß und Asche auf meinem Gesicht. Ich taumelte und wäre fast zusammengebrochen, als ich über einen Steinblock stolperte. Das hier war kräftezehrender als die Wanderung zur heiligen Quelle. Vermutlich, weil ich Kälte um einiges besser vertrug als Hitze.

Ich ließ mich auf ein Bruchstück der Mauer nieder, während ich krampfhaft versuchte Luft zu bekommen. Schwindel überkam mich und alles drehte sich um mich, während ich verstand, dass ich kurz davor war ohnmächtig zu werden. Und dann wäre alles vorbei, ich würde in Brightlight verbrennen und keiner würde jemals erfahren, was aus mir geworden war...

Ein frischer Windzug spielte um meine Haare, kühlte mein Gesicht und gierig sog ich die Luft ein. So einfach konnte ich nicht aufgeben! Bisher hatte ich immer weitergemacht, egal wie sehr die Chancen auch gegen mich gestanden hatten!

Ich kam auf die Füße, folgte nahezu blind dem frischen Luftzug, der mich förmlich zu rufen schien. Die Hitze wurde immer weniger und weniger, während die frische, kühle Luft immer mehr wurde.

Und dann hatte ich die brennende Hauptstadt der Hellen hinter mir gelassen und fiel dankbar und erleichtert in den kalten Schnee. Er kühlte meine Brandwunden und meinen schmerzenden Hals und ich seufzte erleichtert auf, während die Kälte meinen überhitzten Körper kühlte. Ich blieb einfach liegen und schmiegte meine Wange an den kühlen Schnee, während ein schwaches Lächeln auf mein Gesicht glitt und Blut den weißen Schnee unter mir Rot verfärbte.

»Hier drüben ist jemand verletzt! Helft mir mal!«, hallte eine Stimme durch die Luft, doch es kümmerte mich nicht. Ich wollte einfach nur für einen Moment meine Ruhe bevor das ganze Chaos wieder über mich hereinbrechen würde.

Ich konnte hören, wie Schritte näher kamen und schließlich jemand scharf einatmete. »Das... ist eine Dunkle!«, stellte ein Mann fassungslos fest.

»Was... was sollen wir jetzt machen?«, wollte eine weibliche Stimme mit einem ängstlichen Unterton wissen.

»Ich sage, wir lassen sie! Oder sind so gütig und beenden ihr Leiden!«, knurrte eine zweite, männliche Stimme wütend.

»Wir sollten nichts überstürzen... und nichts machen, dass sich nicht wieder rückgängig machen lässt!«, befahl die erste Stimme entschieden.

»Aber... irgendetwas müssen wir doch machen... immerhin haben die unsere schöne Stadt in Brand gesetzt und wer weiß wie viele von uns dadurch getötet und verletzt wurden!«, verlangte die Frau, deren Stimme nun weniger ängstlich, sondern viel mehr rachsüchtig klang.

Der Ruf der Verdammten 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt