Kapitel 46

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Winter

Es war vorbei. Ungläubig blickte ich auf den Leichnam von Eris und Nox, der zwar unverletzt schien aber nicht bei Bewusstsein war. Wir hatten es geschafft. Unsere seltsame Gruppe, auf die vermutlich keiner gewettet hätte, hatte es geschafft sich mit drei Höllenkönigen anzulegen und zu gewinnen! Nur langsam realisierte ich, dass es vorbei war.

Schwankend erhob ich mich, während aus meinen unzähligen Wunden noch immer Blut floss und meine Magie fast gänzlich aufgebraucht war. Lucifer schien da schon um einiges fitter zu sein, doch auch auf seiner Kleidung waren Spuren von purpurrotem Dämonenblut zu sehen, dass wohl sein eigenes zu sein schien. Doch die dazugehörigen Wunden schienen bereits verheilt zu sein. Seine grauen Fledermausflügel waren wieder verschwunden, doch die Augen waren immer noch dunkelbraun.

Cimeies kam zu uns rüber und köpfte mit einem schon fast lässigen Schlag einen der letzten Dämonen, die noch umher wankten. Der Dämonenlord hatte es fast im Alleingang mit der Horde niederer Dämonen aufgenommen und gewonnen. Der Anblick meiner Gefährten brachte meine Gedanken zu dem, was ich während des Kampfes verdrängt hatte und Panik kroch wieder an die Oberfläche.

»Lian...«, flüsterte ich und wirbelte herum.

Gwen saß noch immer neben dem dunklen Kronprinz. Die Harpune war mittlerweile aus seinem Bauch verschwunden und das Loch war ebenfalls kleiner geworden. Doch beide – sowohl Lian als auch Gwen – sahen erschreckend blass aus und mehr tot als lebendig. Ich ließ mich an Lians anderer Seite nieder, wagte es aber nicht nach seiner Hand zu greifen. Viel zu viel Angst hatte ich davor, dass sie eiskalt sein würde. Wie... wie bei einer Leiche.

Gwen sah mich mit trüben, müden Augen an, in denen keine Hoffnung stand. »Ich habe getan, was ich konnte... Der Rest liegt bei ihm...«, flüsterte sie und sackte dann zusammen.

»Gwen!«, schrie ich panisch.

»Ihr geht es gut, sie hat sich nur übernommen...«, murmelte eine völlig unerwartete Stimme. Kronprinz Cyrus ließ sich neben die junge Helle nieder und zog sie an sich. Sein Siegel leuchtete sanft auf, als er über ihren Körper fuhr und schließlich nickte. »Total entkräftet, aber nicht in Lebensgefahr.«, meinte der Helle beruhigend.

Ich nickte und wandte meine Aufmerksamkeit Lian zu. Ich nahm nun doch seine Hand in meine. Sie war kalt, aber noch nicht so kalt wie sie wäre, wenn kein Leben mehr in ihm wäre. Hoffte ich.

»Lian...«, flüsterte ich schmerzverzerrt. »Wir haben es geschafft... Bitte... komm zurück...« Noch leiser fügte ich hinzu: »Zu mir zurück... Ich... ich liebe... dich...«

Das Eingeständnis erschreckte mich selbst. Ich hatte diese Gefühle gegenüber Lian nie so richtig benennen können und hatte auch nicht gewusst wie ernst sie waren. Und für mich waren diese drei Worte ernst. Diese drei Worte konnten Kriege anfangen und beenden, konnten sogar den Tod überwinden und ein ganzes Leben lang bleiben. Mit diesen drei Worten war nicht zu spaßen. Doch ich wusste, dass es die Wahrheit war, in dem Moment, wo ich sie aussprach. Ich liebte Lian Noctaris, den Kronprinzen der Dunklen.

Lians Augenlider flatterten plötzlich und sein Mund verzog sich zu einem schwachen Grinsen. »Wurde langsam Zeit, dass du das auch mal sagst.«, flüsterte Lian mit schwacher Stimme. Dann öffneten sich seine Augen und ich versank förmlich in diesem wahnsinnig hellen Blau, dass mich noch immer an den Mond erinnerte.

Ich verschränkte die Arme. »Genau genommen hast du es nicht gesagt. Du wurdest davor von einer Harpune aufgespießt.«

Lian seufzte schwer auf und hustete leicht. »Kleinigkeiten. Ich wollte es sagen und das weißt du auch.«

Der Ruf der Verdammten 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt