Kapitel 21

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Herbst

Wir entschieden sofort aufzubrechen und weiterzugehen, da lange an einem Ort zu bleiben in der Hölle wohl keine gute Idee war. Ich kam taumelnd auf die Füße, immer noch erschöpft und zitternd, sodass Cimeies ohne ein weiteres Wort mich stützte und mir seinen warmen, bordeauxfarbenen Mantel weiterhin überließ.

Lian, der das – bis auf ein paar Kratzer – besser weggesteckt hatte, machte die Vorhut, während sich Leander und Gwen gemeinsam um die Nachhut kümmerten. Gwen sah mich immer wieder mit einem entschuldigenden Blick an. Sie hatte mir gesagt, dass sie nur Wunden heilen konnte... Diese Erschöpfung und diese Kälte konnte sie nicht heilen und mir damit auch nicht helfen.

Denn verletzt war ich nicht. Nur... fertig. Und fast gestorben. Also alles kaum der Rede wert. Denn, hätte der Dämon mich gefressen, dann hätte es mich – laut Cimeies – tatsächlich getötet, was ich wirklich auf die Liste der Sachen setzen musste, die ich vermeiden musste, wenn mein Leben wirklich unendlich dauern sollte.

Wobei ich mir da auch nicht so ganz sicher war... Ich konnte aktuell nur erahnen, was das für mich hieß... Ein ewiges Leben... ich würde all meine Freunde sterben sehen... ich würde nie mehr richtige Freunde unter Dunklen, Hellen oder Menschen haben können, da ich alle überleben würde und nichts dagegen tun könnte...

Wir drängten uns alle eng aneinander und behielten die ganze Zeit misstrauisch die Umgebung im Auge. Auch hielten wir von allem Abstand, dass wir nicht einschätzen konnten und achteten darauf nur den weißen Sand in unserer Nähe zu haben. Wobei ich mir da auch nicht so sicher war, ob es nicht Dämonen gab, die sich in diesem vergraben hatten und nur darauf warteten uns von unten anzugreifen.

Obwohl es noch immer so schwül warm war wie in einem Regenwald, wurde mir einfach nicht wärmer. Cimeies, auf den ich mich stützte, war da auch keine große Hilfe, da der Dämon sich ebenfalls ziemlich kühl anfühlte. Trotzdem schien es ihn nicht zu frieren, der Tatsache folgend, dass er lediglich mit einer Hose bekleidet umherlief und nicht so zitterte wie ich. Vermutlich hatten Dämonen einfach eine andere Körpertemperatur als wir, das würde zumindest Sinn ergeben. Jeder Schritt kostete mir unendlich viel Kraft, da wir in dem weichen Sand leicht wegrutschten oder einsanken und es sich somit schwerer lief, als auf festen Erdboden.

Nach ein paar Stunden war ich so fertig, dass mich Cimeies eher mit sich schleppte, denn stützte und ich mich dagegen auch nicht mehr wehrte. Ich wollte nur noch schlafen... Am besten die nächsten zwölf Stunden, mindestens.

Dass wir anhielten, überraschte mich so, dass ich aus Cimeies' Griff flutschte und in den warmen Sand fiel. Stöhnend rollte ich mich herum, machte aber keine Anstalten aufzustehen. Ich wusste, dass ich das nicht schaffen würde.

Cimeies ging neben mir in die Hocke und musterte mich mit besorgter und ernster Miene. »Hat dich der Dämon irgendwo verletzt?«, wollte er mit einem Stirnrunzeln wissen.

Ich blickte ihn lediglich verständnislos an. Meine Gedanken schienen sich wie durch Honig fortzubewegen und machten es mir schwer einen Gedanken zu fassen.

Cimeies fluchte in einer Sprache, die ich nicht verstand und die sich uralt anhörte. Aber, dass er fluchte, war trotzdem gut herauszuhören. Ohne zu Zögern, packte er seinen Mantel und schälte mich aus meinem T-Shirt.

»Hey...«, protestierte ich schwach, doch selbst die Tatsache, dass ich im BH vor den anderen stand, konnte meine Lebensgeister nicht wecken.

Lian und Leander setzten fast zeitgleich zu einem Protest an, wurden aber beide von Cimeies unterbrochen, der mit scharfer Stimme befahl: »Licht!«

Der Ruf der Verdammten 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt