Herbst
»Leander?!« Unsere Stimmen hallten durch die verlassene Stadt, doch trotzdem hörten wir keine Antwort von dem verschwundenen Hellen.
»Sollen wir uns aufteilen?«, wollte Lian wissen, während er in eine der dunklen Gassen zwischen den Häusern spähte. »Dann könnten wir eine größere Fläche absuchen.«
Ich schüttelte den Kopf. »Damit wir uns auch noch aus den Augen verlieren? Keine gute Idee...«
»Aber vielleicht gibt es eine ganz einfache Erklärung dafür. Vielleicht hat er einen Stand mit Lebensmittel gefunden und wollte schon mal bisschen was besorgen...« Ich konnte den Zweifel in Lians Stimme hören und wusste, dass er das nicht wirklich glaubte.
»Ohne uns etwas zu sagen und ohne das Geld, dass du hast? Wohl kaum...«
Ich ging ein paar Schritte den Weg zurück, den wir gegangen waren, bevor wir den kleinen Jungen gesehen hatten. Lian folgte mir, ich konnte seine dunkle Magie in meinem Rücken deutlich spüren – besser als die von Leander, die ich immer schlechter wahrgenommen hatte, wenn er sie nicht gerade beschwor.
Ich lugte um eine Ecke, die wieder in eine dieser vermüllten, dunklen Gassen führte. Etwas helles blitzte auf dem Boden auf. Zögernd trat ich näher. Es war der hellbraune Beutel, in dem wir unsere Vorräte transportieren wollten und den Leander getragen hatte. »Verdammt!«
Verzweifelt ballte ich die Fäuste und knurrte auf. »Können wir denn gar nichts tun um ihn zu finden? Mit unserer Magie? Es muss doch irgendwas geben!«
»Nun, wenn er nicht gerade umgebracht worden ist, dann sieht es schlecht aus... ansonsten könnten wir seinen Geist beschwören.« Ich warf dem dunklen Kronprinzen einen vernichtenden Blick zu. »Was? Das war ein Scherz. Natürlich hoffe ich nicht, dass er umgebracht worden ist!«, verteidigte sich Lian.
»Denkst du wirklich, es ist Zeit für die Art von Scherzen?!«, knurrte ich wütend.
»Was sollen wir denn sonst tun?! Diese Stadt ist vielleicht nicht riesig, aber verdammt verwinkelt! Und ich könnte wetten, dass sie auch noch ein unterirdisches System wie in Darkmare haben.«
»Darkmare hat noch ein unterirdisches System?«
Lian sah ein wenig verlegen aus. »Ja, für alles was... selbst für Dunkle nicht so ganz... legal ist...«
»Und du weißt davon woher genau? Und solltest du als Kronprinz das nicht verhindern?«
»Das ist jetzt auch nicht so wichtig... sollten wir nicht lieber den Hellen suchen?«
Ich blickte die dunkle, schmale Gasse entlang. Sie schien schon eine von denen zu sein, die am meisten heruntergekommen war. Sie war so schmal, dass ich meine Arme ausstrecken konnte und damit die beiden Wände mit den Fingerspitzen berühren konnte. Der Boden war feucht und eine schimmernde Schicht schwamm auf den trüben Wasserpfützen. In den Ecken lagen Haufen von Abfall, in denen es raschelte, weswegen ich vermutete, dass Durcas aktuell ein Rattenproblem hatte. Doch ganz am Ende meinte ich einen schwachen, hellen Schimmer zu erkennen. Entschlossen trat ich einen Schritt nach vorne, meine Hand an mein silbernes Messer gelegt.
»Du hast doch nicht wirklich vor da rein zu gehen, oder? Bitte sag mir, dass nicht das dein Plan ist!«
Ich antwortete nicht und ging weiter hinein in die dunkle Gasse. Vor der Dunkelheit hatte ich keine Angst, die war ich gewöhnt. Doch ich wusste, dass es... Dinge in der Dunkelheit gab, vor denen selbst ich mich hüten musste. Deswegen schob ich mich nur langsam vor. Meine Sinne waren angespannt und wachsam und mein Siegel glomm in einen stetigen, dunklen Licht auf. Ich war bereit bei der kleinsten Bedrohung zu reagieren.
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Der Ruf der Verdammten 2
Fantasy[Band 2: Spoiler zu Band 1 Das Flüstern der Toten!] Cimeies lehnte sich an die Wand und verschränkte mit einem Grinsen und verschmitzt funkelnden Augen die Arme. »Lass mich dir von Unsterblichen zu Unsterblichen einen Rat geben... Das Leben wird int...