(Vielen Dank für die Votes und Reads - Ich hoffe, dass euch auch der weitere Verlauf der Story gut gefällt, euch nicht langweilt und würde mich auch über Feedback freuen 😅✨
In diesem Kapitel wird es, auch ein bisschen spannender... Ich hoffe, dass gefällt euch)Die ganze Zeit über, in der meine Hand schon ohne es bewusst gewollt zu haben auf der von Delia liegt und ich der jungen Frau mit den rotblonden Haaren in die Augen sehe, rast mein Herz. Ich habe innerlich das Gefühl, mich kaum beruhigen zu können. Seitdem meine Hand wie schon am Vorabend auf ihrer gelandet ist, ist dieses Gefühl da. Dabei ist diese Handlung genau genommen nichts Neues.
-"May... Ich...", beginnt Delia nach einer gefühlten Ewigkeit stotternd, sieht mich dabei aber trotzdem immer noch an. Dann stockt sie jedoch und sieht weg, umschließt stattdessen meinen kleinen Finger mit ihrem Daumen. Mir ist es bis zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich einfach noch nie klar gewesen, aber ich realisiere, wie viel solche kleinen Berührung ausmachen und aussagen können. Durch diesen Gedanken muss ich automatisch lächeln und suche Delias Blick, der sich irgendwo zwischen unseren Händen und dem grünblauen See verloren hat. Erst nach mehreren Sekunden, in denen ich mit dem immer gleichen Streichen meines Daumens über ihren Handrücken gestoppt habe, erlange ich ihre Aufmerksamkeit. Sie sieht zu mir und scheint im ersten Moment ein bisschen verwirrt und so, als hätte ich sie aus ihren Gedanken gerissen. Aber Delia starrt mich regelrecht an, als sie wieder in meine Augen sieht, ich wieder einen klaren Blickkontakt zu ihr aufbaue. Nun sind ihre Augen allerdings nicht mehr die Quellen sanfter und beruhigender Grün- und Blautöne, sondern wirken auf mich eher wie ein tobender Sturm inmitten des Ozeans. Ihr Blick wirkt von einer Sekunde auf die andere unfokussiert und ich muss nicht lange ihre wunderschönen Augen genau analysieren, um zu sehen, dass sich in diesen Tränen gebildet haben.
-"May... Ich weiß nicht, was ich fühlen soll...", platzt es nach einigen Sekunden einfach aus ihr heraus und ich versuche, nicht so zu wirken, als würde mich ihr gesamter Zustand ebenfalls emotional ergreifen. Schließlich tun mir die Tränen in ihren Augen irgendwie im Herzen weh und jedes Mal, wenn eine von diesen Tränen lautlos fällt, sticht es dort ziemlich gewaltig. Ich schaue Delia an und versuche, nicht allzu überfordert von ihren Emotionen zu sein. Denn auch, wenn ich als langjährige Lehrerin gewohnt bin, dass jemand in meiner Gegenwart weint, ist es in meinem Beruf meistens so gewesen, weil es einen für mich ersichtlichen Grund gab. Zum Beispiel, wenn eine Einserschülerin auf einmal eine schlechte Note geschrieben hat oder wenn sich einer von den Jungs bei einer Rangelei auf dem Schulhof verletzt hat. Aber nun bin ich mit einer ganz anderen Art von Emotion konfrontiert und meine eigenen Gefühle kommen in diesem Moment auch noch mit dazu. Ich zwinge mich dazu, Delia irgendetwas zu sagen, denn ich habe ein schlechtes Gewissen ihr gegenüber, wenn sie dort sitzt und weint und es schwer hat, sich mir zu erklären und ich sie einfach nur anstarre, ohne eine Reaktion zu zeigen.
"Hey, das ist doch in Ordnung, Delia...", versuche ich ihr irgendwie zu sagen und ich werde von meiner eigenen Stimme, die auf einmal so ruhig, sanft und liebevoll klingt, fast selbst getriggert. Und ich weiß nicht einmal, warum. Wahrscheinlich ist es dieses Wissen in meinem Hinterkopf, dass es mir und meiner mentalen Gesundheit nicht guttut, sich emotional zu sehr auf Menschen einzulassen, denn so gilt es immerhin in meinem Beruf. Aber das hier ist etwas anderes, zwinge ich mich, zu differenzieren. Denn ich habe Gefühle für Delia; echte Gefühle. Auch, wenn ich nicht weiß, in welche Richtung diese laufen, weiß ich, dass diese Situation nichts ist, was ich einfach so hinnehmen oder abarbeiten kann, wie ich es bei manchen anderen Menschen tun würde.
-"Ich weiß nicht...", meint Delia immer noch traurig, aber nicht mehr weinend. Dann findet ihr Blick wieder meinen und ich sehe in ihre grünblauen Augen, die mit Tränen unterlaufen sind. Wie gerne würde ich ihr jetzt sagen, dass das, was sie fühlt, was auch immer es denn ist, in Ordnung ist und dann vorsichtig ihre Tränen aus ihrem wunderschönen Gesicht wischen. Aber ich bin mir sicher, dass das zu viel auf einmal wäre, auch wenn die Berührung unserer Hände die letzten Minuten über keine Sekunde lang abgebrochen ist. Ich lege den Kopf schief und sehe automatisch zu Delia, die sich wieder beruhigt hat. Sie hat nicht wirklich lange und auch nicht wirklich dramatisch geweint, aber sie hat geweint und das verraten auch ihre leicht geröteten und mit Tränen unterlaufenen Augen.
-"Tut mir leid, May...", flüstert Delia nach einigen Sekunden leise und sieht dann nach unten auf ihre Füße, wobei ihr unzählige rotblonde Haarsträhnen ins Gesicht fallen und einige aufgrund der nassen Tränen auf ihren Wangen auch dort hängen bleiben. Ich beobachte die junge Frau für einen kurzen Moment und sehe einfach dabei zu, wie sich ihr Blick kurz auf das Wasser des Sees erhebt und sie dann tief durchatmet.
"Das muss dir nicht leidtun...", sage ich einfach nur, denn es entspricht der Realität. Egal, auf was sie ihre Entschuldigung bezogen hat; es ist okay. Es könnte ihre Unentschlossenheit über ihre Gefühle sein, oder ihr leichter Gefühlsausbruch eben oder aber auch, dass sie sich dafür entschuldigt, dass beides in meiner Gegenwart passiert ist.
-"Du weißt, glaube ich gar nicht, was ich meine...", kommt nur monoton, aber immer noch leise von der Person links neben mir und ich merke, dass sie versucht möglichst viel Ärger in ihre Stimme zu legen, um die Traurigkeit und dieses leise und unsichere aus dieser zu entfernen. Aber gelungen tut ihr das zugegebenermaßen nicht wirklich. Ich denke nach und sehe auf den See, um irgendwie Worte zu finden, durch die es nicht noch schlimmer wird und durch die ich Delia nicht dazu veranlasse, ab jetzt weiterhin und im schlimmsten Fall die ganze Zeit über diese raue Seite aufzuziehen, die ihre Unsicherheiten vertuschen soll.
"Nein... Nicht genau...", beginne ich und höre, dass Delia angestrengt ausatmet. Fast schon so, als würde diese raue, abblockende Stimmung, die sich soeben bei ihr aufgetan hat, ihr befehlen, dass sie mir gegenüber jetzt genervt sein müsste. Deswegen versuche ich, das Gegenteil davon zu erzielen, um ihr und mir nicht wehzutun.
"Aber Delia... Es ist okay, wenn du dir unsicher über deine Gefühle bist, wenn du deswegen und auch wegen anderen Sachen weinst und es ist auch okay, wenn du das in der Gegenwart von anderen Menschen tust... Es tut nämlich nicht gut, die Emotionen einfach herunterzuschlucken...". Dieser Satz meinerseits steht jetzt zwischen uns und schon nach der Hälfte meiner Aussage habe ich wieder den Blickkontakt zu Delia gewonnen. Ihre Augen glitzern und ich versuche, möglichst viel Ruhe und Sicherheit in meinen Blick zu legen. Ihre Hand, auf welcher meine immer noch liegt, zittert auch kaum noch so, wie vor ein paar Minuten noch und vorsichtig streiche ich mit meinem Daumen über ihr Handgelenk, auf welches mein Blick in dem Moment fällt. Delia sieht mich weiterhin an und ich merke, dass sie mein Gesicht ganz genau mustert und ihr Blick an jedem kleinen Detail für mehrere Sekunden hängenbleibt. Dieses Mal entscheide ich mich aber dazu, nichts zu sagen, sondern es einfach geschehen zu lassen. In mir kommt langsam der leise Verdacht, dass sie diese Aussage von wegen, dass sie nicht wisse, was sie fühlen soll, auf mich bezogen hat und auf das, was sie möglicherweise mir gegenüber fühlt. Denn ihre Anzeichen sind immer noch eindeutig. Nachdem ich das festgestellt habe, wende ich mich vollkommen der jungen Frau mit den rotblonden Haaren zu und sehe in ihr Gesicht, auf welchem immer noch nasse Spuren von Tränen zu sehen sind, die nun aufgrund der Abendsonne glitzern. Für einen Moment beobachte ich ihre Augen, unter denen es von ihren Tränen immer noch nass ist. Ich weiß nicht, warum, aber irgendwie tut mir der Anblick dieser Spuren ihrer Emotionen ziemlich weh. Ich beginne, unsicher zu sprechen.
"Delia?...", spreche ich sie an und in ihren Augen kann ich erkennen, dass ihre volle Aufmerksamkeit inzwischen wieder mir gilt. "Darf ich deine Tränen wegwischen?", frage ich leise und versuche, möglichst viel Sanftheit und Vertrauen in meine Stimme zu legen. Kurz nickt sie und langsam nähere ich mich mit meiner rechten Hand ihrem wunderschönen, in dem Moment ziemlich zerbrechlich wirkenden Gesicht. Mit der Unterseite meines Daumens treffe ich auf die Reste der Tränen unter ihren Augen und tupfe diese vorsichtig weg. Sie schließt langsam ihre Augen und lässt mich einfach machen und ich habe fast sogar den Eindruck, dass sie sich entspannt. Delias Haut fühlt sich weich an und ich als ich mich sicherlich eine Minute später wieder ein wenig von ihr entferne, spüre ich trotzdem immer noch die Nässe der Tränen auf meinem rechten Daumen. Aber das ist vollkommen in Ordnung. Dann öffnet Delia ihre Augen wieder und sieht mit einem verletzlichen und dennoch dankbaren Blick zu mir. Ich bin ehrlich mit mir und gebe mir selbst zu, dass Delias gesamte Erscheinung es mir in dem Moment ziemlich schwer macht. Nicht nur mir als Person, weil ich erkenne, wie sie mich ansieht, sondern auch meinem Herzen, denn am liebsten würde ich die junge Frau jetzt einfach in den Arm nehmen und sie weiterhin beruhigen. Aber ich weiß, dass das nicht geht, oder dass es zumindest zu viel auf einmal wäre.
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Fading
Teen Fiction🧡🌈🌱 Delia ist siebzehn Jahre alt und fährt in den Sommerferien gemeinsam mit ihrer Mutter, einer strengen, eher gefühlskalten Person in den Urlaub an einen See. Dass Delia dort jedoch auf eine Person trifft, deren Herzenswärme und Geborgenheit si...