(Thanks für die 700 reads... by the way- Das hier ist auch eines meiner Lieblingskapitel 🥺❤️)
Die ganze Zeit, seitdem wir in mein Schlafzimmer gegangen sind, habe ich Delia nicht aus den Augen gelassen. Zunächst hat sie nur unsicher auf der Bettkante gesessen und mit einem traurigen, schuldigen Blick in meine Augen gesehen. Dann aber scheint irgendetwas ihr den Rest gegeben zu haben, sodass sie nun unmittelbar neben mir liegt. Nur noch wenige Zentimeter trennen unsere Körper voneinander. Diese Erkenntnis bringt mein Herz dazu, noch ein wenig schneller zu schlagen. Immerhin habe ich mir schon die ganze Zeit vorgestellt, wie es sich anfühlen muss, Delia noch einmal zu umarmen und noch einmal ihren dünnen Körper an meinen zu drücken, ihr somit Wärme und Geborgenheit zu vermitteln. Dass sie jetzt aber zu weinen scheint, tut mir weh.
"Weinst du?", flüstere ich möglichst vorsichtig und sehe Delia an. Ihre Augen sind glasig, glitzern, ohne dass es eine wirklich große Lichtquelle in der Nähe gibt und dann beginnen ihre Tränen zu fließen. Ich kann mich nicht mehr zurückhalten, denn durch den Anblick der jungen Frau auf meiner linken Seite zieht sich irgendetwas in meinem gesamten Körper schmerzhaft zusammen. Fast so, als könnte ich das, was Delia bedrückt und ihr Panik und Trauer gleichzeitig bereitet, ebenfalls fühlen. Deswegen drehe ich mich komplett auf meine linke Seite, um Delia genauer beobachten zu können. Es fließen immer noch Tränen aus ihren Augen und ich beschließe, diese so bald, aber ebenso vorsichtig wie nur möglich wegzuwischen. Ich lege meine Hand an Delias kalte Schulter und ich bin erleichtert, dass sie sich unter dieser Berührung fast sofort zu beruhigen scheint. Immerhin fließen keine Tränen mehr aus ihren wunderschönen Augen. Dafür sieht sie mich, soweit ich es erkennen kann, durchdringend und müde zugleich an. Ich versuche, fragend zu schauen, anstatt meine Gedanken auszusprechen. Es ist nämlich ein dummes Gefühl, fragen zu wollen, was mit ihr los ist, denn schließlich assoziiere ich diese Frage meistens negativ. Noch dazu kann ich mir nur allzu gut vorstellen, dass ihr Zustand an der Panikattacke liegt, die kaum eine halbe Stunde her ist.
-"Tut mir leid... Ich bin einfach durcheinander und müde...", entschuldigt sich Delia nach einigen Sekunden Stille dann und ich sehe sie mitfühlend an. Es tut mir weh, dass sie sich für alles entschuldigt. Wenn sie nur wüsste, dass ich ihren gesamten Zustand selbst sehr gut kenne und immerhin glaube zu wissen, wie sie sich gerade fühlt. Ich lege meinen Zeigefinger vorsichtig auf Delias Lippen, will ihr damit zeigen, dass alles in Ordnung ist und sie sich nicht für ihre Emotionen entschuldigen muss. Schließlich flüstere ich einfach nur: "Shhhh... Das muss dir nicht leidtun, okay?...", bevor ich meinen Finger wieder von ihren weichen Lippen löse. Delia sieht mich verwirrt und immer noch traurig an, aber an ihren Atemzügen, die immer gleichmäßiger werden, kann ich hören, dass sie allmählich zur Ruhe kommt. Auch ihre blaugrünen Augen sind mittlerweile fokussiert - auf mich. Zwar wandern sie immer noch zwischen meinen zwei dunkelbraunen und unspektakulären Augen hin und her, haben diese aber ganz klar fokussiert. Ich versuche, möglichst viel Liebe und Vertrauen in meinen Blick zu legen. Ja, Liebe.
-"Kannst du mich bitte umarmen?", fragt Delia mich auf einmal mit einem weinerlichen Flüstern und ich kann wieder ein paar Tränen in ihren Augen erkennen. Einerseits ist es ziemlich niedlich, wie sie mich fragt, ob ich sie bitte umarmen kann, stelle ich mit einem sanften Lächeln in meinem Gesicht fest. Andererseits zeigt Delias Frage aber auch, wie traurig sie sich in diesem Moment fühlt und dass sie dringend Halt in Form von körperlicher Nähe braucht.
"Natürlich, Delia... Es ist alles gut, Okay?", antworte ich ihr einfach nur und nachdem sie einmal ganz leicht genickt hat, ziehe ich sie vorsichtig in meine Arme. Als sie sich an dem Stoff meines Pullovers festkrallt, drücke ich ihren dünnen Körper auch etwas mehr an mich, während sie entspannt ausatmet. Ihr gesamter Oberkörper liegt auf mir, während ihre Beine sich immer noch links neben mir befinden. Vorsichtig legt Delia ihren Kopf auf meiner Brust ab, während ich mit meinem linken Arm ihren Rücken umschlinge und mit meinem rechten Arm ihren Kopf festhalte und mit meinen Fingern sanft durch ihre rotblonden Haare streiche. Ganz offensichtlich scheint es sie zu entspannen, fast sogar schläfrig zu machen, denke ich und stelle im nächsten Moment auch fest, dass sie ihre Augen geschlossen hat. Sie vergräbt ihren Kopf weiterhin in dem flauschigen Stoff meines gelben Pullovers und als sie sich schon nach wenigen Minuten nicht mehr rührt, sondern nur noch ruhig und gleichmäßig atmet, bin ich mir sicher, dass sie eingeschlafen ist. Glücklich und auch ein wenig zufrieden muss ich lächeln, als ich zu Delia sehe, die in einer für mich wahnsinnig niedlichen und angenehmen Position eingeschlafen ist. Mit ihrer linken Hand umfasst sie meine Taille, berührt mit ihren Fingerspitzen meinen Rücken, während ihre rechte Hand an meiner linken Schulter liegt. Ihr Oberkörper berührt meinen, ist jedoch federleicht. Delias Kopf liegt immer noch auf meiner Brust und ich bin mir sicher, dass sie meinen Herzschlag hören kann, denn zwischen ihrem Ohr und der nackten Haut meines Oberkörpers liegt nur der Stoff meines Pullovers. Ich muss aus irgendeinem Grund lächeln und atme einmal tief ein und aus. Vorsichtig streiche ich weiterhin mit meinen Fingern über Delias Haare, drücke dabei ihren Kopf noch etwas mehr an meinen Körper. Ich schließe meine Augen und genieße die Stille, die bis auf unsere leisen Atemgeräusche herrscht, doch meine Gedanken werden immer lauter. Dass ich Delia liebe ist mittlerweile nichts Neues mehr in meinem Kopf und dennoch bringt dieser Gedanke meinen Körper dazu, verschiedenste Reaktionen auf diesen zu haben. Ein warmes Kribbeln durchfährt meinen Körper, ein wenig zittere ich und mein Herz klopft zwar nicht besonders schneller, aber deutlich heftiger in meinem Brustkorb. Ich muss unwillkürlich lächeln. Trotzdem fragen meine Gedanken, was Delias Präsenz nur mit mir macht. Schließlich scheint es, als würde sie nur existieren, nur da sein müssen, um in meinem Körper dieselben Reaktionen auszulösen, wie es ein 100-Meter Sprint tun würde. Ich liebe diese wunderschöne junge Frau viel zu sehr. Das sagt die eine Hälfte meines Gehirns. Die andere hingegen hält sich für vernünftig und redet mir immer und immer wieder dieselbe Sache ein. Ich war vor den Ferien nur wenige imaginäre Zentimeter von einem Burnout entfernt, welches nur existiert, weil ich nicht akzeptieren will, dass ich nicht jede gebrochene und einsame Seele auf dieser Welt retten kann. Und nun meine ich mich um eine zeitweise ziemlich traurige und zerbrechliche Person kümmern zu können, nein, mich sogar in sie verlieben zu können. Meine 'vernünftige' Gehirnhälfte will mir sagen, dass ich aufhören soll, Delia zu lieben und dass ich sie am besten von mir wegstoßen sollte. Mein Herz hingegen will, dass die junge Frau bei mir bleibt und auch irgendwie, dass sie meine Liebe erwidert. Was den Punkt angeht, ist die Realität gar nicht einmal so hoffnungslos, stelle ich wieder mit einem leichten Lächeln fest und denke an Delias Blicke in meine Augen, ihre nervöse Redensart mit mir und auch, dass sie vor allem in den letzten zwei Tagen immer bei mir sein wollte. Wieder muss ich tief seufzen. Ich drücke den dünnen Körper von Delia nochmals dicht an mich und greife schließlich nach meiner dunkelbraunen Bettdecke. Vorsichtig lege ich diese über unsere Körper, bedenke dabei, Delia bloß nicht zu wecken, denn schließlich schläft sie seelenruhig und liegt immer noch unverändert dicht an mich gekuschelt. Durch die Decke wird mir sofort wärmer und auch, wenn ich bemerke, dass Delia ihre Augen öffnet, verändert sie ihre Position nicht.
"Sorry", flüsterte ich und sehe zu Delia.
-"Alles okay... Ich bin wegen etwas anderem wach geworden...", meint Delia daraufhin nur und sie versucht mir von ihrer Position aus in die Augen zu sehen.
"Okay... Schlaf' ruhig weiter, Delia".
Danach bekomme ich keine Antwort mehr und die junge Frau, die in meinen Armen liegt, hat ihre Augen wieder geschlossen. Und keine fünf Minuten später merke auch ich, wie ich immer schläfriger werde.
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Fading
Teen Fiction🧡🌈🌱 Delia ist siebzehn Jahre alt und fährt in den Sommerferien gemeinsam mit ihrer Mutter, einer strengen, eher gefühlskalten Person in den Urlaub an einen See. Dass Delia dort jedoch auf eine Person trifft, deren Herzenswärme und Geborgenheit si...