"Ich möchte, dass du mich jetzt nicht falsch verstehst, Charlotte."
"Wie?" Ich verstand weder etwas richtig, noch irgendetwas falsch. Ich verstand gar nichts.Iris setzte sich ein Stückchen von mir weg und sofort wurde meine Seite kalt, mit der ich gerade noch an Iris gelehnt hatte.
"Es geht nicht." Iris verzog keine Miene.
„Was meinst du?" Ich verstand immer noch nichts.
„Ich sage gerade nein zu dir hier und an dieser Stelle." Kurz meinte ich, einen unendlich traurigen Ausdruck in ihren Augen gesehen zu haben, dann war der Moment vorbei und ich blickte wortlos in ihre blauen Augen, die jetzt geradezu stählern wirkten.
Wie konnte sie denn auf einmal so gefühllos sein? So kannte ich sie gar nicht und ich hatte mir auch nie ansatzweise gedacht, dass sie so sein könnte.Doch langsam sickerten ihre Worte in mich hinein. Das sagte sie mir jetzt? Jetzt? Nachdem sie es so weit hatte kommen lassen? Erst durchfuhr mich Wut. Wut auf sie und alles, was sie mit mir gemacht hatte. Oder was sie nicht gemacht hatte.
Und Iris stand immer noch einfach neben mir und sagte kein Wort.
Ich wollte, dass sie wegging.
Ich wollte, dass sie blieb und mir sagte, dass das alles nur ein Scherz sei.
Und dann war meine Wut weg, nicht ganz weg, sie war nur in mein Unterbewusstsein gerutscht, denn meine Trauer vereinnahmte mich voll und ganz.Obwohl ich schon saß, sackte ich in mich zusammen. Meine Kehle wurde eng und ich konnte nicht mehr schlucken. Dann spürte ich ein Ziehen in meiner Brust. Gleich würde ich losweinen.
Iris sah mich an und obwohl ich gerade am Boden zerstört war, sah auch ich sie an. Ich hielt meine Tränen krampfhaft zurück und versuchte, das beklemmende Gefühl aus meinem Hals zu ignorieren.
Ich wollte sie fragen, warum, aber meine Stimme versagte mir. Es traf mich so sehr, dass mein Kopf von Anfang an Recht gehabt hatte. Ich verstand die Welt nicht mehr und wollte jetzt einfach nur noch alleine sein. Iris konnte ich vergessen. Sie hatte mir gerade gesagt, dass sie mich nicht wollte und dass es nicht funktionieren würde.
Ich konnte nicht verstehen, warum es mich so traf, dass eine Frau, die ich kaum kannte, nein zu mir sagte. Was hatte Iris an sich, dass ich mich Hals über Kopf in sie verliebt hatte? Sie hatte doch überhaupt nichts getan, um mich zu solchen Gefühlen zu bewegen. Sicher, sie hatte gut ausgesehen und ich hatte mich gut mit ihr unterhalten, aber sie hatte doch nichts wirklich gemacht.
Oder war mir wirklich genau das passiert, von dem in den vielen Büchern immer geschrieben wurde? Hatte ich mich auf den ersten Blick verliebt?Ich wollte ihr mein Gefühlschaos nicht offenbaren, deswegen blieb ich äußerlich ruhig und vergoss keine Träne. In mir drinnen aber tobte ein Sturm aus Gefühlen.
Sie stand weiterhin vor mir. Sie stand da mit ihren atemberaubenden Augen. Mit dieser natürlichen Schönheit und zugleich mit einer Selbstverständlichkeit, die mich nach diesen von ihr eben gesagten Worten irritierte.
Dann drehte sie sich um und ging. Sie warf keinen Blick zurück, drehte sich nicht mehr um. Ich sah nur noch ihren Kopf zwischen den Bücherregalen verschwinden und als ich ihre Schritte nicht mehr hören konnte, flossen die Tränen dann doch nur so über meine Backen.
Ich schluchzte und vergrub meinen Kopf in meinem Schoß. WARUM?? Das Seminar bei ihr war in drei Wochen zu Ende. Das konnte doch nicht der Grund sein, die Zuneigung, die ganz eindeutig zwischen uns bestand, zu ignorieren. Das konnte einfach nicht sein!
Ich wusste, dass mein gesamtes Makeup verschmiert sein würde, dennoch konnte ich nicht aufhören zu weinen. Mein Kopf tat weh und in meiner Kehle hatte ich ein noch größerer Klumpen aus Trauer und Enge gebildet. Ich zitterte am ganzen Körper und wusste nicht weiter.
Warum hatte ich mir überhaupt Hoffnungen gemacht? Am Ende war mal wieder alles so gekommen wie es mein Kopf vorhergesehen hatte. Musste ich mir dann überhaupt noch Mühe in Sachen Liebe geben? Konnte ich nicht einfach hier und jetzt beschließen, dass das wohl in diesem Leben nichts mehr werden würde?
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Ich will dich
RomansaCharlotte studiert Literatur in München. Iris unterrichtet an der gleichen Uni. Als sie aufeinandertreffen und Charlotte bemerkt, dass Iris die Frau ist, die sie vor ein paar Jahren im Urlaub getroffen hat und die sie seit dem nicht mehr vergessen k...