Chapter 29

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Und so schnell wie der Kuss begonnen hatte, war er auch wieder vorbei. Und zwar war er genau in dem Moment vorbei, als ich meine Augen aufschlug und mir der altbekannte Krankenhausgeruch nach Desinfektionsmittel in die Nase stieg. 

Wo war ich?! 

Schnell setzte ich mich in dem Bett auf, in dem ich lag. Was war passiert? Ich drückte auf den Knopf neben meinem Bett, um jemanden vom Krankenhauspersonal zu rufen. Dann dachte ich angestrengt nach. 

Eigentlich hatte ich doch einen Spaziergang im Schnee unternommen. War mir etwas passiert? Und war Iris da gewesen? Ich meinte, immer noch ganz leicht ihre Lippen auf meinen spüren zu können. 

Dann trat ein Krankenpfleger in mein Zimmer ein und lächelte mir zu. 

"Sie sind offenbar aufgewacht." 
"Ja. Können Sie mir sagen, was vorgefallen ist?"
"Sie wurden eingeliefert, da Sie sich unterkühlt hatten. Es ist nichts wirklich schlimmes, aber Sie mussten erst einmal wieder aufgewärmt werden. Im Krankenwagen sind Sie dann wohl in eine Ohnmacht gefallen und haben bis jetzt geschlafen." 
"Oh.", mehr sagte ich nicht. 
"War jemand bei mir, als ich hier eingetroffen bin?" 
"Nein, so weit ich weiß nicht." 

Ich nickte. Also hatte ich mir den Kuss nur vorgestellt. Aber das konnte doch nicht sein. Es hatte sich alles so echt angefühlt! Verzweifelt ließ ich mich zurück in mein Kissen sinken. 

"Es kommt gleich der Doktor. Dann können Sie wahrscheinlich entlassen werden." 
"Okay, danke." 

Er verließ das Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Ich fuhr mit meiner Zunge über meine Lippen und wurde das Gefühl nicht los, dass wir uns wirklich geküsst hatten. Wie würde ich das herausfinden? Iris zu fragen war wahrscheinlich eher keine so gute Idee. Nicht, dass sie mich dann abblockte. 

Es dauerte tatsächlich nicht mehr lange und ich konnte das Krankenhaus gut aufgewärmt verlassen. Ein Taxi brachte mich zu dem Ferienhaus zurück. Es hatte immer noch nicht aufgehört, zu schneien und im Radio sprachen sie davon, dass die Straßen schon morgen wohl nicht mehr passierbar wären. Ich gab einen entsetzten Laut von mir. Dann würde ich ja festsitzen! Der Taxifahrer blickte mich mit einem mitleidigen Blick an. 

Als ich dann ausgestiegen war, graute es mir davor, Iris zu treffen. War da jetzt etwas gewesen? 

Bevor ich es mir anders überlegen konnte, klingelte ich und wartete kurz. Drei Sekunden später riss Patricia die Tür auf. 

"Charlie! Oh man. Was machst du nur für Sachen? Gehts dir gut?" Sie zog mich in eine feste Umarmung. Anscheinend wussten alle Bescheid. 
"Ja, ist alles okay." Ich lächelte matt. Ein bisschen komisch fühlte ich mich schon noch. Und jetzt war Patricia ja auch wieder vom Skifahren zurück. Ich schluckte. 

Auf einmal zog sie mich wieder zu sich heran. 

"Du darfst jetzt nicht ausflippen, aber Iris ist hier. Ich wusste das nicht. Wirklich! Ich wollte dich aber schon mal vorwarnen. Und... Also... Da gibt es noch etwas... Besser gesagt noch jemanden. Sie hat einen Mann. Und nein, sie lässt sich nicht scheiden.", flüsterte sie mir in mein Ohr. 

Wenn ich das nicht schon gewusst hätte, hätte ich wahrscheinlich jetzt einen Nervenzusammenbruch erlitten. Ich ging nicht auf Patricia ein, sondern beeilte mich, in das warme Haus zu kommen. An der Garderobe sprach sie mich dann noch einmal an. 

"Alles okay?"
"Nein. Wieso sollte es? Ich habe sie zwar vorhin schon gesehen, aber das hat gereicht." 
"Dann habt ihr schon miteinander gesprochen?", fragte Patricia ganz aufgeregt nach. 
"Ja. Und ich habe irgendwie so ein Gefühl, dass sie es war, die mich in der Kälte gefunden hat. Irgendwie glaube ich auch, dass wir uns geküsst haben, aber es kann auch sein, dass ich mir das in meiner Ohnmacht erträumt habe." 
"Ihr habt was?", Patricia wurde lauter. 
"Psst. Sei leise."
"Ich erzähle es dir später. Sagen wir nach dem Abendessen. Kommst du um halb acht in mein Zimmer?", fragte ich sie. 
"Ja. Machen wir so." 

Ich will dichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt