Chapter 1

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*jetzt*

Die Semesterferien neigten sich ihrem Ende zu. Ich hatte mir überlegt, zusätzlich zu meinen Hauptkursen die beiden Kurse "das lyrische Ich im Wandel der Zeit" und "Römische Dichtkunst" im kommenden Semester zu belegen, um noch zusätzlich  ein bisschen Allgemeinbildung zu erfahren. Mir war durchaus bewusst, dass römische Dichtkunst auch Latein mit einbeziehen würde, doch das machte mir nichts aus und ich war gespannt wie der Kurs aufgebaut sein  würde. Heute Abend hatte ich versprochen, mit Patricia in ein neues Restaurant in unserer Nähe zu gehen. Sie wollte ein Testessen veranstalten für ein Date, das sie hatte. Sie war sich ziemlich sicher, Ihren Traumprinzen gefunden zu haben. Außerdem wollten wir unsere Ferien gebürtig ausklingen lassen.

In der Frage nach meinem Traumprinzen, würde ich da wohl eher nach meiner Prinzessin suchen müssen. Und das konnte noch dauern. Bis jetzt hatte meine längste Beziehung gerade mal ein Jahr gehalten. 

Zumindest wusste ich sicher, dass ich auf Frauen stand. Das war schon mal etwas, denn ich kannte genügend Leute, die sich nicht ganz sicher waren und daher abwechselnd eine Date mit einer Frau und dann wieder mit einem Mann hatten.  Wobei man natürlich auch auf beide stehen konnte. Das wäre mir sogar lieber gewesen, wenn ich wählen hätte können. Ich erinnerte mich an das erste Mal zurück, dass ich etwas für eine Frau verspürt hatte. Das war beim Skifahren gewesen. Manchmal träumte ich noch von ihr. Im Nachhinein ärgerte ich mich, dass ich sie nicht nach ihrer Nummer gefragt hatte. Ungefähr 5 Jahre war dieser Urlaub jetzt her. Wahnsinn, damals war ich einfach neunzehn gewesen. Und jetzt fast schon fünfundzwanzig. 

Ich begab mich in mein Bad und zog mein Makeup hervor. Ich war nicht der Typ für ein Makeup, das den Menschen nicht mehr so zeigte wie er eigentlich aussah. Daher reichten mir mein Puder, meine Mascara, mein Lippenstift und mein Lidschatten auch für einen Restaurantbesuche völlig aus. 
Ich band meine Harre in einen hohen Zopf. Offen trug ich sie eher ungern. Auch wenn ich zu Beginn ein wenig genervt gewesen war von diesem Restaurantbesuch, freute ich mich nun auf ein gutes Essen. 
Gerade als ich meine Wohnung verlassen wollte, klingelte mein Handy. 

"Wo bleibst du, Charlie?"
"Was meinst du? Ich bin gerade auf dem Weg."
"Wir wollten uns doch schon um halb sieben treffen. Jetzt ist es schon fast sieben! Immer kommst du zu spät!"
"Nein", ich warf einen Blick auf die Uhr, "das kann doch nicht sein. Ich habe mich extra beeilt. Mist, tut mir leid." 
"Dann jetzt aber schnell.", schnauzte Patricia ins Telefon. Ich konnte jedoch hören, dass sie amüsiert war.

Schnell sprang ich ins Auto und fuhr bei der einen oder anderen Ampel über rot. Ich wollte nicht riskieren, dass Patricia ernsthaft sauer wurde. 
Glücklicherweise hatte weder mein Navi einen Aussetzer, noch musste ich lange einen Parkplatz suchen. In knappen zehn Minuten hatte ich es durch halb München geschafft. Naja, nicht ganz halb München, aber zumindest zum Restaurant. 

Am Eingang erwartete mich schon eine ungeduldige Patricia.
"Du weist doch, dass es nicht gut ist, mich hungern zu lassen.", sagte sie zur Begrüßung.
"Aber ja doch, deswegen gehen wir ja auch rein.", neckte ich sie. 

Ich war froh, dass wir damals beide nach München zum Studieren gegangen waren. Ursprünglich kamen wir beide aus einem kleineren Städtchen in der Nähe von München und hatten uns erst in der Oberstufe im Gymnasium kennengelernt. Doch seitdem waren wir wirklich gut befreundet und bis auf ein paar Unstimmigkeiten wie meine Pünktlichkeit zum Beispiel verstanden wir uns bestens. 

Innen angekommen, wies uns eine Kellnerin einen Platz zu und legte uns zwei Speisekarten auf den Tisch, auf dem eine Kerze stand. So so, ein Kandle-Light-Dinner hatte sich Tricie wohl ausgesucht. Als ich an den Spitznamen dachte, den ich Patricia vor so langer Zeit verpasst hatte und den sie am Anfang wie die Pest gehasst hatte, musste ich grinsen. Wir waren schon ein wenig verrückt. 

Ich will dichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt