Chapter 7

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Das Frühstück am Sonntag mit Patricia hatte mir zwar gefallen, am Inhalt unseres Gespräches zweifelte ich jedoch noch. Sie hatte eine ziemlich große Bombe platzen lassen.

Nachdem wir uns ein wenig ausgetauscht hatten und ich ihr jedes noch so kleine Detail über Iris und mich erzählt hatte, hatte sie mir eröffnet, dass sie für sich und mich Oper Karten gekauft hätte. Zunächst hatte ich nichts verstanden. Doch dann hatte Patricia mir alles erklärt. Sie verstand sich wohl ganz gut mit Laila, der Jura-Studentin, die sie um einen Gefallen gebeten hatte.
Der Gefallen hatte darin bestanden, herauszufinden, was Iris am kommenden Wochenende machen würde. Patricia hatte anscheinend angegeben, dass eine Freundin von Iris einen Überraschungsbesuch und von diesem Überraschungsbesuch Iris und weil lange nicht gesehen... Ich war nicht ganz mitgekommen, jedoch war das Endergebnis gewesen, dass Laila den Sitzplatz von Iris in der Oper "La Traviata" von Giuseppe Verdi am kommenden Sonntag herausgefunden und Patricia daneben einen Sitzplatz für mich, und für sich eine Reihe weiter rechts, reserviert hatte. 

Ich war noch nicht ganz sicher, was ich von der Aktion halten sollte. Iris war doch nicht blöd. Durch die Fragerei würde sie sicher auf mich kommen und herausfinden, dass Patricia das alles geplant hatte.

Trotzdem war ich wahnsinnig aufgeregt, denn die Gelegenheit, die sich mir bot nutzen, wollte ich natürlich schon. Das Ganze kostete zwar nicht wenig, trotzdem würde ich es zahlen.

Solche Gedanken schwirrten mir durch den Kopf, als ich am Montagabend auf dem Weg zu meinen Eltern war, denn mein Vater wurde heute Siebenundfünfzig Jahre alt. Seitdem ich in München studierte, sah ich meine Eltern nicht mehr allzu häufig, trotzdem war unsere Beziehung nicht schlechter geworden. Natürlich erzählte ich meinen Eltern nicht alles, doch einen groben Überblick über mein Studentenleben hatten sie trotzdem.

Meine Eltern wohnten immer noch in Aying und als ich in die Auffahrt zu unserem Haus einbog, kamen alten Erinnerungen hoch. Jetzt war es doch schon wieder fast ein halbes Jahr her, dass ich sie besucht hatte. Sofort hatte ich ein bisschen ein schlechtes Gewissen.

Als meine Mutter mich erblickt hatte, kam sie aus der Haustür heraus und begrüßte mich.

"Charlotte, wie geht es dir? Bist du gut hergekommen?"
"Gut, danke. Ich war recht schnell. Kein Stau."
Wir umarmten und kurz.
"Komm doch rein. Der Tisch ist schon gedeckt. Wir haben uns ein Menü bei der "Harmonie" bestellt."

Die "Harmonie" war ein Restaurant ganz in unserer Nähe und meine Eltern liebten das Essen. Seit mein Vater nicht mehr in die Öffentlichkeit wollte, bestellten die beiden zu allen Geburtstagen dort das Essen.

Ich trat durch die Tür und hängte meinen Mantel an die Garderobe. Nachdem ich meine Schuhe ausgezogen hatte, folgte ich meiner Mutter zum Esstisch. Mein Vater saß bereits in seinem Rollstuhl am Tisch. Er blickte mich fröhlich an.

"Hallo Papa. Ich wünsche dir alles Gute zu deinem Geburtstag." Ich ging auf ihn zu und umarmte ihn.
"Danke, mein Schatz." Er drückte mich ganz fest.

Vor ungefähr zehn Jahren hatte mein Vater einen plötzlichen Schlaganfall erlitten und war seit dem von der Hüfte abwärts gelähmt. Ich war stolz auf ihn, dass er sich trotzdem noch mit uns freuen konnte und wir ihn glücklich machten. Das einzige Problem an der ganzen Sache war, dass er sich in der Öffentlichkeit unwohl fühlte, was auch der Grund für unser Essen zuhause war.

Ich stellte sein Geschenk auf den Tisch und er betrachtete es neugierig.

"Ich habe doch gesagt, dass du mir kein Geschenk mitbringen musst.", sagte er trotz seines Blickes.
"Ich hatte aber Lust, dir etwas zu schenken. Es ist auch nichts großes."

Ich will dichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt