Kapitel 37 - Wahrheit

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Das Herz in Mailins Brust macht einen Satz, als sich die Wand vor ihr zur Seite schiebt und den Weg in das Gebäude vor ihr freigibt. Nachdem sie die geheime Insel erreicht hatten, stellten sich ihnen einige Monster und komplizierte Rätsel in den Weg. Doch nun, einige Stunden später ist die Wahrheit für sie zum Greifen nahe. Wenn Rhinedottir noch am Leben ist, dann muss sie sich an diesem Ort aufhalten. Das hatte Albedo ihnen anhand der Symbole auf den Wänden bestätigt. Sie kamen ebenfalls in den Aufzeichnungen seines Masters vor.

Das Buch, welches sie einen Tag zuvor in der Ruine fanden, half ihnen sehr bei der Suche des Gebäudes. Es gab jedoch noch eine Reihe von Rätseln, welche in der richtigen Reihenfolge gelöst werden mussten. Ohne Albedos Hilfe wäre ihnen dies sicher nicht gelungen.

,,Worauf wartest du?" fragt der Blondhaarige sie, nachdem er sich von der Vorrichtung für das Öffnen der Tür an ihre Seite begeben hat.

,,Ich... bin nur ein wenig aufgeregt, schätze ich," erwidert die junge Frau ehrlich. Einen Moment später setzt sie jedoch den ersten Fuß in das Gebäude hinein und lässt somit ihr Unbehagen hinter sich. Nun ist nicht die Zeit, um zu zögern. Immerhin hat sie bereits so lange auf diesen Moment gewartet.

Gemeinsam durchqueren sie eine große Halle, dicht gefolgt von Scaramouche, welcher sich seit der Ankunft auf dieser Insel erstaunlich zurückgehalten hat. Der Boden ist von einer dicken Staubschicht überzogen. Es wirkt nicht so, als wäre dieser Raum in den letzten Jahren betreten worden. Möglicherweise ist Rhinedottir doch nicht mehr am Leben oder sie hält sich längst nicht mehr an diesem Ort auf. Mailin schüttelt diesen Gedanken ab, während sie den Raum durchqueren. Am Ende befindet sich eine breite Treppe, die sie in die obere Etage führt.

Tatsächlich stehen dort einige Regale mit mehreren Büchern darin. Eines davon zieht der Alchimist sofort heraus, gefolgt von einer großen Staubwolke, welche die beiden zum Husten bringt. Auch die junge Frau schnappt sich ein Buch, um durch die Seiten zu blättern. Es befinden sich einige Bilder darin, die ihr einen Schauer über den Rücken jagen. Albedo bemerkt ihre Reaktion sofort und betrachtet den Inhalt des Buches in ihren Händen.

,,Das sind Studien über die verschiedenen Phasen für die Herstellung eines künstlichen Menschen," erklärt er ihr trocken, jedoch nicht ohne ein kleines Aufleuchten in den Augen, ,,eindeutig das Werk meines Masters... in diesem Buch hier stehen bloß verschiedene Formeln und Rechnungen, die ohne eine Beschreibung hinein gekritzelt wurden. Die Handschrift ist jedoch zu unordentlich, um ebenfalls von ihr zu stammen."

Mailin nickt und schlägt das Buch wieder zu. Die Bilder darin braucht sie sich wirklich nicht länger anzusehen. ,,Das heißt, sie ist auf jeden fall hier gewesen."

,,Zu irgendeinem Zeitpunkt mit Sicherheit," erwidert der Blondhaarige achselzuckend und zieht ihr das Buch aus den Händen, nur um es noch einmal aufzuschlagen, ,,doch es könnten mehrere Jahre oder sogar Jahrzehnte seitdem vergangen sein."

Die Hoffnung der jungen Frau sinkt ein wenig. Sind diese Bücher, das einzige was sie an diesem Ort hinterlassen hatte? Für Albedo scheint sich die Reise jedoch bereits gelohnt zu haben, denn er wird nun vollkommen von seiner Faszination für die Aufzeichnungen seines Masters eingenommen.

,,Hey, wo ist eigentlich Scaramouche geblieben?" fragt sie ihn daraufhin nachdenklich, als sie sich noch einmal etwas umsieht. Keine Antwort. Er scheint vollkommen in das Buch versunken zu sein. Also beschließt Mailin vorerst alleine weiterzugehen. Wenn sie so darüber nachdenkt, kann sie gar nicht mit Sicherheit sagen, ob der Harbinger überhaupt mit ihnen die Treppe nach oben gegangen war. Nachdem sich der Eingang öffnete, hatte sie solche unrelevanten Dinge vollkommen ausgeblendet.

Die junge Frau durchstöbert weiter die obere Etage auf der Suche nach irgendwelchen Auffälligkeiten. Gegenüber der Ebene mit den Bücherregalen entdeckt sie schließlich eine Tür. Dahinter befindet sich ein weiterer großer Raum mit ein paar Regalen, einem Schreibtisch und... Mailin hält inne, als ihr Blick an dem Schreibtisch hängen bleibt. Sie fühlt sich als würde der Sauerstoff in dem Raum plötzlich rapide abnehmen.

MailinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt