Kapitel 41 - Monster

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Xiao sinkt vor Mailin auf die Knie. In seinen Augen liegt ein friedlicher, nahezu zufriedener Ausdruck. Sein Gesicht und seine Kleidung sind Blut verschmiert, von dem Kampf, den er gegen die Tsaritsa führte. Doch sehr viel verheerender waren die fünf Eisspeere, von denen drei seinen Rücken durchbohren.

,,Xiao... nein..."

Mailin, die ihm auf Augenhöhe gegenüber sitzt, streckt zitternd eine Hand nach ihm aus. Panik, die blanke Angst spiegelt sich in ihren Augen wieder. In ihrer Brust ein Schmerz, der sich nicht durch Worte beschreiben lässt.

,,Wirklich schade. Die Bemühungen deines süßen Beschützers waren vollkommen überflüssig. Hätte er sich nicht in den Weg gestellt, müsste er heute nicht sterben," seufzt die Tsaritsa gespielt niedergeschlagen. Sie hatte sich bereits von Mailins Angriff erholt und beobachtet das Ergebnis ihrer Taten nun mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck.

Die Fingerspitzen der jungen Frau berühren sachte die Wange des Yakshas, als könne sie nicht glauben, dass dieser Moment der Realität entspricht.

Die Tragik dahinter ist niederschmetternd.

Die Eisspeere hätten Mailin nicht getötet. Wahrscheinlich wäre sie so schwer verletzt worden, dass sie das Duell verloren hätte. Doch der Adept, er war ein akzeptabler Verlust, vielleicht sogar ein erfreulicher Sieg für den Kryo Archon. Das Schlimmste an der Sache ist allerdings, dass Mailin die Denkweise des Yakshas kennt. Es spielte für ihn keine Rolle, ob dieser Angriff ihn töten würde oder nicht. Selbst wenn er die Wahrheit gekannt hätte, wäre er vor die junge Frau gesprungen, um sie zu beschützen. Denn das ist es, was er schon immer getan hatte.

,,Es ist in Ordnung," spricht Xiao mit ruhiger Stimme auf sie ein. Er legt vorsichtig seine Hand auf ihre. In seinen goldenen Augen spiegelt sich zum ersten Mal ein Ausdruck von Empathie wieder. Es versetzt Mailins Herz einen tiefen Stich. Dann tut er etwas womit sie nie im Leben gerechnet hätte. Er lächelt. Noch nie zuvor hatte sie sein Lächeln gesehen. Warmherzig. Liebevoll. Keine Spur von Angst oder Trauer liegt darin.

,,Ich zerstöre diesen kleinen herzzerreißenden Augenblick ja wirklich nur ungern," mischt die Tsaritsa sich ein und sieht gelangweilt auf ihre Fingernägel, ,,aber du solltest dich langsam etwas zusammenreißen, Mailin. Sonst wird der Tod deines Freundes umso sinnloser sein."

,,Sei still," zischt Mailin aufgebracht.

In den Augen der jungen Frau bilden sich Tränen der Wut, als der Adept sanft ihre Hand von seiner Wange schiebt. So schnell wie es aufgetaucht war, ist sein Lächeln auch bereits wieder verschwunden. Stattdessen hat er nun Probleme damit weiterhin aufrecht sitzen zu bleiben. Mit beiden Händen stützt er sich mühsam auf dem Boden ab, um nicht vollkommen zusammenzubrechen.

Mailin stemmt sich entschlossen auf ihre Füße. Schmerz und Erschöpfung sind verschwunden. Ihr gesamter Körper wird von ihrer Wut betäubt. Als wäre in ihrem Kopf ein Schalter umgelegt worden, durchströmt sie von diesem Augenblick an ein neuartiger Energieimpuls. Die Wut gab ihr die Kraft wieder aufzustehen, doch das Lächeln des Yakshas ist ihr eigentlicher Antrieb, als die junge Frau sich der Tsaritsa nähert.

Mit jedem ihrer Schritte erhöht sich die Menge an Energie in ihrem Körper. Und als dieser seine Kapazitäten erreicht hat, breitet sie sich über ihre Haut in der Umgebung aus.

Pyro. Hydro. Anemo. Elektro. Dendro. Kryo. Geo.

Alle sieben Elemente treffen aufeinander. Vermischen sich und lassen etwas gänzlich Neues entstehen. Der gesamte Raum wird in gleißend weißes Licht gehüllt.

Mailins unter Tränen stehende Augen, beginnen hell zu leuchten, als sie ihre Waffe zieht. Auch diese besitzt einen hellweißen Schimmer. Die Klinge hat sich ebenfalls verändert. Sie besteht nun aus einem durchsichtigen, kristallartigen Material, das mit schwungvollen Einkerbungen verziert ist.

MailinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt