Verschlafen räkelte ich mich, gähnte herzhaft und wollte mich auf die andere Seite drehen, als mich der Schock traf. "Scheiße!", fluchte ich und schaute mit klopfendem Herzen auf die neben mir schlafende Person. Es war nicht Steve. Es war Barnes, der mit nacktem Oberkörper neben mir lag. "Das kann nicht sein.", flüsterte ich und ob ängstlich die Decke, die über uns ausgebreitet war, an, nur um sie blitzschnell wieder fallen zu lassen. Wie war ich hier gelandet? Auf dem Sofa mit Barnes. Nackt?! Vorsichtig riskierte ich einen Blick auf Bucky, der sich von mir nicht stören ließ, sondern ein zufriedenes Schnarchen von sich gab. Leise und bedacht ihn nicht zu wecken, schlüpfte ich aus seiner Umarmung und tapste splitterfasernackt den Flur in mein Zimmer entlang. Dort angekommen warf ich mir erstmal ein paar Klamotten über und versuchte zu verarbeiten, was mir gerade im Kopf vorging. "Gott, was habe ich nur getan!", rief ich und raufte mir die Haare. Allein der Gedanke an die gestrige Nacht ließ mich erschaudern und leider nicht im schlechten Sinne. Leidenschaft, war das erste was mir einfiel, wenn ich an die letzte Nacht dachte. Aufgebracht tigerte ich in meinem Zimmer umher. Aber auch das half nicht meine Tat ungeschehen zu machen. Ich hatte Steve betrogen. Diese Erkenntnis traf mich wie ein Schlag und ließ mir sämtliche Sicherungen durchbrennen. Kurzerhand streifte ich mir einen dicken Pullover über, zog mir Stiefel an und verließ das Haus, in der Hoffnung, in der Natur Ruhe zu finden. Doch es half nichts. Meine Gedanken verfolgten mich. Ich war erbärmlich, ekelhaft und untreu. Nur ein paar Tage getrennt von meinem Freund hatten gereicht, um mich zu verführen. Ich wusste nicht was mit mir geschehen war. Was hatte mich zu solche einer niederträchtigen Tat gebracht? Verwirrt irrte ich ziellos durch den Wald und machte schließlich an einem umgekippten Baumstamm Halt, auf dem ich mich weinend niederließ. Mittlerweile war es bereits Mittag. Die Sonne stand am höchsten Punkt und schien unweigerlich auf mich hinab. Unter Tränen dachte ich an Steve, der nichts ahnend durch die Weltgeschichte flog. Doch nicht nur Steve schlich sich in meine Gedanken. Auch Bucky, der mir das Leben gerettet und mich dennoch so oft zur Weißglut getrieben hatte erschien vor meinem inneren Auge. Ich wollte ihn nicht sehen, wollte nicht an diese Nacht erinnert werden und doch konnte ich es nicht verhindern. Ich war Schuld. Ich hatte mich hinreißen lassen, alle Warnungen in den Wind geschlagen und war so dumm gewesen diesen Fehler zu begehen. Nichts würde das je ungeschehen machen können. Egal wie sehr ich versuchen würde, dieses Pech abzuschütteln. Es würde immer an mir haften bleiben.
Energische Rufe rissen mich aus meinen trüben Gedanken. Niemand war weit und breit zu sehen. Mit Sicherheit war es Barnes, der von meiner Flucht mitbekommen und sich auf die Suche nach mir gemacht hatte. "Eleanor!", hallte es von zahllosen Bäumen wieder und ich duckte mich blitzschnell ins Dickicht. Ich konnte diesem Mann nicht unter die Augen treten. Nicht nach dieser schicksalshaften Nacht. "Stark, ich kann deine bloße Präsenz spüren!" Seine Stimme kam immer näher und verriet mir, dass er nicht mehr weit von mir entfernt war. Ehe ich mich weiter durchs Dickicht schlagen und mich dort verstecken konnte, erklang eine tiefe Stimme hinter mir. "Du hast Regel Nummer eins gebrochen." Ich erschrak heftig und wirbelte herum. Barnes hatte sich angeschlichen und war hinter meinem Rücken aufgetaucht. Zitternd wich ich vor ihm zurück und stieß dabei mit dem Rücken gegen einen Baumstamm. Endstation. "Was willst du?", herrschte ich ihn an. Als ob du das nicht wüsstest, meckerte die kleine gemeine Stimme in meinem Kopf und rief mir die Bilder von letzter Nacht ins Gedächtnis. "Du kannst nicht einfach so abhauen.", antwortete er ohne auf meine Frage einzugehen. "Sag mir nicht was ich tun soll!", fuhr ich ihn erneut an und erschrak selbst vor meinem schroffen Ton, den ich ihm gegenüber angeschlagen hatte. "Ich erinnere dich nur an unsere Abmachungen.", erklärte er und machte einen Schritt auf mich zu. Sofort raste mein Puls und meine Hände begannen zu zittern. Ich war nicht dumm. Ich wusste was seine Präsenz mit mir anstellte, selbst wenn ich es zu verbergen versuchte. Ich konnte mich selbst nicht länger belügen. "Du zitterst ja.", bemerkte er und zog ohne zu zögern seine Jacke aus, nur um sie mir keine zwei Sekunden später anzubieten. Doch ich schüttelte mit dem Kopf. "Bucky...Bitte nicht." Das letzte was ich jetzt gebrauchen konnte war seine Nähe, auch wenn ich mir nicht mehr sicher war, ob mein Herz nicht doch etwas anderes wollte. Langsam ließ Barnes die Jacke sinken. Es lag eine Spannung zwischen uns, die ich kaum beschreiben konnte. "Eleanor. Ich..." Ich hob die Hand, um ihn zu unterbrechen. "Nicht.", war das Einzige was ich hervorbrachte. Ohne noch etwas zu sagen wollte ich mich umdrehen, doch Bucky hielt mich am Handgelenk fest. "Nein.", sagte er und schaute mir dabei eindringlich in die Augen. Fragend schaute ich ihn an, wagte es jedoch nicht zu sprechen. "Ich will darüber sprechen.", meinte er und mein Herz machte einen Satz. "Ich aber nicht.", gab ich zurück wie ein kleines, trotziges Kind. "Ich werde das nicht so einfach stehen lassen.", sagte er mit Nachdruck. "Bist du deswegen hergekommen? Um deinem ach so schweren Herzen Luft zu machen?", provozierte ich ihn in meiner Nervosität. Für einen Moment glaubte ich Verletzlichkeit in seinen Augen zu sehen. "Ich bin hier, weil ich mir Sorgen gemacht habe Eleanor." Ich stieß ein verächtliches Schnauben aus. "Hör auf damit." Ich schaute ihm geradewegs in die Augen. "Womit?", hakte er nach und dachte nicht daran mein Handgelenk loszulassen, als würde er erwarten, dass ich jeden Moment losrennen würde. "So zu tun als würde ich dir etwas bedeuten. Egal wie sehr du versuchst ein besserer Mensch zu werden, es wird nicht funktionieren.", sprach ich meine Gedanken aus und bereute es sofort, als ich ihm wieder in die Augen sah. Jetzt erkannte ich es deutlich. Schmerz. Tiefer, unnachgiebiger Schmerz, der sich bis in seine Seele hinein gebrannt hatte. Als hätte er sich verbrannt, ließ er meine Hand los. Dieses Mal war ich zu weit gegangen und das nur, weil ich ihn so verletzten wollte, wie ich mich gerade fühlte.

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Desire - Bucky Barnes
FanfictionMan könnte Eleanor als eine weibliche Kopie ihres Vaters bezeichnen. Genau wie Tony Stark ist sie sarkastisch, ehrgeizig und einfach nicht kleinzukriegen. Allerdings stößt auch die taffe Elle an ihre Grenzen als sie auf den unnahbaren und kämpferisc...