Kapitel 46 - Entscheidung

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"Lass es mich erklären. Elle, bitte.", flehte er mich an und suchte meinen Blick, doch ich wich ihm aus und zog ihn wieder auf die Beine. "Einen Scheiß wirst du.", spuckte ich regelrecht aus und ging in Kampfposition. "Ich werde nicht mit dir kämpfen.", sagte er tonlos und schaute mir dabei tief in die Augen. "Dann machst du es mir umso leichter.", antwortete ich und verpasste ihm keine Sekunde später einen gewaltigen Tritt, der ihn taumeln ließ. Erneut trat ich ihn und wieder regte er sich nicht. Als ich ihm eine Ohrfeige verpasste war ich sicher, dass er sich endlich zur Wehr setzen würde, doch es tat sich nichts. Ich wollte nichts weiter als einen Kampf mit ihm, ihm zeigen wie sehr er mich verletzt hatte und ihn leiden sehen. "Jetzt wehr dich endlich verdammt nochmal!", brüllte ich ihn an und schlug auf seine harte Brust. "Nein.", keuchte er und ließ sich von mir an die Wand drängen. Ich blendete alles aus. Meinen Vater und Steve, die sich vermutlich ein paar Meter weiter zerfleischten, Zemo, der sich vermutlich gerade die Hände rieb, weil er das erreicht hatte, was er immer wollte und meine Gefühle, die mich nun doch übermannten. Getrieben von Wut und Verzweiflung stieß ich Barnes an die Wand und stellte mich vor ihn. Ich schaute ihm direkt in die Augen als ich ihn die Taschen meines Anzugs griff und ein Messer herausholte, welches ich ihm an die Kehle hielt. "Gib mir nur einen Grund es nicht hier und jetzt zu beenden.", flüsterte ich kalt und drückte das Messer enger an seinen Hals. Ich konnte spüren wie sein Puls ins unermessliche stieg. Die Haare klebten ihm schweißnass an der Stirn, die Augen hilflos und...voller Verzweiflung. "Du bist nicht wie ich.", presste er zwischen zwei heftigen Atemzügen hervor. "Du bist keine Mörderin Eleanor.", fügte er röchelnd hinzu. Erneut verfestigte ich meinen Griff um das Messer und versuchte seine Wort nicht an mich herankommen zu lassen. "Du hast alles zerstört James. Alles, was jemals zwischen uns war. Alles, was mir etwas bedeutet hat.", schrie ich wütend und konnte nicht verhindern, dass mir eine Träne die Wange hinunterlief. "Ich habe Scheiße gebaut.", stieß er hervor. Mit einem "Tze" wendete ich mich von ihm ab und drehte mich um. Ich stand nun mit dem Rücken zu ihm. "Und das tut mir leid. Sehr...", begann er, doch ich unterbrach ich. Mit einem Ruck hielt ich ihm das Messer vor die Nase. "Du hast Scheiße gebaut? So nennst du das, was du getan hast?!" Ich versuchte meine Emotionen zu kontrollieren, doch es gelang mir nicht. "Du hast meine Mutter sterben lassen. ALLEIN! Du hast sie umgebracht! Du, nur du!", brüllte ich verzweifelt. "Wenn du ihr geholfen hättest, wäre sie vielleicht noch am Leben. Du hast mir alles genommen. Meine Familie, meinen Freund und...mein Herz.", flüsterte ich und ließ es zu, dass meine Trauer Überhand gewann. Bucky antwortete nicht. Er schaute mir nur stumm in die Augen, als würde er hoffen in ihnen eine Lösung zu finden. "Warst du nur so nett zu mir, weil du ein schlechtes Gewissen hattest? Weil du deine Taten wiedergutmachen wolltest?", fragte ich ihn und konnte nicht verhindern, dass mir die pure Angst in den Nacken kroch. Ich erschrak als Bucky nach meiner Hand griff, dennoch ließ ich diese Form von Annäherung zu. "Das hat nichts damit zu tun, was ich für dich empfinde.", sagte er und ich wusste, dass er es ernst meinte. Dennoch konnte ich ihm in diesem Augenblick nicht in die Augen sehen. "Weißt du noch, als wir über mich und meine Vergangenheit gesprochen haben?", fragte er und eine Erinnerung schlich sich vor mein inneres Auge. "Du hast gesagt, dass ich nichts für mein Handeln könnte.", rief er mir meine eigenen Worte in Erinnerung und mein Herz begann erneut höher zu schlagen. Ich sagte nichts, sondern hörte ihm weiter zu. "Ich würde das niemals so von mir behaupten, aber du sollst wissen, dass es mir unendlich leid tut, was damals geschehen ist. Wenn es irgendeine Möglichkeit geben würde es rückgängig zu machen. Ich würde es tun, koste es was es wolle.", sprach er weiter. "Was für eine Idiotin wäre ich, wenn ich dir glauben würde?", sagte ich und schüttelte verzweifelt mit dem Kopf. Ein tiefer Stachel steckte in meinem Herzen. Entweder ich würde ihn gewaltsam rausreißen, oder mit ihm leben. "Ich erwarte nicht, dass du mir verzeihst. Ich will nur, dass du weißt, das ich es bereue und zwar aus tiefstem Herzen.", antwortete er und legte eine Hand an meine Wange. Als er mich berührte war es, als würde mich ein Blitz treffen. Bilder, die mir unsere gemeinsame Zeit wieder ins Gedächtnis riefen, schossen mir in den Kopf. Seine warmen Hände auf meinem Körper, seine Lippen, überall und letztlich endlich auf den meinen. Ich rückte ohne es zu merken ein Stück näher an ihn heran. "Es tut so verdammt weh James.", sagte ich leise und erneut flossen Tränen, die er mir mit einer sanften Handbewegung wegwischte. "Wieso habe ich es zugelassen, dass du mir so viel bedeutest?", fragte ich und schaffte es endlich ihm in die Augen zu sehen. "Ich weiß es nicht.", antwortete er und streifte mit dem Daumen hauchzart über meine Wange. "Das alles hier ändert nichts daran, dass ich dich liebe Eleanor.", flüsterte er. Ich spürte seine Hand an meiner Taille, den verlangenden Blick, der sich in seinen Augen widerspiegelte und sein Herz, das unwiderruflich im selben Takt wie meines schlug. Ich verlor sämtliche Kontrolle über meinen Körper, atmete schwer und versuchte mich mit aller Macht meinen Gefühlen zu widersetzen, doch es gelang mir nicht. "James.", hauchte ich und bemerkte wie sich sein Gesicht, dem meinen immer weiter näherte. "Ich liebe dich Eleanor Stark." Im nächsten Moment lagen James Lippen auf meinen. Erst wollte ich mich wehren, um Hilfe schreien und mich ihm widersetzen, doch dann löste er sich von mir und ich schaute ihm direkt in die Augen. Plötzlich verlor ich jegliche Vernunft und zog ihn erneut zu mir heran. Ich wollte ihn. Wollte seine weichen Lippen auf den meinen spüren. Ich vermisste ihn, seine Nähe. Einfach alles an ihm. Er vergrub seine Hände in meinen Haaren und presste sich an mich. Kein Blatt Papier hätte mehr zwischen uns gepasst. Er küsste mich mit überwältigender Zärtlichkeit. Seine Lippen waren weich und entfachten ein Feuerwerk in meinem Inneren. Noch nie hatte ich so empfunden wie jetzt. Seine kräftigen Arme schlangen sich um meine Taille und unser Kuss wurde immer inniger. Die ganzen Gefühle, die ich so lange zurück gehalten hatte, drohten mich vollkommen zu überwältigen. Doch dann kehrte meine Vernunft zurück. Ich taumelte zurück und versuchte meine Gedanken zu ordnen. "Ich kann das nicht James. Ich kann nicht noch einmal so verletzt werden.", hauchte ich, nahm die Beine in die Hand und rannte. Barnes folgte mir.

Als ich Tony und Steve in der Haupthalle nicht fand, hetzte ich weiter, während Bucky mir dicht auf den Fersen war. In einem Gang, der nach draußen mündete, blieb ich stehen. Das Herz pochte mir bis zum Hals. Mein Vater lag am Boden, der Anzug zerstört und sein Gesicht blutverschmiert. Neben ihm Steve, der sein Schild in den Händen hielt. "Wir müssen gehen.", sagte er an Barnes gewandt und schaute mich eindringlich an. "Steve, das kannst du nicht von mir verlangen.", stieß ich hervor. "Wir brauchen dich Eleanor. Du musst dich entscheiden.", stellte er mich vor die Wahl und in dieser Sekunde schwor ich allem ab, was mich mit ihm verband. Tief in meinem Inneren wusste ich, Steve ahnte bereits was zwischen mir und Barnes vorgefallen war und er suchte nur nach einer Möglichkeit, mich an ihn zu binden. Ich warf Bucky einen verzweifelten Blick zu. Meine Gefühle fuhren Achterbahn. Doch ich hatte den Willen und die Größe, um mich zu entscheiden.

Desire - Bucky BarnesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt