Kapitel 40 - Keine Wiedersehensfreude

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"Was zum Teufel?!", stieß ich atemlos hervor und versuchte mein klopfendes Herz unter Kontrolle zu bringen. Steve fuhr sich durch die verwuschelten Haare und warf mir einen skeptischen Blick zu. "Das ist nicht gerade die Wiedersehensfreude, die ich erwartet hatte." Panik stieg in mir auf. Es war zu viel auf einmal. Steves Auftauchen, Buckys Arm, der immer noch fest um meine Taille geschlungen war, meine Gefühle, die ohne das ich es verhindern konnte, Achterbahn fuhren. Für eine Sekunde lang war ich versucht das auszusprechen, was ich in diesem Moment so schmerzvoll fühlte, doch dann wurde mir schwarz vor Augen.

Nur schemenhaft konnte ich die Umrissen, die sich vor meinem schwachen Augenlicht widerspiegelten erkennen. Erst als zwei mir wohl bekannte Stimmen vernahm, schaffte ich es die Augen zu öffnen und ein wenig Klarheit ins Dunkle zu bringen. Meine Hoffnung einen ziemlich wirren Traum gehabt zu haben, wurde in dem Augenblick zerschlagen als ich in Steves Gesicht blickte. So lange hatte ich ihm nicht mehr in die Augen sehen können und anstatt ihm jetzt um den Hals zu fallen, wünschte ich ihn in diesem Augenblick weit weg von hier...und ich hasste mich dafür. "Hier." Bucky hielt mir ein Glas Wasser entgegen. Ich schaffte es nicht einmal ihm in die Augen zu schauen, so sehr haderte ich mit mir. "Geht es dir besser?" Steve streifte mir behutsam über die Wange. Erschrocken zuckte ich zurück und stieß mit dem Rücken gegen Buckys Brust, was mich wiederum nach vorne herumfahre ließ. Keine Worte würden diese Enge in der ich mich gerade gefangen fühlte beschreiben können. Es war als wäre ich in einem Käfig und meinen beiden Widersachern schutzlos ausgeliefert. Dabei waren es die Menschen, die mir am Meisten am Herzen lagen. Doch genau diese Menschen konnten mir auch am Meisten weh tun. "Sie steht unter Schock Steve.", bemerkte James, doch ich konnte den Unterton in seiner Stimme nur allzu gut hören. Steve würde es vielleicht nicht auffallen, doch ich wusste genau was Bucky in diesem Moment bezwecken wollte. Er versuchte mich zu schützen und dafür war ich ihm mehr als dankbar. "Wie kommst du überhaupt hierher?", machte ich meinen Gedanken Luft und schaute Steve direkt in die Augen. "Erst bin ich wochenlang durch die Gegend geirrt, in der Hoffnung ich würde alleine etwas unternehmen können, doch vergebens. Also wartete ich... Dann ist mir wieder eingefallen, wo du beinahe deine gesamte Kindheit verbracht hast.", begann er. "Du hättest also früher hier sein können?", unterbrach ich ihn und konnte dabei nicht verhindern, dass meine Stimme etwas vorwurfsvolles in sich hatte. "Das klingt wie ein Vorwurf Elle." Ich straffte die Schultern und konzentrierte mich darauf nichts falsches zu sagen, doch Steve bemerkte meine Emotion. "Elle, du musst mir glauben. Es verging kein Tag an dem ich nicht an dich gedacht habe.", beteuerte er. "Darum bist du auch erst jetzt hier aufgetaucht Steve." Ich stieß ein verächtliches Schnauben aus. Ich wusste nicht woher meine Wut kam und es war mir auch egal. Bucky, der bisher die ganze Zeit schweigend zwischen uns hin und her geschaut hatte, versteifte sich urplötzlich. "Ich bin mir sicher Elle.. Eleanor hat es nicht so gemeint.", startete er einen Versuch die Situation zu beschwichtigen. Trotzig senkte ich den Blick und ahnte schon, dass ich es doch ganz genauso gemeint hatte, wie ich es gesagt hatte. Steve stand auf und tigerte durch den Raum. "Wie hast du dir das überhaupt vorgestellt?", erhob ich erneut die Stimme und ignorierte angespannt Buckys Hand, die sich beruhigend auf meinen unteren Rücken gelegt hatte. "Du tauchst hier auf und erwartest eine Willkommensparty? Steve, wir haben uns für dich den Arsch aufgerissen. Mein Vater hasst mich. Wir leben hier seit Wochen am Existenzminimum und du? Platzt hier rein und..." Machst alles kaputt, wollte ich noch hinterherschieben, verkniff es mir jedoch. "Es tut mir leid, dass ich euch im Stich gelassen habe.", sagte er und kam näher. Sofort wurde meine Atmung schneller und nur mit Mühe schaffte ich es sie zu kontrollieren als der Avenger nach meiner Hand griff. "Ich habe euch das eingebrockt und ich werde es wiedergutmachen.", fügte er hinzu. Ich hatte Steves Selbstlosigkeit immer bewundert, doch in diesem Moment verwünschte ich ihn dafür. Er würde es mir viel leichter machen die letzten Wochen mit Barnes zu verteidigen, wenn er ein Arschloch sein würde, doch das war er nie und er würde es auch jetzt nicht sein. "Wie sieht dein Plan aus Cap?", hörte ich Bucky hinter mir sagen. Aufgebraucht fuhr ich zu ihm herum. "Es wird keinen Plan geben Buck...Barnes! Was sollen wir jetzt noch tun? Tony wartet nur auf eine kleine Regung von uns und wird dafür sorgen, dass wir nie wieder Tageslicht sehen." Diese Zukunftsaussicht war zwar etwas zu dramatisch, doch ich hatte genug davon ständig kämpfen zu müssen. Es war mir alles zu viel. "Mit Unterstützung können wir es schaffen und diesen Krieg endlich beenden.", hielt Steve dagegen. Ich schüttelte verächtlich mit dem Kopf. "Den Krieg, den du angezettelt hast meinst du?" Ich wusste es war unfair diese Karte auszuspielen, da ich Cap in seinen Ansichten immer befeuert hatte, da er eben in vielen Dingen recht hatte. Ihm jetzt so in den Rücken zu fallen war gemein und illoyal. Und doch konnte ich nicht anders. Steve senkte den Kopf, doch ich war noch nicht fertig. "Und zum Thema Unterstützung...Wir haben keine mehr. Ich warte seit Wochen auf ein Lebenszeichen der anderen. Clint, Wanda, Sam, Scott...Wir wissen nicht einmal was mit ihnen passiert ist.", regte ich mich auf und merkte wie meine angestaute Wut langsam entwich. "Steve?" Bucky bemerkte den Gesichtsausdruck seines Freundes und auch ich war schlau genug eins und eins zusammenzuzählen. "Du weißt, was mit ihnen geschehen ist. Raus damit.", forderte ich ihn bedrohlich auf. Wieder spürte ich Buckys Hand in meinem Rücken, die mich dazu zwang ein wenig runterzufahren. "Sie sind bei Tony.", stieß Cap leise hervor. Ich zog skeptische eine Augenbraue nach oben. "Was soll das heißen "sie sind bei Tony"?", hakte ich nach. "Steve.", drohte ich mit Nachdruck als er nicht antwortete. Auch Barnes wurde unruhig und schaute auffordernd in die Richtung seines alten Freundes. "Tony hat sie verhaftet und in ein Hochsicherheitsgefängnis gebracht.", murmelte er und senkte erneut den Kopf. Im ersten Moment glaubte ich mich verhört zu haben, doch dann explodierte etwas in mir. "Also gut, mir reichts. Macht was ihr wollt. Meinetwegen haut nach Sibirien ab oder legt noch heute Abend das ganze Land in Schutt und Asche, aber nicht mit mir." Mit diesen Worten drehte mich um und verließ das Wohnzimmer.

Keine zehn Minuten später klopfte es an meine Zimmertür.

Desire - Bucky BarnesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt