chapter 21

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Prophezeiungen können das herrschende Machtgefüge durcheinanderbringen. Insbesondere die drei Waffen können alles verändern. Wer immer sie besitzt, ob Himmel oder Hölle, verursacht ein Ungleichgewicht. Das Eintreten dieser mächtigen Insignien wird durch verschiedene Omen gekennzeichnet. – Vios Aufzeichnungen, Seite 167

Nachdem die drei eingeschlafen waren, schlich ich mich vorsichtig aus dem Zimmer. Ich zog die Tür hinter mir zu und blieb stehen. Ale hatte mir vorhin gesagt, dass zwei Wochen vergangen waren. Ich war seit zwei Wochen hier und verließ dieses Zimmer das erste Mal auf dem normalen Weg.

Der Flur war lang und gehörte eindeutig zu einem Herrenhaus. Die Decke war mit zierlichen Ornamenten besetzt, einige Kunstwerke hingen an den Wänden und am Ende des Flurs war eine Leseecke mit zwei samtgrünen Sesseln und einigen Pflanzen eingerichtet. Die Türen, an denen ich vorbeiging, waren allesamt geschlossen. Als sich eine öffnete, zuckte ich ertappt zusammen.

„Hey." Die Person trug einen schwarzen Kapuzenpullover und nickte mir im Vorbeigehen kurz zu. Von meinem Herumschleichen anscheinend nicht weiter irritiert, entfernte sie sich über die Treppe nach unten. Ich war immer noch wie erstarrt, als aus dem Zimmer ein grünhaariges Mädchen herausguckte und meinen Blick leicht überrascht erwiderte.

„Du musst Vio sein!", begrüßte sie mich. „Ich bin Quinn."
Ich nickte. „Weißt du, wo ich Varaine finde?"
„Meistens ist er oben. Sie deutete auf eine Wendeltreppe, die ich bisher nicht gesehen hatte, weil sie im Vergleich mit der imposanten Steintreppe, die nach unten führte, sehr unauffällig war.
„Oke, danke."

„Bis dann", verabschiedete sich Quinn von mir. Mein Blick fiel auf den Wasserspeier, der passenderweise in die Richtung sah, in die ich wollte. Das Geländer fühlte sich warm an unter meinen Fingern und während ich meine Atemzüge zählte und mich versuchte mental auf das vorzubereiten, was vor mir lag, schwand meine Entschlossenheit, so schnell wie sie gekommen war. Das war eine schlechte Idee. Eine richtig schlechte. Und dennoch die einzige Möglichkeit, die ich hatte.

„Wir haben ein Problem."
„Das ist die Untertreibung des Jahrtausends."
„Wir stehen kurz vor einer höllischen, übernatürlichen Revolution. Einer Machtübernahme mit unvorstellbaren Folgen."

Ale, Cael und Azael sahen schlimm aus. Die Ringe unter ihren Augen waren violett und angeschwollen, als hätten sie sich gegenseitig eine reingehauen. Ale hatte auf ihren üblichen Lidstrich verzichtet, Azaels hellblonde Haare sahen matt und glanzlos aus und Caels Miene war derart betrübt, dass ich den Blick abwenden musste.

Die herrschende Stimmung war schmerzhaft hoffnungslos. Wir saßen in Varaines gläsernem Anbau. Und obwohl die Mai Sonne über uns schien, weiße Wölkchen über den hellblauen Himmel zogen und wir mit Getränken und Snacks versorgt waren, war die Stimmung kritisch.

Ale und Azael waren in der Nacht in der Hölle gewesen und mit beunruhigenden Nachrichten zurückgekommen. „Ohne Unterstützung können wir Ramiels Thron nicht halten. Und er wird nicht in naher Zukunft gefährdet und gestürzt werden, sondern bald. Es kann sich nur noch um Tage handeln."

„Die einzige gute Nachricht ist," Azael wandte sich an mich, „dass der Inquisitor dich als eigenständige Dämonin legitimiert hat. Niemand darf mehr Anspruch auf dich erheben." Ich lächelte knapp, während kurz Erleichterung aufwallte.

„Ohne Verbündete schaffen wir es nicht. Die Elite fällt weg. Alicia und Olivia sind unauffindbar und der kümmerliche Rest noch nicht wieder neuformiert. Selbst wenn sie uns unterstützen wollten, würden ihnen die nötigen Mittel fehlen. Die Hohe Garde fällt auch weg. Aus naheliegenden Gründen. Es bleiben nur noch andere Häuser." Ale seufzte. „Dem Haus Zorn am wenigsten feindlich gesinnt, ist Balthazar. Er verbringt kaum Zeit im Goldenen Palast und auch sein Haus bleibt größtenteils für sich. Sein Reich ist im fünften Höllenkreis angeordnet."

Throne of BloodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt