chapter 38

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Azaels Bett war blutgetränkt. Er lag auf dem Bauch und war nicht bei Bewusstsein. Um ihn herum versorgten zwei Heilerinnen seine klaffenden Wunden. Ich suchte mir einen Weg um die beiden und ihre Helfer herum und nahm seine Hand. Das Blut floss noch immer und sie schafften es nicht die Blutung zu stoppen. Azaels Atem ging flach. Er war blass und sein Haar wirkte farblos. Sein Rücken war aufgerissen, sah aus wie ein Schlachtfeld. Ich konnte nicht zwischen heiler und verletzter Haut unterscheiden, weil es einfach eine einzige riesige Wunde war.

„Es ist gut, dass er nicht bei Bewusstsein ist." Die Heilerin sah nicht von ihrer Arbeit hoch. „Wir haben bereits mehrmals versucht die Wunde zu nähen, sie mit Magie zu heilen oder die Blutung mit einem Verband zu stoppen." Sie blieb konzentriert und setzte die Nadel erneut an. „Das ist der breiteste Faden, den wir haben. Wenn es damit nicht geht..."

Die ältere Heilerin ließ ihre Hände eine Handbreit über den Händen ihrer Kollegin schweben und unterstützte die Naht mit ihrer Magie. „Die Entfernung von Hörnern oder Schwingen endet in neun von zehn Fällen für Dämonen tödlich. Dass er jetzt noch atmet, ist allerdings ein gutes Zeichen." Schweiß bildet sich auf ihrer Haut und ihr Helfer wischte ihn vorsichtig beiseite. Der andere Helfer wischte das immer weiter fließende Blut beiseite. Ich flüsterte Azael beruhigende Worte zu. Der erste Hautlappen war zur Hälfte wieder angenäht, als die Nadel in den Händen der jungen Heilerin zu zittern begann. Auch die andere Heilerin hatte sichtlich mit Anstrengungen zu kämpfen.

„Was ist los?", fragte ich.
„Seine Magie. Sie wehrt sich. Kämpft gegen uns", presste sie hervor. „Sie kann nicht mehr unterscheiden, ob wir ihr helfen wollen oder nicht. Durch das Entfernen der Schwingen ist sie aus dem Gleichgewicht geraten."

Wieder begann ich Azael gut zuzureden und versuchte mit meiner Magie seine zu beruhigen. Aber es funktionierte nicht. Seine Magie erkannte mich nicht. Sie war wie ein panisches Tier im Überlebensmodus. Auch bei mir brach wieder Panik aus. Hitze sammelte sich auf meiner Stirn.

„Viona." Varaine hatte das Gemach betreten. Nakir hatte es geschafft. Nach einem Blick auf Azael, klappte er sein ledernes Mäppchen auf, in dem er seine Tränke transportierte. Die Heilerinnen musterten den dunkelhaarigen Hexer und Quinn, die bei ihm war. Nicht unbedingt feindselig, aber doch etwas misstrauisch.

„Ihr habt euch völlig verausgabt. Aber haltet noch kurz durch." Varaine reichte Quinn eine gläserne Phiole. „Das wird euch helfen, die Nähte zu beenden." Mit der Pipette gab Quinn den beiden Heilerinnen ein paar Tropfen aus der Phiole dessen Inhalt bläulich schimmerte. Sie nahmen es widerwillig. Varaine begann währenddessen eine Paste anzurühren. Die Atmung der beiden Heilerinnen normalisierte sich augenblicklich und das Zittern ihrer Hände nahm ab. Einen kurzen Moment fragte ich mich, wie Hexen und Dämonen sich generell verstanden und wie oft man sie wohl in einem Zimmer zusammen vorfand. Varaine trug die fertige Paste auf die Naht auf und verteilte sie gleichmäßig. Wie Wachs schmiegte sie sich auf die Wunde und versiegelte sie. Die beiden Heilerinnen atmeten auf.

„Wir kriegen das hin, Vio." Varaine sah kurz zu mir hoch und bei seinem Blick erstarrte ich. „Du musst in den Thronsaal. Sie haben Ale gefunden." Er fing meinen hilflosen Blick auf. „Du weißt, was zu tun ist. Hör auf deinen Instinkt." Ich war kurz davor in hysterisches Lachen auszubrechen. Eine von den beiden Wunden war geschlossen, aber ob Azael überleben würde, blieb dennoch unklar. Mein Sicherheitsnetz, meine Vertrauenspersonen waren weg. Ich war auf mich allein gestellt. Und ich hatte keinen Plan. Ich hatte überhaupt keinen Durchblick. Woher sollte ich wissen, was zu tun war?

Nakir trat ins Zimmer. Ihr Blick war mörderisch. Voller Zorn und Hass. Das war es. Die Wut, die ich zurückgedrängt hatte, um für Azael da sein zu können, überschwemmte mich wie eine meterhohe Welle. Ich ließ sie durch, ließ sie durch mein Blut fließen, ließ sie meine Magie durchdringen.

Throne of BloodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt