chapter 23

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„Ein Engel ist gestern Nacht nicht von seiner Mission zurückgekehrt."
„Jemand soll hingerichtet werden."
„Es ist bestätigt, der Dolch wurde aus der Hölle gestohlen. Niemand kann es sich erklären." Während Ale, Azael und Cael durcheinanderredeten, wechselten Varaine und ich einen Blick.

„Es gilt höchste Alarmbereitschaft. Wir können nicht ausschließen, dass die Engel sich an der Unterwelt rächen. Sie patrouillieren in Zweierteams. Wir dürfen ihnen nicht zu nahekommen. Schließlich könnte das Amulett im Besitz der Engel sein und wer den Dolch hat wissen wir auch nicht." Ale fluchte lautstark.

Die Stimmung war angespannt und ich auch. Schon beim Frühstück mit meinen Besties war ich müde und gereizt gewesen und hatte aufpassen müssen, was ich sagte. Ich fühlte mich ruhelos, unzufrieden, machtlos und das ging den anderen auch so. Vor Allem mit den Nachrichten, die Ale und gerade überbrachte.
„Wir dürfen kein Risiko eingehen", bestätigte Azael und warf mir einen prüfenden Blick zu. Ich nickte zustimmend.

„Wir sollten zurück in die Hölle gehen", schlug Cael vor. Salem, der schwarze Kater, der sich von Varaine hatte streicheln lasse, sprang miauend vom Schoß des Hexenmeisters.
„Wir sind hier sicher." Azaels Blick folgte dem Kater, der seine Tatze gegen die Wand drückte. Daraufhin löste sich ein katzenklappengroßes Törchen, durch das er verschwand. Ich hielt staunend inne, doch die anderen schienen gänzlich unberührt von diesem magischen Mechanismus.

Cael tauschte einen Blick mit Azael. Die beiden schienen eine Diskussion zu führen. Nach einem Moment wandte sich Cael unzufrieden ab. „Die Hölle ist für uns der sicherste Ort."
Azaels Blick huschte über mich und erweckte in mir den Eindruck, dass es in ihrer Diskussion irgendwie um mich ging.
„Du weißt, dass er dich dafür umbringen würde, oder?" Mein Kopf ruckte zurück zu Cael, der Azael mit seinem Blick erdolchte.

„Jungs," Ale wollte die beiden beschwichtigen, doch ihr Bruder unterbrach sie.
„Du weißt, dass ich alles für ihn tun würde. Er ist nicht nur mein Bruder, er ist auch mein Fürst, mein Prinz." Azael vibrierte vor Wut. Funken tanzten um seine Finger und mein Blick schoss zu Varaine, um zu sehen, ob er zurückwich, doch stattdessen musterte er Azael interessiert.

„Und dennoch tust du nicht das, was er wollen würde. Du weißt genau, dass er wollen würde, dass wir sie in Sicherheit bringen, oder?" Cael war aufgestanden und baute sich vor Azael auf. Er war angespannt, der Muskel an seinem Kiefer zuckte und seine Hände waren zu Fäusten geballt.

„Ähh, redet ihr von mir?" Ich versuchte die Aufmerksamkeit von einem der beiden auf mich zu richten. Ich hatte sie noch nie so gesehen. Ich hatte noch nie gehört, dass sie so miteinander sprachen. Und ich fürchtete mich davor, was das mit ihnen anrichten würde. Ale sah ebenso besorgt aus. Sie hatte nach Azaels Arm gegriffen. Unbeeindruckt von den leuchtenden weißen Blitzen, die dabei auf ihre Haut prallten und verglühten.

Azael und Cael waren gleich groß. Beide waren beeindruckend muskulös, Cael noch etwas breiter gebaut und die Wut in ihrem Blick war angsteinflößend. Azaels weißblonde Haare und seine helle Haut standen im krassen Kontrast zu Caels dunklem Haar und seiner dunklen Haut. Mein Blick wanderte über die nahezu identische Kampfmontur der beiden und über Ramiels Siegelringe an ihren Fingern.

„Weißt du, dass ich es weiß?" Azael hob spöttisch eine Augenbraue. „Dass ich das mit Ramiel weiß und das mit Vio?"
Cael stürzte sich auf ihn und Ale ging mit Azael zu Boden. Ich war wie erstarrt und auch Varaine sah aus, als könnte er nicht fassen, was er da sah. Instinktiv griff ich nach meinen goldenen Fäden und flocht einen um Azael und den anderen um Cael. Sie wehrten sich gegen meinen Griff, doch ich hielt sie fest.

Ale rappelte sich auf und sah fassungslos zwischen ihren Brüdern hin und her. Sie taxierten sich mit Blicken, die man nur als feindselig einstufen konnte. Das war... Das war so falsch.
„Ale." Ich nahm ihre zitternde Hand in meine und drückte sie. Tränen standen in ihren Augen, die sie entschlossen wegblinzelte.

„Ihr seid unmöglich", brüllte sie über die Beleidigungen hinweg, die Azael und Cael sich an den Kopf warfen. „Ich kann nicht fassen, dass ihr euch gegenseitig fertig macht! Bevor ihr euch nicht wieder beruhigt, will ich keinen von euch beiden sehen." Azael streckte eine Hand nach seiner Schwester aus, doch sie schlug sie wütend weg.

Perplex sah ich mit an, wie Ale sich direkt vor unseren Augen auflöste, in die Hölle teleportierte und mich mit den beiden zurückließ. Ich fluchte und tippte eine Nachricht, dass sie zurückkommen sollte. Was soll ich denn mit den beiden machen?

Varaine war neben mich getreten. Er ließ die beiden Dämonen nicht aus den Augen. „Vielleicht gehst du mit Cael..."
Azaels hämisches Lachen unterbrach ihn. „Das würde ihm so passen", spie er verächtlich aus. Neben mir wurde die Luft wärmer und kleine Magiestöße zuckten durch die Luft. Ein Zeichen dafür, dass sich jemand neben mich teleportierte. Ich drehte mich um, während sich die Person materialisierte.

Ein Brüllen ertönte hinter mir und Cael hatte sich aus meinen Fesseln gelöst und auf Azael gestürzt. Ich tastete erneut nach meiner Magie und versuchte die fliegenden Fäuste festzuhalten, doch sie waren zu stark und entwanden sich meinen Fäden.

„Ich hatte es befürchtet." Neben mir stand nicht Ale, sondern Nakir. Aus dem Augenwinkel sah ich, dass Varaine versuchte seine Magie zu wirken. Azael verpasste Cael gerade einen heftigen Kinnhaken und Cael zahlte es ihm mit einem Schlag zurück, der seinen Kopf auf den Boden donnern ließ. Im nächsten Moment warf Azael Cael auf den Tisch, der sofort zerbrach und prügelte auf ihn ein, Funken flogen und das senfgelbe Sofa stand plötzlich in Flammen.

Das war meine Schuld. Das alles hatte mit der Diskussion über die Engel begonnen, die ich verschuldet hatte. Das Feuer brannte höher, Cael brüllte vor Schmerz und Wut. Azaels Augen begannen so weiß zu leuchten wie seine Blitze.
„Hört auf!" Das Knistern des Feuers war lauter als meine Stimme. Azaels Blitze griffen Cael an und versenkten seine Haut. Caels Gesicht verzerrte sich, als er die größeren abschmetterte und auf Azael zurückwarf.

Meine Schuld. Das hier war meine Schuld. Das Dröhnen in meinem Kopf wurde lauter. Es wurde heißer und das Sofa brannte jetzt lichterloh. Varaine war dabei es zu kontrollieren und einzudämmen, aber die Temperatur stieg weiter.
Nakir redete eindringlich auf mich ein und ich wandte mich ihr zu. „Deine Schuld. Das hier ist deine Schuld." Ihre Stimme klang verzerrt, anklagend.

Ich presste mir die Hände auf die Ohren und spürte kaum, wie meine Beine nachgaben. „Aufhören." Meine Stimme klang schwach. Hilflos.
„Weil du schwach bist", hörte ich jemanden flüstern.
Splitter bohrten sich in meine Knie. Ich presste die Augen zu, doch das Bild des Chaos blieb.
„Versagerin."
„Sie werden alle wegen dir sterben."

Die Wut war ein eigenständiges Wesen in mir und es brach hervor. „Aufhören!", brüllte ich. „Aufhören! Hört endlich auf!" Schmerz flutete meinen Körper. Da waren noch mehr Stimmen, immer mehr und mehr. Ich konnte nicht zu ihnen zurück und ich konnte nicht weiter weg. Ich war in meiner eigenen Wut gefangen. In der Wut auf mich selbst.

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Morgen gehts wahrscheinlich weiter und das Warten auf Ramiel hat auch ganz bald ein Ende 💛

Throne of BloodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt