chapter 42

117 15 9
                                    

„Beeilt euch!"

Und das taten wir. Chimi war wieder drachengroß und wir kletterten auf ihren Rücken. Leviathas Festung stürzte ein. Um uns herum fielen personengroße Steinbrocken zu Boden und zertrümmerten, was auch immer sich darunter befand. Die Erde bebte und ein elektrisches Summen erfüllte die Luft. Schwarze Schatten bedeckten das Fegefeuer über uns und tauchten alles in einen rötlichen, blutigen Glanz.

„Das wirst du bereuen, Viona Cartwright."
Die Stimme der Fürstin in meinem Kopf brachte meine Zähne zum Knirschen, bevor ich meine Macht in ihre Richtung schleuderte und sie aus meinem Kopf katapultierte.

Blitze zuckten über den Himmel und schlugen krachend ein. Mehrere Feuer brannten, obwohl es aus Strömen regnete. Wir pressten uns an Chimis Rücken, als sie immer höher stieg. Cael hatte die bewusstlose Azalee im Arm und ich ließ die beiden vor mir keine Sekunde aus den Augen.

Alles verschwamm, als ein besonders starkes Beben durch das Reich donnerte. Zwei der Osttürme fielen in sich zusammen und das Krachen war ohrenbetäubend. Plötzlich erfasste mich eine Sturmböe, die sich wie Nägel in meine Haut krallte und mich von Chimis Rücken riss.
Ich fiel.

Ein weiterer Blitz schlug ein und Chimi kam ins Schlingern. Sie drehte sich zu mir um.
„Alles gut", flüsterte ich. „Du musst weiterfliegen."

Windböen rissen mich mit sich, während ich immer verzweifelter nach meiner Magie tastete, damit sie mich auffing. Etwas traf mich hart in die Seite und ich hörte das Krachen von mindestens einer Rippe, die brach.

Ich konnte mich nicht konzentrieren und schaffte es nicht eine Verbindung zu meiner Magie herzustellen. Ich wurde immer panischer, während die zerklüfteten Felsen unter mir in rasender Geschwindigkeit näherkamen. Wieder erfasste mich eine Windböe und schleuderte mich durch die Luft. In der Ferne sah ich die Festung in einer Staubwolke verschwinden.

Benommen tastete ich nach den Fläschchen an meinem Schwertgurt. Sie waren zerbrochen. Aus dem Augenwinkel sah ich einen entwurzelten Baumstamm auf mich zufliegen. Ich konnte nicht ausweichen. Er erwischte mich auf ganzer Länge. Mein Kopf dröhnte. Blut lief mir übers Gesicht. Die Knochen in meinem rechten Arm knackten gefährlich und in meiner Hüfte breitete sich ein pochender Schmerz aus. Meine Sicht verschwamm. Alles wurde rot und verlor an Kontur. Ich griff nach der einzigen Phiole, von der ich wusste, dass sie noch heile war und löste den Propfen, bevor ich den gesamten Inhalt schluckte.

Ich blinzelte benommen. Mein Kopf fühlte sich zu schwer an. Alles schmerzte.

„Vio! Wie hast du es geschafft?" Arme legten sich um meinen Körper. Der Schmerz ließ mich taumeln. Mein Rücken brannte wie das Höllenfeuer. Chimi schlang sich in ihrer normalen Größe um mich und hielt mich aufrecht.
„Ist sie ausgebrannt?"
„Würde es dich wundern?"
„Wie ist sie vor uns hier angekommen?"

Ein goldenes Funkeln drängte sich durch meine verschwommene Sicht. Dann verdunkelten Schatten den Eingang.
„Scheiße."
Jemand fluchte zustimmend. Ich bewegte mich vorwärts. Es herrschte Stille, doch in meinem Kopf hallte der Sturm nach. Das Beben, das Dröhnen und Krachen. Ein schmerzerfülltes Stöhnen und unterdrückte Flüche waren alles, was ich hörte, während wir durch den Goldenen Palast geschoben wurden. Ich versuchte mich aus der Benommenheit zu lösen, doch mein Körper konnte nicht mehr.
„Alle raus."

Die Stimme ließ mich erschaudern. Eisige Kälte breitete sich aus. Meine triefnassen Haare vereisten innerhalb von wenigen Augenblicken.
„So schwach." Ein abfälliges Schnauben drängte sich in meinen Kopf. „So schutzlos."

„Ihr habt einen großen Fehler gemacht." Er war nah. Sehr nah. Das Rasseln von Ketten kam näher und hielt neben mir inne. „Ihr alle werdet dafür bezahlen."

Ramiel stieß einen drohenden Laut aus. Die Person neben mir hustete röchelnd. „Sie ist zu schwach. Wenn ich ihr das Elixier gebe, könnte sie das ihr..."
„Tu es", befahl er.

„Hallo, meine Schöne." Die Kälte fraß sich bis in den letzten Winkel meines Körpers und ich begann unkontrolliert zu zittern. Zapharias legte seine Hände an meine Wangen und ich hatte nicht mal mehr die Kraft meinen Kopf zu drehen. Chimi zischte und wütete, aber auch sie hatte sich völlig verausgabt.

Er öffnete meinen Mund und hielt meinen Kiefer mit eisernem Griff. „Schluck für mich", säuselte er, als eine bittere Flüssigkeit auf meine Zunge traf. Er bog meinen Kopf nach hinten und hielt mit der anderen Hand meine Nase zu. Die Flüssigkeit rann mir die Kehle runter und es ging nicht anders. Ich schluckte. „Braves Mädchen", kommentierte er amüsiert.

Erst da nahm ich den penetranten Geruch im Thronsaal wahr. Die goldenen Wände, die noch immer wie geschmolzener Kerzenwachs aussahen, waren blutverschmiert.

Und da waren zwei Körper, sie hingen kopfüber von der Decke. Blut lief in Strömen über ihre Körper, Gesichte und ihre hellen Haare.

„Vio." Zapharias löste widerwillig seinen Griff, als Ramiel nähertrat. Ich blinzelte, doch meine Sicht blieb verschwommen. „Erzähl mir genau, was vorgefallen ist", bat er. Seine Stimme nun nah, sanft, schmerzlich vertraut. Ein Stöhnen neben mir und ich erstarrte. Varaine war übersät mit blauen Flecken und Schrammen. Er war geknebelt und seine Hände und Füße in Ketten gelegt. Die Finger seiner Hände standen in merkwürdigen Winkeln ab und ich biss mir auf die Lippe, um nicht zu wimmern, als ich verstand, dass sie gebrochen waren. Alle zehn.

„Zapharias war etwas über eifrig, als es um die Festnahme des Attentäters ging", erklärte Ramiel mit einem entschuldigenden Schulterzucken.

Ich sah mich um, und Nakir nickte mir kurz zu. Sie hatten es irgendwie geschafft Ale in Sicherheit zu bringen. Das war gut. Wir hatten es geschafft.

„Erzähl mir alles, Vio. Und lass bloß nichts aus." Ramiel nahm mich am Arm und führte mich nach vorne und ohne, dass ich es wollte, öffnete sich mein Mund und ich begann zu erzählen. Ich hatte keine Kontrolle, der bittere Geschmack des Elixiers brannte in meinem Mund und ich taumelte, während ich weitererzählte und um mich herum wieder alles zu einem goldenen Schimmer verschwamm.

Das letzte, was ich zu hören glaubte, war sein Befehl: „Legt sie in Ketten und sperrt sie ein. Alle."

____________

Wie versprochen das nächste Kapitel💛 Vielen Dank für die Votes und Kommentare im letzten Kapitel! Ich habe mir ganz schön Sorgen gemacht und war dann doch sehr erleichtert.

Throne of BloodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt