chapter 47

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„Oh, Vio, ich habe dich so vermisst." Ich grinste sie an. „Gehe ich recht in der Annahme, dass wir eine Party crashen?"
„Und ob."
Ale grinste ebenfalls. „Können wir kurz bei mir halt machen? Ich würde mich gerne umziehen."

Ich bremste meine Schritte. „Ja, klar. Kein Problem."
„Ich weiß, du hast es eilig. Ich würde nur gerne..." Sie druckste herum. Was äußerst untypisch war.
„So eilig habe ich es nicht, Ale. Wir nehmen uns die Zeit."

Ale hatte sich und mir schnell etwas Lidschatten aufgetragen und sich ein weißes Kleid angezogen. Ich hatte meine Lippen blutrot angemalt, erschien mir passend.
„Ich vermute, du bleibst so?" Sie deutete grinsend auf meine blutverschmierten Sachen.
„Ich finde das hat was", erwiderte ich und schwang meine Haare zurück.

Ale lachte leise. „Und du hast früher gedacht, ich wäre die Kriegerprinzessin deiner Träume."
„Das bist du." Ich grinste immer noch, als wir ihr Gemach verlassen und den Abstieg begannen.
„Ich trinke heute nichts", verkündete ich betont locker. Doch ich wusste, dass Ale mir meinen entspannten Ton nicht abkaufte. „Hast du was von Zenda gehört?"

„Ja, kurz. Sie ist noch immer in Ramiels Reich und macht da der Teufel weiß was." Sie hielt meinen Arm fest, bevor wir in den letzten Gang abbogen. „Vio. Ich vermute der Trank hat noch immer eine Wirkung auf dich. Du bist wütend. Ich spüre deinen Zorn brodeln. Und mir geht es auch so. ich fühle mich hilflos, machtlos. Vor Allem wütend." Sie deutete auf ihre Armbänder. „Aber das sind wir nicht. Ramiel braucht uns für seine Pläne. Aber wenn du aus der Rolle fällst... Du darfst ihn nicht angreifen, Vi. Nicht vor allen."

Ihr Ton war ernst und sie sah mich eindringlich an. „Der Lidstrich ist dir echt besonders gut gelungen, Ale. Das Weiß und das Pink sieht toll aus." Sie ließ mich nicht los. „Ich habe dich gehört. Ich will nur mit ihm reden. Unsere Freunde aus dem Verließ holen und so."

Ale atmete tief durch. „Wir machen das gemeinsam." Sie nahm meine Hand und wir gingen weiter. Sie geriet kurz aus dem Takt, als sie die ersten Menschen sah. Ich nicht.

„Ist das eine White Party, oder was?" Wir betraten den Saal und blieben kurz stehen, um uns einen Überblick zu verschaffen. Ale hatte natürlich recht. Ich war so wütend, dass ich einen Punkt erreicht hatte, an dem mich eine eigentümliche Ruhe erfasst hatte. Einen Punkt, an dem ich noch nie war. Ich vermutete Ale und ich strahlten etwas aus, denn als wir uns einen Weg durch die Menge bahnten, machten sie uns Platz. Ich hatte eine Ansammlung Dämonen ausgemacht und steuerte auf diese zu. Um wen sollten sie sich scharen, wenn nicht um ihren Kronprinzen?

Ich hörte die Musik, aber sie zog mich nicht in ihren Bann. Niemand fasste uns an. Niemand versperrte uns den Weg. Sie standen vor einem abgetrennten Bereich. Neben mir hörte ich mehr als eindeutiges Stöhnen, über die Musik hinweg, was einiges hieß. Und dann sah ich ihn.

Ramiel thronte auf einem Sessel. Oberkörperfrei. Eine vollständig unbekleidete Dämonin saß auf seinem Schoß, eine andere stand hinter ihm und küsste seinen Hals. Er unterhielt sich mit Hira, während er aus einem Glas trank, dessen Inhalt sehr nach Blut aussah.

Die Ruhe in mir brachte alles zum Verstummen. Ich schob mich an den letzten Dämonen vorbei.
„Hey Liebling", säuselte ich. Die beiden Dämoninnen nahmen Reißaus, sobald sie einen Blick auf mich geworfen hatten.

Ich beugte mich zu Ramiel vor. „Ich brauche dich kurz. Es ist dringend." Ich warf Hira ein entschuldigendes Lächeln zu. „Es gab da ein Problem. Mit meinem Leibwächter." Ich klimperte mit den Wimpern und zog ihn auf die Füße. Er sagte noch etwas zu Hira, doch das ging bei mir alles unter.

Ich drückte ihn an die nächste Wand, die ich finden konnte. „Du lässt dich nicht so anfassen. Hast du das verstanden?" Seine Augen schimmerten grün. So grün, wie ich sie schon lange nicht mehr gesehen hatte, während er meinen Blick erwiderte. Dann nickte er. „Bring uns hier weg", zischte ich. „Sofort." Fast wünschte ich mir, dass er nicht nachgab und ich eine Entschuldigung dafür hatte, dort auszurasten. Aber seine Schatten trugen uns in seine Gemächer.

Ich ließ ihn los und ging auf Abstand. Nur um dann wieder näher zu kommen.
„Ich würde sagen, dass hast du nicht zu Ende gedacht, Viona."

„Stimmt. Ich war damit beschäftigt Zapharias umzubringen", erwiderte ich und strich über das mittlerweile getrocknete Blut auf meinem Rock. „Mein Fehler." Ramiel presste den Kiefer aufeinander. „Also, wie lautet deine Rechtfertigung? Wieso bist du damit einverstanden, dass da unten Menschen gequält und umgebracht werden? Es gibt Regeln, Gesetzte, falls ich dich erinnern darf."

Jetzt war er sauer. Aber ich wich nicht zurück, machte keine Anstalten ihn abzuwehren, als er mich packte und an die Wand drückte. Ich erwiderte seinen Blick mit einer gehobenen Augenbraue. „Also?"

„Es sind Freiwillige", stieß er zwischen zusammen gebissenen Zähnen heraus. „Leute, die sich dafür entscheiden. Du weißt doch, wie es sich anfühlt gebissen zu werden."

Ich lachte. „Sie entscheiden sich für den Tod? Dafür von einem verdammten Dämon ausgesaugt zu werden, bis kein Tropfen Blut mehr in ihren Körper ist? Wie kann sich eine neunzehnjährige dafür entscheiden? Wie kann sich irgendwer dafür entscheiden, wenn sie nicht wissen, was auf sie zukommt? Mach dir nichts vor, Ramiel."

„Das war eine Ausnahme. Nur selten kommt es zu Todesfällen und die meisten wissen, worauf sie sich einlassen, weil sie es schon öfter mitgemacht haben." Ich holte gerade Luft, um weiterzumachen, doch Ramiel fuhr fort. Seine Augen blitzten. „Und es reicht mir jetzt mit deinen Anschuldigungen." Er stützte seine Hände rechts und links von meinem Kopf an die Mauer. „Du hast Zapharias umgebracht? Schön. Es ist mir egal. Vielleicht habe ich das sogar verdient. Aber diesen Ton lasse ich mir nicht länger bieten. Ich habe Azalee hergeholt. Ich habe die Attentäter versorgt und einen von ihnen frei gelassen, obwohl er mich angegriffen hat. Das alles kann ich rückgängig machen, bevor du die Tür erreicht hast. Ich kann sie foltern. Ich kann sie demütigen. Ich kann absolut alles mit ihnen machen und du kannst absolut nichts dagegen tun.

Ich hatte gehofft, wir können dieses Arrangement zu unserer beiden Zufriedenheit erfüllen, aber wenn dir das nicht möglich ist, geht das auch anders."

Ich ließ mich gegen die Wand sinken und schloss die Augen. Meine Wut war verpufft. Ich fluchte leise. „Trink das." Er hielt mir eine Phiole hin, dessen Inhalt weißlich schimmerte. „Ich zwinge dich gerade nicht, obwohl ich es könnte. Trink es." Tränen traten mir in die Augen. Ich wusste, was es war. Ich kannte die Schmerzen, die es auslösen würde. Die Dunkelheit, die kommen würde. Und ich trank.

„Das ist besser für uns beide", hörte ich Ramiel murmeln, bevor die Finsternis mich willkommen hieß.

Throne of BloodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt