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Elian

Als mein Wecker klingelte wachte ich mit Bauchschmerzen auf. Denn das hieß, dass ich zur Schule musste und dass immer noch kein Wochenende war.
Heute begann ein weiterer Tag voller Demütigungen und Beleidigungen.
Ich hasse die Schule und sie hasst mich. Und trotzdem sind wir aufeinander angewiesen.
Ich starrte bestimmt noch 5 weitere Minuten einfach nur an die Decke und hoffte, dass ich heute einfach Mal nicht wahrgenommen werde. Weder von den Lehrern, noch von den Mitschülern.
Ganz langsam stand ich vom Bett auf und schaute mich im Zimmer um.
Fuck, ich hab gestern vergessen die Wäsche zu waschen. Hoffentlich hab ich noch gewaschene Klamotten im Schrank. Ich will nicht zum dritten Mal in Folge das Gleiche anziehen. Denn ich wusste, wenn ich das tat, dann kam mindestens ein dummer Spruch von irgendjemandem. Jeder in der Schule hatte es auf mich abgesehen und ich hatte keine Ahnung warum. Wahrscheinlich lag es einfach an meinem Aussehen. Ich hatte halt kein Geld für Markenklamotten und jeden Tag duschen war auch nicht drin.
Mein Kleiderschrank enttäuschte mich. Mal wieder.
Dort war nichts sauberes mehr drin. Ich musste also wohl oder übel die Klamotten vom Boden aufsammeln, welche ich gestern und vorgestern anhatte und nochmal anziehen.
Danach ging ich ins Bad, machte mich schnell frisch und schaltete die Waschmaschine an.
Dann war eine Ladung an Wäsche wenigstens fertig, wenn ich von der Schule kam.
Und staubsaugen musste ich heute auch unbedingt noch. Genauso wie den Abwasch und Einkaufen. Achja und zwischendurch sollte ich auch nochmal was für die Schule tun.
Ich ging nach unten in die Küche um mir noch etwas Brot für die Schule einzupacken.
Aber da wären wir wieder beim Thema Einkaufen. Wir hatten rein gar nichts mehr an Essen, welches ich mitnehmen konnte. Außer man kann seit neuestem Dosenravioli in der Schule warm machen.
Ich seufzte und schaute mich in der Küche um. Es war das reinste Chaos. Überall lagen alte Zeitungen und Werbungen rum. Außerdem Coupons die ich ausgeschnitten hatte um etwas Rabatt auf den nächsten Einkauf zu bekommen. Die Tischdecke war ebenfalls total verdreckt. Da ich noch ein paar Minuten hatte, begann ich schon Mal damit die Küche ein wenig aufzuräumen, so hatte ich heute Nachmittag weniger zu tun.
Dabei verlor ich jedoch ein wenig die Zeit aus den Augen und sah erst viel zu spät, dass ich nur noch 5 Minuten hatte, bevor der Unterricht losging.
Wie von einer Tarantel gestochen, ließ ich alles stehen und liegen, packte meinen Rucksack und rannte los. Ich brauchte meistens ungefähr 10 Minuten zur Schule und da ich absolut keine Ausdauer hatte und mein Körper mich bereits nach wenigen Metern zwang mit dem Rennen aufzuhören, würde ich heute erneut nicht pünktlich zum Unterricht kommen.
Ich lief trotz der Seitenstechen in schnellen Schritten weiter. Meine Beine brannten bereits, doch das ignorierte ich.
In der Schule angekommen, versuchte ich mein Atem unter Kontrolle zu bekommen um nicht so zu klingen als würde ich jeden Moment ersticken, auch wenn ich mich gerade genauso fühlte.
Der Schulflur war wie leer gefegt, was wahrscheinlich daran lag, dass der Unterricht bereits seit ein paar Minuten angefangen hat.
Vor meiner Klassentür angekommen atmete ich nochmal tief durch und klopfte mit pochendem Herzen an die Tür.
Nun musste ich mir wieder die volle Blöße geben. Alle Augen waren auf mich gerichtet, es würden alle anfangen zu Lachen und tuscheln. Über mich. Wie immer.
Langsam öffnete ich die Tür und nuschelte eine Entschuldigung.
"Elian, soll das jetzt zur Routine werden? Wenn du immer so spät dran bist, dann steh eher auf.", sagte der Lehrer wütend.
Zurecht. Ich kam schließlich fast immer zu spät.
Ich schaute auf den Boden und lief zu meinem Platz. Alles war, wie ich es mir gedacht habe. Die Blicke der Anderen durchbohrten mich und das Tuscheln fing an.
"Leute, etwas leiser.", erhob der Lehrer die Stimme. "Lasst uns fortfahren."
Ich packte so leise wie es ging meine Sachen aus und versuchte dem Unterricht zu folgen. Doch das war nicht so einfach, denn von rechts hörte ich weiterhin Getuschel und Gelächter. Ich wusste genau von wem das kam und wollte auf keinen Fall dahin gucken. Doch ich tat es fast automatisch. Und unsere Blicke trafen sich.
Levin lachte mich ohne Hemmungen aus und erzählte seinem Nachbar irgendwas über mich.
Ich seufzte leise und wandte mich wieder dem Lehrer zu.
Ich hasse die Schule. Ich hasse alle Leute auf dieser Schule und ich hasse dieses Leben welches ich führte. In solchen Momenten hatte ich immer die Hoffnung, dass alles nach dem Abschluss besser werden würde. Dann müsste ich diese ganzen Leute hier nie wieder sehen und ich könnte endlich ein neues Kapitel in meinem Leben aufschlagen.
Endlich raus aus dieser Stadt, raus dem Alltag. Raus aus meinem alten Leben.
Doch bis dahin war es noch ein weiter Weg.

Forgive meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt