Elian
Ich lief so schnell ich konnte zum Krankenhaus. Eigentlich rannte ich fast. Aber das musste ich, denn es ging um Oma. Sie hatte heute morgen einen erneuten Krampfanfall und seitdem geht es ihr wohl so schlecht, dass sie kaum noch die Augen offen halten konnte. Zumindest hatte Stefan mir das so erklärt.
Als ich im Zimmer meiner Oma ankam, saß Stefan bereits an ihrem Bett. Und jetzt sah auch ich, wie schlecht es um sie stand.
Sie hatte eine Sauerstoffbrille auf der Nase, atmete schwer und war total blass.
"Ich liebe dich, Mama.", sagte Stefan und ich sah, wie ihm die Tränen kamen.
Auch wenn sie mich in den letzten Wochen immer wieder mit meinem Vater verwechselte und gar nicht wusste, dass sie ein Enkelkind hat, war sie trotzdem meine Oma.
Ich liebte sie an keinem Tag weniger, nur weil sie sich nicht mehr an mich erinnerte.
Hätte ich ihr früher erzählt, dass sie irgendwann dement ist und sich nicht mehr an mich erinnerte, hätte sie mich ausgelacht. Denn so war sie eben. Sie glaubte nicht daran, dass es sie selbst auch irgendwann mal treffen konnte. Immer traf es nur die Anderen nicht sie.
Aber das war typisch für sie.
Plötzlich stöhnte sie und öffnete die Augen. Sie schaute erst zu mir und dann zu Stefan.
"Stefan.", krächzte sie.
"Ja, Mama. Ich bin hier."
Dann schloss sie wieder die Augen. Sie atmete ein paar Mal noch ganz schwer und dann wurde ihre Atmung flacher.
"Ich hole einen Arzt.", sagte Stefan leise und verließ das Zimmer.
Still flossen mir die Tränen übers Gesicht. Ich hörte wie die Tür leise ein kleines Stück aufging, sich dann jedoch wieder schloss.
Wahrscheinlich war das eine Pflegerin, die nur schauen wollte ob alles okay ist.
Oma öffnete erneut die Augen und schaute mich an. Ich hatte meine Hand in ihre Hand gelegt.
Dann spürte ich, wie sie ganz leicht zudrückte. Und dann passierte etwas, womit ich nicht mehr gerechnet hätte. Sie lächelte und ich merkte wie sie sich anstrengen musste zu sprechen.
"Elian..."
Jetzt weinte ich noch stärker. Ich wusste ja nicht, wie gut sich das anfühlen konnte, noch einmal meinen Namen aus ihrem Mund zu hören.
"Lieb dich... mein...", es fiel ihr sehr schwer zu reden, doch sie gab nicht auf. "Mein... Lieblingsenkel."
Dann schloss sie die Augen wieder. In diesem Moment kam Stefan mit dem Arzt wieder rein. Gerade rechtzeitig, denn nun tat Oma ihren letzten Atemzug.
Der Arzt holte sein Stethoskop raus und hörte sie kurz ab. Dann nickte er und schaute zu Stefan und mir.
"Sie hat es geschafft... Mein herzliches Beileid."
Ich nickte nur und Stefan legte einen Arm um mich.
Der Arzt ging um uns herum und öffnete das Fenster
"Ich weiß, wie weh das tut Kumpel.", sagt er mit gebrochener Stimme.
"Sie...", schluchzte ich. "Sie wusste wer ich bin... Sie hat sich erinnert..."
Stefan lächelte leicht unter Tränen.
Wir blieben noch kurz bei ihr sitzen um uns zu verabschieden.
"Ich brauch frische Luft...", sagte ich leise und stand auf.
"Soll ich mitkommen?"
"Nein, bleib ruhig bei ihr."
Doch ich konnte nicht länger bei ihr sein. So leid es mir tat, aber ich ertrug es nicht weiter ihren leblosen Körper dort liegen zu sehen.
Als ich aus dem Zimmer rausging, erhob sich vor mir plötzlich jemand.
Mit großen Augen starrte ich Levin an.
"Mein Beileid.", sagte er leise und streckte seine Arme aus.
Ich dachte gar nicht weiter nach. Irgendwie sagte alles in mir, dass es gerade das Richtige war ihn zu umarmen.
Er hielt mich einfach fest und sagte kein Wort. Genau das war es, was ich gerade brauchte.
"Wollen wir nach draußen gehen?", fragte er flüsternd.
Ich nickte nur und befreite mich aus seiner Umarmung.
Wir setzten uns draußen auf eine Bank, welche direkt vor dem Eingang stand. Ich atmete die frische Luft tief ein und ließ den Kopf hängen.
Levin saß einfach nur neben mir und sagte nicht. Im Augenwinkel sah ich wie seine Hand immer näher kam und nach meiner Hand griff. Dies ließ ich einfach kommentarlos zu. Keiner von uns sagte ein Wort, jeder war in seinen eigenen Gedanken vertieft. Aber es brauchte auch keiner etwas sagen, denn so wie es gerade war, fühlte es sich richtig an.
Langsam legte sich der erste Schmerz, doch die Trauer blieb trotzdem. Die Realität holte mich ein und erst jetzt wurde mir bewusst, dass ich meine Oma nie wieder sehen werde.
Ich fing erneut leise an zu schluchzen. Levin nahm mich wortlos in den Arm und strich mir über den Rücken.
"Ich bin für dich da.", flüsterte er und er wusste gar nicht wieviel mir diese Worte wirklich bedeuteten.
"Wie kommt es eigentlich, dass du hier bist?", fragte ich und wischte mir die Tränen weg.
Wir lösten uns aus der Umarmung, doch unsere Hände blieben verschränkt.
"Ich hab mitbekommen, dass du telefoniert hast. Und dann hab ich eins und eins zusammen gezählt. Ich dachte, du willst vielleicht nicht alleine sein, wenn... naja... du weißt schon."
"Wenn sie geht.", beendete sich seinen Satz.
"Ja, genau. Ich hab kurz ins Zimmer reingeschaut, mich dann aber entschieden einfach davor zu warten. Es schien mir nicht richtig reinzukommen."
Er war es also der die Tür kurz aufgemacht hatte.
"Und ich dachte, wenn du nicht willst, dass ich da bin, dann wirst du mir das schon sagen.", fügte er hinzu.
"Danke, dass du da bist."
"Kein Problem."
"Hey, Kumpel. Alles okay?", fragte Stefan, welcher plötzlich vor uns stand.
"Ja, bei dir auch?"
Er nickte gekränkt.
"Das ist übrigens Levin, er ist...."'
Ja, was ist er denn eigentlich? Ein Freund? Mehr als das? Der Typ der mich gemobbt hat?
"Ein Freund.", beendete Levin den Satz. "Mein herzliches Beileid."
"Danke Levin.", antwortete Stefan und im gleichen Moment fing Levins Handy an zu klingeln.
"Hi... Ja, ich weiß... Nein, wir müssen das Probetraining verschieben, heute ist schlecht."
Mit großen Augen schaute ich zu ihm hoch. Er denkt doch wohl nicht, dass er wegen mir das Probetraining absagen muss. Das ist dumm. Er hatte sich darauf gefreut.
"Nein, geh hin.", flüsterte ich ihm zu.
"Warte kurz...", sagte er ins Handy und wandte sich dann an mich. "Sicher? Ich meine, ich will dich nicht alleine lassen.."
"Ist okay. Stefan ist ja da. Geh da bitte hin."
Er nickte und wandte sich dann wieder an sein Handy. "Ich mach mich auf den Weg."
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Forgive me
RomanceIn der Schule fällt Elian immer wieder zum Opfer der Mobbingattacken von Levin und seiner Clique. Auch zuhause kann er sich nicht zurückziehen, denn seine Eltern hassen ihn, weil er schwul ist. Die einzige Möglichkeit seinem Leben für einen kurzen M...