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Elian

Ich starrte auf den Tisch und wartete auf den Lehrer. Plötzlich baute sich jemand vor mir auf und knallte seine Hände auf meinen Tisch.
Ich zuckte zusammen und schaute hoch.
Dort stand Levin mit einem sehr drohend wirkendem Gesichtsausdruck.
"Nach der Schule gehst du zur Bibliothek und wartest da auf mich. Tust du das nicht, werde ich dir das Leben zur Hölle machen. Und das auch außerhalb der Schule. Denk dran, dass ich jetzt weiß wo du wohnst."
Ich schluckte schwer, war nicht mal in der Lage zu nicken, doch darauf wartete er auch nicht. Er ging einfach wieder weg.
Er hatte irgendwas vor. Warum sonst war er am Wochenende nett zu mir? Er hatte sich für mich interessiert. Zwar nur für ein paar Minuten, doch in den paar Minuten war er wie ausgewechselt. Wäre er immer so könnte ich ihn sogar mögen. Ich dachte sogar, dass er sich nun ändert und das Mobbing sein lässt. Das klang so lächerlich, dass ich fast selbst darüber lachen musste. Ich meine, wir reden hier von Levin. Und Levin war und wird immer ein ganz großes Arschloch bleiben. Keine Ahnung was er am Freitagabend genommen hatte, dass er mir sogar ein Lächeln zuwarf. 

(...)

Den Rest des Schultages konnte ich mich nicht mehr wirklich konzentrieren, weil ich verdammte Angst hatte vor dem Schulschluss. Die ganze Zeit dachte ich nach was Levin vorhatte und kam auf keine schlüssige Antwort. Ich musste es wohl einfach auf mich zukommen lassen.
Mit zitternden Händen packte ich meine Bücher die ich nicht mehr brauchte in meinen Spind und ging dann mit wackeligen Beinen und pochendem Herzen zur Bibliothek. Hier war nach Schulschluss niemand mehr.
Ich stand hier ein paar Minuten, da Levin ganz schön auf sich warten ließ. Wie lange genau ich hier stand konnte ich nicht sagen, denn ich hatte ja kein Handy mehr. Ob ich das wohl jemals wieder sehen würde? Große Hoffnung hatte ich nicht.
Mein Blick wanderte immer wieder nach links und dann nach rechts. Wieder nach links und wieder nach rechts. Levin war weit und breit nicht zu sehen. 
War das nur ein dummer Scherz von ihm? Lachte er sich jetzt kaputt, weil ich Idiot hier stand und auf ihn wartete?
Gerade als ich überlegte zu gehen, sah ich Levin den Weg entlanglaufen. Mein Herzschlag beschleunigte sich wieder. Meine Beine fühlten sich wie Wackelpudding an. Der Weg den Levin langlief, kam mir wie Kilometer vor. 
"Ich musste die Anderen erst loswerden.", sagte Levin. "Sie sollen uns hier nicht zusammen sehen."
Ich sagte nichts, schluckte nur schwer und beobachtete ihn. Was hatte er vor?
Er griff in seine Jackentasche. Aus Schutz ging ich einen Schritt zurück. Nicht, dass er gleich auch noch ein Messer zückte. 
Tatsächlich zückte er etwas. Jedoch kein Messer, sondern mein Handy.
"Du hast es nicht von mir, falls jemand fragt."
Ich nickte und nahm es entgegen.
"Danke...", brachte ich gerade so heraus, auch wenn ich ihm immer noch nicht traute.
"Dominik würde dir niemals ernsthaft wehtun. Er wollte dich nur einschüchtern."
Und mit diesen Worten verschwand er wieder. Ich wurde aus diesem Typen nicht schlau. In der Pause hat er noch darüber gelacht, was für ein Weichei ich bin und hat mich auf den Boden geschubst. Und jetzt gab er mir mein Handy zurück und sagte mir, dass Dominik mir nichts tun würde? Was stimmt denn nicht mit ihm?

Levin

Was stimmte nicht mit mir? Wieso ging meine verkackte schlechte Laune nicht weg? Wieso war ich so gereizt? Scheiße, ich wusste warum! Nein, wusste ich nicht!
Okay, doch ich weiß es! Aber scheiße! Nein! Das war nichts woran ich denken durfte! Meine Freunde werden mich hassen. 
"Wie ist denn die Deutscharbeit gelaufen?", fragte meine Mutter mich beim Essenstisch.
"Deutsch? Das ist doch schon 3 Wochen her." 
"Ja, aber du hast noch nichts drüber erzählt. Habt ihr die noch nicht zurück?"
"Doch."
"Und?"
"Vier."
Meine Mutter seufzte. Mein Vater sagte gar nichts.
"In dem Chemietest hab ich eine Eins.", unterbrach Fella die Stille.
Super Fella. Danke. Du lässt mich gleich viel besser da stehen. Gut, dass ich dich habe. Du bist die beste Schwester der Welt, du Arschloch.
"Sehr gut, Schatz.", sagte meine Mutter.
"Das Fach liegt dir wirklich gut, oder?", fragte mein Vater.
"Ja, ich finde Chemie total spannend."
Kurze Zeit sagte niemand etwas, alle waren nur am Essen. Als ich denke, dass genug Zeit vergangen ist, sprach ich meine Idee an.
"Ich hab überlegt ob ich mal zum Basketballtraining gehen sollte."
"Basketball?", fragte mein Vater.
"Ja, unser Sportlehrer kennt den Trainier des Vereins in unserer Stadt und er könnte mir sofort ein Probetraining organisieren."
"Du gehst doch schon zum Fitnessstudio. Warum willst du jetzt auch noch in einen Verein eintreten?"
"Weil mir Basketball Spaß machen könnte."
"Schatz, ich glaube das wird zu viel auf einmal. Fitnessstudio, dann noch in ein Basketballverein. Wann willst du denn lernen?"
"Basketball ist nur einmal in der Woche. Das wird jetzt keinen großen Unterschied machen."
Ich verstand das Problem meiner Eltern gerade nicht. Zum Fitnessstudio ging ich zwei bis dreimal die Woche für ein bis zwei Stunden. Basketball wäre einmal in der Woche für circa eineinhalb Stunden. Und niemand zwingt mich zum Fitness zu gehen. Wenn das zu viel wird und meine Noten drunter leiden, gehe ich halt einmal weniger hin.
"Ich kriege das hin. Ich kann ja auch einmal weniger ins Fitnessstudio gehen."
"Und wenn du ein Spiel hast? Die sind ja meistens am Wochenende. Und am Wochenende sind meistens irgendwelche Feste wo ich als Bürgermeister mit meiner Familie anwesend sein muss."
"Dann sag ich das Spiel halt mal ab. So ein Fest wird ja nicht immer am gleichen Wochenende sein, wie ein Basketballspiel. Und außerdem war erstmal von einem Testtraining die Rede. Vielleicht gefällt mir das ja auch gar nicht."
"Also Levin ich bin da nicht für.", sagte meine Mutter.
"Ich auch überhaupt nicht.", stimmte mein Vater ihr zu.
"Warum?"
"Haben wir doch gerade gesagt. Deine Noten werden leiden."
"Ich hab euch doch gute Gegenargumente gegeben. Ich kann das doch ausprobieren."
"Levin, wir haben Nein gesagt.", sagte mein Vater streng, weswegen ich die Augen verdrehte.
Da war er. Der eine Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Ich versuche mich wirklich zu beherrschen. Doch bei dieser scheiß Laune die ich im Moment hatte, fiel mir das wirklich schwer.
"Wieso lasst ihr mich es nicht mal ausprobieren? Wir können doch gemeinsam schauen ob das funktioniert. Nur ein paar Wochen. Und dann reden wir da nochmal drüber."
"Nein!", schrie mein Vater.
Ich schaute ihn wütend an und ließ meine Gabel auf den Teller fallen.
"Gut. Ich hab eigentlich keine andere Antwort erwartet. Denn mit euch kann man ja nicht reden. Ihr denkt immer nur an euch. IMMER!"
"Levin!", ermahnte meine Mutter mich.
"Nein! Nicht Levin! Immer hab ich Schuld. Jedes verdammte Mal!"
Ich stand vom Tisch auf und ging aus der Küche.
"Wo willst du hin?!", rief meine Mutter mir hinterher.
"Interessiert euch doch sowieso nicht."

Forgive meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt