Elian
Diese eine Woche Auszeit von meinen Eltern tat mir wirklich gut. Trotzdem wollte ich auf keinen Fall nach Hause, doch mir blieb nichts anderes übrig.
"Elian!", rief mein Vater, als ich gerade durch die Tür kam.
Das ging ja schnell. Langsam trottete ich ins Wohnzimmer wo meine Eltern beide auf dem Sofa beziehungsweise auf dem Sessel lagen.
"Wo warst du solange?!", fragte mein Vater sehr laut.
"Bei Stefan, aber das hat er dir auch gesagt..."
War ja klar, dass mein Vater vergaß wo ich eine Woche bin. Aber das bestätigt mir nur erneut wie egal ich ihnen bin.
"Geh jetzt einkaufen.", sagte meine Mutter. "Es ist nichts mehr da."
Ich seufzte nur und nickte. Hatte ich eine Wahl? Nein. Wenn auch ich überleben will und nicht verhungern will, musste ich wohl oder übel jetzt noch los und einkaufen.(...)
Nachdem ich gestern noch einkaufen war und den riesen Wäscheberg weggeräumt hatte, bin ich einfach nur noch erschöpft ins Bett gefallen.
Doch bereits am nächsten Tag musste ich mich weiter um den Haushalt kümmern. In der ganzen Woche in der ich nicht da war, ist wirklich alles liegen geblieben.
Während ich gerade dabei war das Geschirr zu spülen, knallte plötzlich die Küchentür zu.
Erschrocken drehte ich mich um und sah meinen Vater hinter mir stehen. Er sah sehr wütend aus und das machte mir wirklich Angst.
"Du hast echt Eier einfach eine Woche abzuhauen.", sagte er in einem ruhigen aber trotzdem wütenden Ton. "Erst kriegst du von der Alten dieses Haus in den Arsch gesteckt und dann machst du gemütlich Urlaub. Und denkst nicht einmal an uns?!"
Das war nicht wirklich sein ernst oder? Er beschwert sich, dass ich nicht an die beiden denke? Sie dachten doch genauso wenig an mich.
"Nur damit wir uns richtig verstehen.", redete mein Vater weiter. "Der Schlüssel von dem Haus liegt mir morgen vor, sonst lernst du mich kennen."
Ich schluckte schwer. Scheiße, er machte mir wirklich Angst. Aber das konnte ich nicht tun. Er hat sich nicht einmal um Oma gekümmert und jetzt will er das Haus haben? Nur über meine Leiche.
"Nein.", sagte ich und versuchte das Zittern in meiner Stimme zu unterdrücken. "Das Haus gehört mir. Sie würde es mir nie verzeihen."
"Sie ist tot du Dummkopf! Und das ist auch kein Wunder, weil du sie so oft besucht hast und dich immer über deine Probleme beschwert hast. DU bist Schuld, dass ich leer ausgehe. Weil DU uns bei ihr so schlecht dastehen lassen hast. DU hast sie mit deinen Beschwerden in den Tod geschickt. Wegen DIR hat sie nicht auf sich selbst geachtet. Sie hat nur an DICH gedacht!"
Still rannen mir Tränen über die Wange. Meine Hände zitterten und meine Beine wurden so weich, dass ich drohte jeden Moment auf den Boden zusammen zu sacken.
"Morgen hab ich die Schlüssel!"
Ich schluckte meine Tränen runter, schaute ihm direkt in die Augen und sagte es erneut: "Nein."
Dann geschah es. Bevor ich reagieren konnte, gab er mir eine saftige Backpfeife. Durch den Schreck ließ ich den Teller, welchen ich noch in der Hand hielt, auf den Boden fallen.
"Du Idiot!", schrie mein Vater mich an. "Sammel das sofort auf!"
Ich tat was er mir sagte, kniete mich auf den Boden und sammelte die Scherben auf.
"Deine Oma kann froh sein tot zu sein. Jetzt muss sie sich wenigstens nicht mehr um dich Schwachmat kümmern!"
Jetzt wurde es mir eindeutig zu viel. Schnell sprang ich auf und wollte ihm davon laufen. Einfach in mein Zimmer, mich verstecken vor ihm, von der Außenwelt abgeschottet.
"Du bleibst hier!", schrie mein Vater, doch ich hörte nicht auf ihn. Ich rannte einfach die Treppen hoch, er mir dicht auf den Fersen.
"Das Chaos beseitigst du gefälligst selbst!"
Ich hörte, wie er auf der Treppe stolperte, was mir einen Vorsprung verschaffte. Wenn man so betrunken ist, konnte man halt nicht so schnell die Treppe hochzukommen, wie man eigentlich will.
Ich rannte weiter in mein Zimmer, knallte die Tür zu und schloß ab. In dem Moment in dem ich die Tür gerade abgeschlossen hatte, hämmerte mein Vater gegen diese. Da meine Knie immer noch so weich waren vor Angst, fiel ich rittlings hin. Ich spürte wie mein Handy dabei aus der Tasche fiel und ein paar Meter hinter mir zum Liegen kam.
"ÖFFNE DIE TÜR, DU SCHWUCHTEL!"
Meine Hand zitterte und ich spürte plötzlich wie es warm und feucht in dieser wurde. Als ich auf meine Hand sah, sah ich wie Blut an ihr herunterlief. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich immer noch eine Scherbe von dem zerbrochenen Teller in der Hand hielt. Durch die Angst und Wut in mir, umklammerte ich die Scherbe in meiner Faust, wie als wäre es das wertwollste der Welt.
"ÖFFNE. DIE. VERDAMMTE TÜR!"
Oh Gott, er wird die Tür gleich eintreten. Ich habe meinen Vater schon oft wütend erlebt, aber noch nie so wütend. Die Tür wackelte bereits. Gleich war sie kaputt. Ich robbte langsam nach hinten und traf mit meiner Handfläche auf mein Handy.
"ELIAN!", schrie er. "DU BIST GLEICH SO TOT, DU WICHSER! DU DUMMER DUMMER WICHSER!"
Mein Herz schlug mir bis zum Hals und ich zitterte am ganzen Körper, während ich weiter die Tür beobachtete.
Dabei gingen mir seine Worte, welche er mir gerade an den Kopf geworfen hat immer wieder durch den Kopf."....DU hast sie mit deinen Beschwerden in den Tod geschickt. Wegen DIR hat sie nicht auf sich selbst geachtet. Sie hat nur an DICH gedacht...! DU! DU, DU, DU, DU!"
Ich. Ich habe Schuld. Ich habe Schuld an allem. Ich beschwerte mich immer über meine Probleme. Ich habe Oma nie nach ihren Problemen gefragt.
"ICH SCHLAG DICH GRÜN UND BLAU, WENN DU AUS DEINEM ZIMMER KOMMST!"
Ich hörte wie er die Treppen wieder runterging. Die Klinge hatte ich immer noch in der Hand.
Ich hatte Schuld.
Ich wusste nicht wie es Oma vor ihrem Tod ging.
Ich wusste nicht, ob sie meine Hilfe vielleicht auch gebraucht hätte.
Immer wieder ritzte ich die Klinge in meinen Unterarm, während ich leise schluchzte.
"Elian.", hörte ich eine leise Stimme, welche ich nicht zuordnen konnte.
"Elian!"
Ich stoppte in meiner Bewegung und hörte nochmal genauer hin. Vielleicht hab ich es mir nur eingebildet. Vielleicht hat mein Vater mich auch gerufen?
"Elian! Bitte antworte mir!"
Nein, das bildete ich mir nicht ein. Ich kannte diese Stimme.
"Scheiße... ELIAN!"
Ich drehte mich nach links und sah, dass mein Handy an war. Und anscheinend telefonierte ich gerade. Mit zitternden Händen nahm ich es in die Hand und sah Levins Namen auf dem Display.
Oh Gott, hatte ich die ganze Zeit mit ihm telefoniert? Wie zum Teufel war das passiert?
"Levin...?", fragte ich leise und versuchte mir nicht anmerken zu lassen, dass ich weinte.
"Was ist los bei dir?", fragte er besorgt.
"Nichts... Ich hab nicht mitbekommen, dass ich den Anruf angenommen habe..."
"Was war das gerade? Das hämmern meine ich. Wer hat dich da angeschrien?"
"Keiner.... Ich hab das Fenster auf und da ist... Eine Baustelle."
"Bitte sag mir die Wahrheit."
"Tue ich. Das hört sich schlimmer an, als es ist."
Es wurde kurz still in der Leitung und wieder kamen die Schuldgefühle zurück. Sofort stiegen mir Tränen in die Augen.
"Aber wenn du-"
"Kann ich zu dir kommen?", unterbrach ich ihn schluchzend.
"Klar. Natürlich. Soll ich dir entgegenkommen?"
"Nein ich... Ich komme gleich."
Zitternd atmete ich durch und schaute auf meine immer noch blutende Hand sowie auf meinen Unterarm.
Scheiße... Wie sollte ich das jetzt vor Levin verbergen?
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Forgive me
RomanceIn der Schule fällt Elian immer wieder zum Opfer der Mobbingattacken von Levin und seiner Clique. Auch zuhause kann er sich nicht zurückziehen, denn seine Eltern hassen ihn, weil er schwul ist. Die einzige Möglichkeit seinem Leben für einen kurzen M...