Levin
"Da bist du ja endlich!", sagte meine Mutter als ich in die Tür kam. "Zieh dich an. Wir müssen gleich los."
"Entschuldige, dass ich Schule hatte.", murmelte ich. "Wir haben doch noch Zeit. Die Rede beginnt doch erst um Drei."
"Aber dein Vater muss eher da sein."
"Ja, mein Vater. Ich aber nicht oder? Ich kann doch nachkommen."
"Levin, wir gehen da zusammen hin. In 5 Minuten gehen wir los."
"Wie soll ich das denn schaffen?"
"Beeilen?"
"Dein Ernst? Ich muss mich umziehen, meine Haare machen und eigentlich wollte ich noch schnell duschen gehen."
"Das schaffst du jetzt nicht mehr. Los, zieh dich an."
Genervt verdrehte ich die Augen und verschwand nach oben. Wieso machte sie jetzt so einen Stress? Ich kann doch auch nichts dafür, dass ich noch Schule hatte. Wie kann eine einzelne Person nur so hart nerven?
Um meine Eltern zu provozieren, ließ ich mir extra Zeit und ging mir nochmal durch meine Haare, damit sie ungemacht aussahen.
"Levin! Kommst du?!", rief mein Vater.
"Jaha!", rief ich, schnappte mein Handy und lief nach unten.
"So willst du los?", fragte mein Vater und ich wusste genau, dass er so etwas sagen wird.
Es lag nicht an meinem Outfit sondern an meinen Haaren.
"Mom hat so rumgestresst. Ich hatte keine Zeit mehr mir die Haare zu machen."
"So kannst du nicht los. Die Rede wird Live ausgestrahlt."
"Und was soll ich jetzt machen?"
Mein Vater schien zu überlegen, während ich mit geschränkten Armen vor ihm stand.
"Mach schnell deine Haare und komm dann gleich nach. Ausnahmsweise."
"Vielleicht solltet ihr mich beim nächsten Mal in der Schule entschuldigen, wenn ihr so einen Stress macht."
"Levin, jetzt verbreite hier keine schlechte Laune."
Doch das tat ich. Denn ich hatte verfickt schlechte Laune. Das lag jetzt nicht nur an diesem Tag heute. Ich hatte seit Tagen schlechte Laune und jeder noch so kleine Tropfen bringt das Fass zum überlaufen. Ich musste mich echt zusammenreißen meine Eltern nicht die Meinung zu sagen.
Erneut gaben sie mir die Schuld. Ich war zu spät zuhause. Wegen mir hatten sie jetzt Stress. Ich war Schuld, dass meine Haare nicht gemacht waren. Aber nie gab es einen Fehler bei ihnen oder Fella.
"Du kommst gleich nach, Levin?", rief meine Mutter von unten.
"Ja.", sagte ich knapp und fing an meine Haare zu machen.
Aber jetzt machte ich mir keinen Stress, ich machte das alles ganz in Ruhe. Ich lass mich nicht noch mehr von denen stressen. Keine Ahnung wo meine scheiß Laune herkam, die ich seit Tagen hatte. Vermutlich von dem ganze Stress mit Dalia. Es ging mir wahrscheinlich näher als es sollte. Aber das legte sich auch wieder. Ich sollte mal wieder zum Sport gehen und mich abregen, das könnte meine Laune schon wesentlich verbessern.
Nachdem meine Haare gemacht waren und ich noch schnell was gegessen hatte, ging ich mit 20 Minuten Verspätung los in die Stadt. Jetzt musste ich nur beten, dass meine Eltern meine schlechte Laune nicht noch weiter reizen werden, sonst kann ich für nichts garantieren.
Wie zu erwarten, hatte ich bis 15 Uhr nichts zu tun. Mein Vater las sich nochmal die Rede durch, sprach mit ein paar Leuten und ich saß auf einer Bank und tat gar nichts. Da hätte ich auch noch zuhause bleiben können.
"Mom hat uns beide noch 20€ gegeben. Dann können wir noch auf das Stadtfest gehen und uns etwas kaufen.", sagte Fella und hielt mir die 20€ hin.
"Behalt die. Ich hab kein Bock darauf."
"Kommen deine Freunde heute nicht?"
"Keine Ahnung. Aber ich hab kein Bock auf feiern oder so. Ich geh nach der Rede wieder nach Hause."
"Mom und Dad wollen bestimmt noch, dass du kurz bleibst und mit ein paar Leuten redest."
"Ist mir egal."
Fella hob nur die Augenbrauen und lief wieder weg. Ich wette 100€ darauf, dass sie jetzt zu Mom geht und petzt, dass ich nach der Rede abhaue.
Aber das war mir so scheiß egal. Ich wusste genauso gut wie sie, dass ich noch bleiben soll nach der Rede. Doch ob ich jetzt Anschiss kriege oder später ist auch egal.
Da es gleich 15 Uhr war, ging ich zur Bühne. Vor dieser warteten meine Eltern und Fella bereits.
"Wir sprechen nach der Rede nochmal.", flüsterte meine Mutter mir zu.
Ich erwiderte nichts, auch wenn ich genau wusste worum es ging. In solchen Momenten und in vielen anderen Momenten auch, hasse ich Fella.
"Dann lasst uns mal mit der Rede starten.", sagte mein Vater.
Er lief vor auf die Bühne, hinter ihm meine Mutter, dann Fella und zum Schluss ich. Mein Vater ging nach vorne zu dem Podest, während wir drei hinter ihm standen. Ich hatte die Rede mindestens 5 Mal schon gehört, deswegen hörte ich ihm gar nicht zu. Ich schaute mich ein wenig um und schaute wen ich alles so kannte. Aber die meisten Leute die hier waren, waren nicht in meinem Alter und deswegen kannte ich auch nicht so viele.
Ich schaute zu den Bänken, auf welchem überwiegend ältere Leute saßen. Doch einen davon kannte ich tatsächlich.
Elian.
Er saß neben einer älteren Dame, die die Rede meines Vaters verfolgte. Elian jedoch schaute sich auch um. Anscheinend langweilte ihn die Rede genauso sehr wie mich. Sein Blick viel wieder auf die Bühne zu meinem Vater und dann zu mir.
Scheiße, hatte ich ihn die ganze Zeit angestarrt?
Schnell und so unauffällig wie möglich schaute ich weg und beobachtete mein Vater.
Er erzählte gerade etwas darüber, was er noch für die Stadt geplant hat und dass an verschiedenen Ständen heute auch Spenden gesammelt werden.
Das war mein Lieblingsteil seiner Rede, denn danach war sie zu Ende.
Er bedankte sich noch und schenkte dann allen ein Lächeln. Genau wie ich auch. Denn das musste ich tun. Auch wenn ich nicht ansatzweise in der Laune dafür war zu Lächeln.
"Du bleibst noch hier.", sagte meine Mutter sofort, als wir von der Bühne runter waren. "Du läufst zumindest einmal über dieses Fest."
"Ja, ist gut.", sagte ich nur. "Kann ich mir dann wenigstens was zu Essen holen?"
Meine Mutter gab mir 20€ und dann zog ich los. Doch ich wollte natürlich nichts zu Essen holen. Ich wollte nur heimlich abhauen. Und da meine Eltern beschäftigt waren mit anderen Leuten zu reden, gelang mir das ganz schnell.
Ich lief langsam nach Hause und betete, dass meine scheiß Laune bald besser werden würde. Ich nerve mich damit schon selbst. Wenn ich nur wüsste warum ich diese Laune habe...
Tief in mir drin wusste ich warum, doch ich verbot mir diesen Gedanken selbst und schob es auf was anderes.
Das tat ich noch eine ganze Zeit.
Und langsam machte es mich kaputt.
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Forgive me
RomanceIn der Schule fällt Elian immer wieder zum Opfer der Mobbingattacken von Levin und seiner Clique. Auch zuhause kann er sich nicht zurückziehen, denn seine Eltern hassen ihn, weil er schwul ist. Die einzige Möglichkeit seinem Leben für einen kurzen M...