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Levin

Den Rest des Wochenendes verbrachten Elian und ich damit sein neues Haus einzurichten. Nun war fast alles da. Hier und da fehlten zwar noch ein paar kleine Dinge, aber man konnte wieder in dem Haus wohnen und schlafen. Und genau das hatten Elian und ich auch vor. 
Doch erstmal stand jetzt das Gespräch mit meinem Trainer auf dem Plan. Dadurch, dass ich immer noch nicht wusste worum es ging stieg meine Nervosität mit jeder Sekunde weiter. Ich hatte ein schlechtes Gefühl. Ein wirklich sehr schlechtes Gefühl.
Ich betrat die Sporthalle in welchem mein Trainer gerade ein paar der kleineren Kinder Basketball beibrachte.
Er gab den Kids ein paar Anweisungen und kam dann zu mir.
"Hi, Levin.", begrüßte er mich. 
Wir stellten uns an den Rand des Spielfeldes.
"Warum wolltest du jetzt unbedingt mit mir persönlich sprechen?"
"Es geht um das Spiel letztes Wochenende...", sagte er mit ernster Stimme.
Scheiße, ich hatte irgendwas falsch gemacht. Aber wir hatten doch gewonnen. Ich war so verwirrt.
"Deine Performance war der Hammer. Ich meine es ernst, Levin. Du hast Talent und ich finde das muss gefördert werden."
Das waren ja erstmal gute Nachricht. Aber nur um mich mit Lob zu überschütten wird er mich nicht zu sich zitiert haben.
"Ich kenne da jemanden der dir ein Stipendium an einer Sportuniversität geben möchte."
Mit großen Augen schaute ich ihn an. Er verarscht mich doch. Das war ein Traum, oder?
"Ein... Stipendium...? An einer Sportuni?"
"Ja, richtig."
"Und wie ist er auf mich aufmerksam geworden...?"
"Sag mal, ihr Kids hängt doch den ganzen Tag am Handy. Hast du es nicht bekommen?"
"Was mitbekommen...?"
Er zog sein Handy aus seiner Hosentasche, tippte ein wenig drauf herum und hielt mir dann einen Artikel unter die Nase.
Heilige Scheiße...
Ich war noch nie so froh eine Wand hinter mir zu haben, sonst wäre ich jetzt wahrscheinlich umgekippt.
Ich nahm ihm das Handy aus der Hand und las die Überschrift erneut.

Der nächste Basketballprofi?

Darunter war ein Bild von mir, welches an dem Tag des Turniers geschossen worden sein musste. Den Artikel las ich mir nicht durch, das brauchte ich gar nicht. Denn jetzt wusste ich, wie dieser Typ mit dem Stipendium auf mich aufmerksam geworden ist.
"Er ist ein guter Freund von mir.", fuhr mein Trainer fort. "Und er will dich unter allen Umständen noch einmal Live spielen sehen. Natürlich nur, wenn du das Angebot annehmen willst. Du musst nicht jetzt eine Entscheidung fällen. Lass dir das alles durch den Kopf gehen und dann meldest du dich zeitnah einfach bei mir, okay?"

(...)

"Das wäre deine perfekte Chance!", sagte Elian aufgeregt.
"Ich weiß.", meinte ich und lief zum Fenster um auf die Straße zu schauen. "Aber ich werde hier wegziehen müssen. Die Uni ist zwei Stunden entfernt."
"Na und?"
"Na und? Ich werde dich nicht mehr so oft sehen...."
"Wir werden uns jedes Wochenende sehen können. Und in den Ferien. Mach dir darüber doch keinen Kopf. Das ist eine einmalige Chance. Du liebst Basketball doch."
Ich nickte und setzte mich zu ihm aufs Sofa. Meinen Arm legte ich um ihn und zog ihn an mich ran. 
Plötzlich klopfte es ein paar Mal an der Tür, doch bevor Elian oder ich aufstehen konnten, stürmten Emma und Flynn herein.
"Hast du die Nachrichten gelesen?", fragte Emma aufgeregt. "Sie berichten über dich!"
"Ja... Ich weiß..."
"Bro, du bist ein Star!", meinte Flynn. 
"Aber du siehst gar nicht glücklich aus...", sagte Emma und legte den Kopf schief.
Bevor ich ihnen die Geschichte erzählen konnte, betraten Thomas und Mattheo den Raum. Thomas schleppte einen großen Karton herein und ließ ihn in der Mitte des Raumes wieder runter. Verwirrt schaute ich erst auf den Karton und dann zu den Beiden.
"Da drin.", sagte Thomas außer Atem. "Ist Geschirr und Besteck. Die Mikrowelle wird per Post geliefert."
"Was?", fragte Elian geschockt.
"Dein Einweihungsgeschenk.", erklärte Emma. "Von uns allen."
"Das wäre doch nicht nötig gewesen..."
"Klar.", sagte Emma. "Dafür sind Freunde doch da."
"Und da ist ja unser neuer Superstar.", meinte Mattheo und ließ sich neben mich auf die Couch fallen.
"Also, warum siehst du so bedrückt aus?", fragte Flynn.
Ich erzählte ihnen die ganze Geschichte.
Und ehrlich gesagt weiß ich nicht was ich für eine Reaktion erwartet habe, aber sie alle standen voll und ganz auf Elians Seite. Sie versuchten den ganzen Nachmittag und die nächsten paar Tage mich zu überreden das Angebot anzunehmen.

(...)

Elian saß zwischen meinen Beinen und schaute durch das große Fenster auf die Straße. Meine Hand strich langsam über seinen vernarbten Arm.
Dieser Junge hat sie soviel durchgemacht. Er hat soviel Scheiße erlebt und trotzdem sitzt er jetzt hier, zwischen meinen Armen und sieht glücklich aus. Seine Ausstrahlung ist bewundernswert und ich hoffe, dass er dies irgendwann mal an unsere Kinder weitergeben kann.
Ich schlang meine Arme um ihn und legte meinen Kopf auf seiner Schulter ab.
"Du bist der tollste Junge den ich kenne.", flüsterte ich in sein Ohr.
Elian schaute weiterhin auf die Straße unter uns, hörte mir jedoch aufmerksam zu. 
"Ich war lange nicht glücklich in meinem Leben. Irgendwas hat gefehlt, doch ich wusste nie was. Bis ich dich traf. Du warst der, der gefehlt hat. Du hast mich zu einem besseren Menschen gemacht."
Er lehnte sich an meine Brust und verschränkte seine Hände mit meinen.
"Ich liebe dich.", flüstere ich ihm ins Ohr.
Nun drehte er sich zu mir um und schlang seine Hände um meinen Nacken.
"Ich liebe dich noch mehr.", sagte er lächelnd.
Wir liebten uns unter dem Licht der Sterne. So oft, bis wir erschöpft einschliefen.
Alles war perfekt. Und bald würde alles noch perfekter werden.
Es wusste noch keiner, nicht mal Elian, doch ich werde das Stipendium annehmen.
Und danach würde ich den Jungen, welcher in meinen Armen lag zu meinem Mann machen.

                                                                             Ende

Forgive meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt