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Levin

Während der ganzen Eröffnung war es eine sehr angespannte Stimmung zwischen meiner Familie und mir. Ich versuchte sie einfach zu ignorieren. 
Als die Führung durch die Bibliothek zu Ende war, wurde sie für alle in der Stadt geöffnet. Es sind überraschend viele Leute zur Eröffnung gekommen, welche nun alle nach und nach in die neue Bibliothek strömen. Ich schaute zu der Menschenmenge und mein Blick blieb auf drei Leuten kleben, welche mir alle zuwinkten.
Ein Grinsen schlich sich auf meine Lippen. Warum zur Hölle, kamen Emma, Elian und Flynn zu dieser Eröffnung?
Ich drehte mich kurz zu meinen Eltern um, welche mit drei anderen Leuten in ein Gespräch verwickelt waren. Also lief ich die Treppen runter und kam auf sie zu.
"Ihr werdet mir niemals glauben, was heute morgen passiert ist.", sagte ich und mittlerweile konnte ich sogar darüber Lächeln.
Ich gab Elian einen Kuss und legte eine Hand um seine Taille.
"Was ist denn passiert?", fragte Emma.
"Ich hab mich vor meinen Eltern geoutet."
Alle drei schauten mich fassungslos an. 
"Und was haben sie gesagt?", fragte Elian.
"Nichts. Aber ich muss von vorne anfangen."
Ich erzählte ihnen die ganze Geschichte und am Ende waren ihre Gesichter nur noch fassungsloser als vorher.
"Alter...", sagte Flynn nur. "Aber du kannst nicht aus dem Team aussteigen."
"Schön, dass du von der ganzen Story, diesen Teil als das Wichtigste empfindest.", lachte Emma.
"Ich werde nicht aussteigen.", gab ich wider. "Da können sich meine Eltern auf den Kopf stellen."
Im Augenwinkel sah ich, wie Fella auf uns zukam.
"Kommst du Levin?"
"Ja.", antwortete ich ihr nur. "Schön, dass ihr bei diesem spannendem Event dabei wart. Flynn viel Glück fürs Spiel. Ihr packt das."
"Ohne dich wird es schon etwas schwieriger. Aber wir geben unser bestes."
"Und Elian und ich gehen Eis essen!", rief Emma.
Ich lächelte sie nur an. Dann schob ich zwei Finger unter Elians Kinn und gab ihm einen sanften Kuss. "Wir sehen uns später."
"Bis später."
"Aber pass ein bisschen besser auf Elian auf.", meinte Flynn, weswegen ich ihn verwirrt ansah.
"Hast du dir mal seine Handgelenke angeschaut?", fragte Emma lachend.
Fragend schaute ich Elian an, welcher mir seine Handgelenke entgegenstreckte. Diese waren ein wenig blau unterlaufen. Unzwar genau da, wo meine Hand sie gestern festhielten.
"Ups.", sagte ich nur lachend.
"Ich will gar nicht wissen, wie es bei euch abgeht.", meinte Emma.
"Solange das Bett noch nicht kaputt ist, hat es noch kein bedrohliches Ausmaß angenommen.", sagte Flynn.
"Ihr seid Idioten", lachte ich nur und lief auf meine Eltern zu.
Sie schauten mich an und ich wusste, dass sie den Kuss gesehen haben. Aber das war mir egal. Sie konnten mir vielleicht das Basketballtraining verbieten. Oder das Fitnessstudio. Aber sie konnte mir auf keinen Fall die Liebe zu Elian verbieten.

(...)

Die Stimmung zwischen meinen Eltern und mir war den ganzen Tag über weiterhin angespannt. Ich lag in meinem Bett und durchforstete ein wenig mein Handy, während ich auf Elian wartete. Die ganze Zeit über musste ich an letzte Nacht denken und daran wie seine Handgelenke aussahen. Ein Grinsen überkam mich. Ich hatte schon lange keinen so guten Sex mehr gehabt.
Es klopfte an der Tür, wobei ich aus den Gedanken gerissen wurde.
"Ja?"
Fella kam langsam herein, blieb jedoch im Türrahmen stehen.
"Ich soll dir von Mom und Dad sagen, dass sie noch zu Oma und Opa gehen."
"Okay."
Sie blieb weiterhin im Türrahmen stehen, weswegen ich sie fragend ansah.
"Sonst noch was?"
"Ähm... Ich wollte dir nur sagen, dass es mir egal ist, dass du schwul bist."
Langsam setzte mich aufrecht ins Bett und beobachtete sie.
"Für Mom und Dad ist das wahrscheinlich etwas schwerer. Aber für mich ändert das nichts an der Tatsache, dass du mein Bruder bist."
Ein leichtes Lächeln schlich sich auf meine Lippen. Sie weiß ja gar nicht wie viel ihre Worte mir bedeuteten und wie sehr ich sie gerade gebraucht habe.
"Danke Fella.", sagte ich, stand auf und umarmte sie.
Ich weiß nicht wie lange es her ist, dass wir uns mal umarmt haben. Das letzte Mal war es glaube ich als wir Kinder waren.
"Ist Elian dein Freund?", fragte sie mich nach der Umarmung.
"Ja.", sagte ich lächelnd.
"Ihr passt gut zusammen. Ich finde er tut dir wirklich gut."
"Wie meinst du das?"
"Du hast dich verändert. Aber zum Positiven. Mom und Dad sehen das nicht. Aber ich sehe dich auch in der Schule. Du prügelst dich nicht mehr, du kommst nicht mehr zu spät zum Unterricht. Und du musst nicht mehr Nachsitzen."
"Ja, das stimmt."
"Ich mag Elian."
Ich lächelte sie an. Wir haben Ewigkeiten nicht mehr so lange an einem Stück zusammen gesprochen.
"Hast du wirklich ein Tattoo?", fragte sie.
Ich nickte und zog meine Joggingshose höher. Ihre Augenbrauen schossen sofort nach oben.
"Wie krass. Tat das weh?"
"Ging eigentlich. Wieso? Überlegst du dir auch eins stechen zu lassen?"
"Nein, auf keinen Fall.", sagte sie lachend und ich stimmte mit ein.
"Ich geh mir einen Tee machen. Willst du auch einen?", fragte ich sie und ging an ihr vorbei nach unten in die Küche.
"Wie sauer waren Mom und Dad wegen dem Tattoo?"
"Total sauer.", sagte ich lachend. "Du hättest ihre Gesichter sehen müssen. Mom wäre fast in die Luft gegangen und Dad hätte mich wahrscheinlich am liebsten verprügelt..."
Als ich diesen Satz aussprach, verschwand mein Lächeln sofort und ich musste an Elians Dad denken. "Das war übertrieben...", nuschelte ich noch hinterher.
"Alles okay?", fragte Fella.
Ich nickte nur und suchte zwei Tassen aus dem Schrank.
"Du hast gesagt, dass Elian echte Probleme hat... Was hat er?"
"Ist egal."
Fella nickte nur und lehnte sich an den Küchentresen.
"Und? Wie läuft es mit Julian?"
"Was...? Da... Da ist nichts."
"Klaaar."
Sie schnaubte nur genervt. "Was machst du denn jetzt wegen dem Basketballtraining, wenn du da nicht mehr hindarfst?"
"Trotzdem hingehen."
"Echt?", fragte sie überrascht.
"Klar, das werden sie mir nicht verbieten können. Ob es ihnen passt oder nicht. Ich gehe dahin."
Es entstand eine kurze Stille, in welcher ich uns Tee eingoss. Fella starrte bedrückt auf ihren Tee. 
"Ich glaube...", fing sie an. "Wenn Mom und Dad dich so sehen würden, wie ich dich sehe, würden sie ganz anders über dich denken."
"Ja... Sie werden mich immer als einen undankbaren Sohn sehen."
"Vielleicht solltest du sie mal zu einem Basketballspiel einladen."
"Ich glaube, dass das-"
Ich unterbrach mich selbst, als ich sah wie Elian auf die Auffahrt kam. Bevor er klingeln konnte, öffnete ich die Tür.
"Hey.", begrüßte ich ihn.
"Hallo.", gab er grinsend zurück und gab mir einen Kuss.
"Fella und ich sind in der Küche. Willst du auch einen Tee?", fragte ich und führte ihn die Küche.
"Gerne. Hi, Fella."
"Hallo."
Während ich ihm den Tee einschenkte, nahm ich das Gespräch zwischen Fella und mir wieder auf: "Also ich glaube nicht, dass Mom und Dad jemals kommen würden."
"Frag sie doch einfach mal und sag ihnen, dass sie sich selbst ein Bild machen sollen."
"Die beiden sind so fest in ihrer Meinung verankert, die werden niemals einsehen, dass Basketball mir gut tut."
Fella zuckte mit den Schultern. "Vermutlich hast du Recht... Aber wie gesagt, für mich ändert das alles nichts. Ich geh in mein Zimmer."
"Danke Fella.", rief ich ihr hinterher.
Elian schaute mich fragend an. "Ich dachte ihr versteht euch nicht so gut."
Ich nickte abwesend. "Das habe ich auch gedacht."

Forgive meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt