Elian
"Elian!", rief meine Mutter. "Elian?!"
"Ja?", rief ich aus der Küche zurück.
"Warst du nicht einkaufen?"
"Doch, vor ein paar Tagen!"
"Und du hast keine Zigaretten mitgebracht?"
"Das Geld hat dafür nicht gereicht."
"Ach. Dafür reicht das Geld nicht. Aber für das teure Waschmittel oder was?"
"Es gab nichts anderes."
"Dann geh ich jetzt selber los und hole Zigaretten! Du kannst froh sein, dass der Kiosk noch so spät aufhat! Dummes Kind. Wofür haben wir dich denn?!"
Energisch zog sie ab und knallte die Tür hinter sich zu. Ich verdrehte nur die Augen und wusch weiter das Geschirr ab.
Wofür sie mich haben? Damit ich hier den Haushalt schmiss. Damit alle Rechnungen pünktlich bezahlt werden. Damit wir ein Dach über den Kopf hatten. Ich wünschte sie könnten das einmal sehen. Dass sie endlich merkten, dass sie ohne mich aufgeschmissen wären. Aber davon konnte ich nur träumen.
Nachdem ich den Abwasch fertig hatte, ging ich in mein Zimmer, legte mich ins Bett und starrte einfach an die Decke. Das einzige was ich hörte war die Straße draußen und der Wind. Nur der Mondschein erhellte mein Zimmer. Ich atmete mehrmals tief durch und versuchte meine Gedanken auf etwas Positives zu lenken. Etwas, mit dem ich beruhigt einschlafen konnte. Ich überlegte wie ich morgen meinen Sonntag verbringen könnte. Ich könnte zu Oma gehen. Sie würde sich bestimmt freuen. Sonntags ist sie eigentlich immer zuhause. Dann wäre mein Nachmittag schonmal gerettet. Wenn ich morgen aufstand musste ich aber unbedingt nochmal eine Ladung Wäsche in die Waschmaschine stecken. Und die gewaschene Wäsche musste ich auch unbedingt in die Kleiderschränke einsortieren.
Meine Gedanken wurden abrupt unterbrochen, als ich etwas nasses auf meinen Fingerspitzen fühlte.
Fuck, ich hatte mir schon wieder unbewusst den Arm aufgekratzt. Das tat ich nur, weil der Arm so trocken und mittlerweile vom ganzen kratzen auch schon vernarbt ist. Aber das war nur eine Narbe von vielen und es würde sowieso niemanden interessieren wie viele Narben ich habe und warum ich diese habe.
Diese ganzen Gedanken schafften es tatsächlich mich müde zu machen. Ich schaute auf die Uhr und sah, dass es nun 2 Uhr nachts war. Andere Leute in meinem Alter sind um diese Zeit feiern. Doch ich hatte keine Freunde und da ich durch meine Eltern sehe was Alkohol aus Menschen machen kann, hatte ich auch nie das Bedürfnis feiern zu gehen.(...)
Die neue Schulwoche hatte bereits angefangen und ich war jetzt schon wieder froh, wenn sie um war.
Als ich zu meinem Spind lief, sah ich Billy und Dominik vor diesem stehen und sofort ahnte ich böses.
"Da ist er ja!", rief Billy und zog damit, mal wieder die ganze Aufmerksamkeit auf mich.
Erst als ich näher an den Spind herantrat sah ich, was sie getan hatten. Mit einem roten Edding stand dort dick und fett "Schwuchtel".
Was zum...? Woher...?
"Mein Dad arbeitet in der Bar in der dein Vater öfters mal ist.", fing Billy an zu erklären, als könne er meine Gedanken lesen. "Und er hat sich bei ihm voll darüber ausgekotzt, dass du ne Schwuchtel bist."
"Dieser Moment, wenn nicht mal deine Eltern dich lieben.", sagte Dominik mitleidserregend, doch mit einem sehr sarkastischem Unterton.
Scheiße, das war wirklich eine Sache die niemals jemand aus der Schule hätte wissen dürfen. Jetzt hatten sie doch noch einen Grund mehr mich zu mobben.
"Was zum Teufel...", hörte ich Dalia sagen, welche mit Levin im Schlepptau ankam. "Du bist schwul?"
"Das war mir fast klar.", meinte Levin. "Ich meine, schaut ihn doch an. Wo ist deine Regenbogenflagge du Homo? Passt bloß auf Jungs, der will unsere Ärsche."
Alle fingen an zu Lachen und ich war kurz davor in Tränen auszubrechen. Ich musste schnell raus aus dieser Situation. Heulen war jetzt keine Option. Damit würden sie mich nur noch mehr aufziehen.
Da die Pause nun sowieso zu Ende war, ging ich in den Klassenraum und versuchte mich jetzt einfach auf den Unterricht zu konzentrieren.
"Hier riecht es nach Schwul!", rief Dominik.
"Wie riecht denn Schwul?", fragte Emma.
"Riecht wie ein Schwanz der in einem Arsch gesteckt hat. Oder Elian?"
Dominik gab mir einen Schlag auf den Hinterkopf und schubste dann meine Federtasche mit meinen Stiften darin um.
"Upsi."
Dieser Wichser! Wenn ich doch nur die Stärke hätte etwas gegen ihn zu erwidern. Aber wenn ich auch nur ein Wort gegen irgendwen aus dieser Klasse richten würde, würde ich die ganze Klasse auf mich hetzen. Sie waren wie ein Rudel Wölfe und ich war der Einzelgänger.
Die Lehrerin kam nun endlich in den Raum und es wurde etwas ruhiger.
"Da wir ja im Moment das Thema Krankheiten behandeln, würde ich heute mal ein wenig auf die verschiedenen Geschlechtskrankheiten zureden kommen."
"AIDS!", rief Billy durch die Klasse. "Davon kann Elian bestimmt viel erzählen."
"Laber nicht, der wurde doch noch nie gefickt.", lachte Levin.
"Hey!", rief die Lehrerin. "Aufhören!"
"Ist doch wahr. AIDS haben doch fast alle Schwuchteln.", meinte Billy.
"Also erstens ist das totaler Schwachsinn was du da erzählst.", sagte die Lehrerin wütend. "Und das Wort Schwuchtel will ich nie wieder hier hören, sonst bist du aus meinem Unterricht ausgeschlossen. Haben wir uns verstanden?"
"Ja... Entschuldigen Sie."
Die Lehrerin nickte und drehte sich der Tafel zu. Ich schaute zu Billy, Dominik und Levin rüber. Billy schien die Ansage der Lehrerin nichts auszumachen und verdrehte nur die Augen.
Typisch. Schwachköpfe.
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Forgive me
Roman d'amourIn der Schule fällt Elian immer wieder zum Opfer der Mobbingattacken von Levin und seiner Clique. Auch zuhause kann er sich nicht zurückziehen, denn seine Eltern hassen ihn, weil er schwul ist. Die einzige Möglichkeit seinem Leben für einen kurzen M...