Last to know

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Am nächsten Tag wache ich mit höllischen Kopfschmerzen auf.
Meine Augen sind geschwollen und mein Hals kratzt unangenehm.
Es scheint so, als wäre ich von gestern auf heute erkrankt.
"Morgen Ursa!", flüstere ich meiner Katze ins Ohr, bevor ich ihr einen liebevollen Kuss auf ihrem Kopf drücke.
Sie schläft seelenruhig weiter und ich stehe auf um mich für die Arbeit fertig zu machen.
Mir ist sehr schwindelig und schlecht ist mir auch noch.
Mit Mühe schaffe ich es mich in mein Bad zu schleppen und mich rechtzeitig über die Kloschüssel zu beugen und mich darin zu übergeben.
Ich übergebe mich recht selten, da ich dieses Würgen hasse und ich es bevorzuge alles wieder sofort runterzuschlucken.

Ich stehe nach einer Weile wieder auf und wende mich meinem sehr großen blitz und blank polierten Badezimmerspiegel zu.
Dunkle Ringe heben sich von meiner blassen Haut ab und meine Stirn glänzt wegen all dem Schweiß.
Meine Augen haben einen fiebrigen Glanz angenommen und mir ist gleichzeitig sehr warm aber auch sehr kalt.
Nachdem ich mir ausgiebig die Zähne geputzt habe und mir eine Avocadomaske mit Gurken gegönnt habe, lasse ich mir ein dampfendes Bad ein und gebe duftende Badeperlen ins Wasser.
Seufzend lasse ich mich etwas später in die Wanne sinken und genieße die wohltuenden Aromen der Perlen.
Nach einer halben Stunde Entspannung beschließe ich zu duschen und mich dann angemessen anzuziehen und zur Arbeit zu starten.
Mit geföhnten Haaren und in einem marineblauen Kostüm versuche ich vor dem Spiegel mein übermüdetes Gesicht mit etwas Schminke zu retuschieren.
Meine Augenringe brauchen eine Extrabehandlung mit einem passenden Abdeckstift und meine Wangen bekommen einen Hauch von Rouge.
Meine Lippen schimmern rosig und meine Wimpern sind getuscht.
Mit eiligen Schritten verlasse ich meine Villa und versuche meine ekelerregenden Schwindelgefühle auszublenden.

Ich möchte nicht zuhause bleiben und nichts tun, weil ich mich zuhause nicht mehr sicher fühle.
Irgendetwas in meinen Inneren versucht mir klar zu machen, dass ich nicht vor mir selbst wegrennen kann.
Ich kann versuchen zu fliehen, doch am Ende gehe ich daran zu Grunde.
Auf dem Weg ist zu meinem Unternehmen ist es schon sehr warm, zu warm um mit einem eng anliegenden Kostüm durch die Gegend zu watscheln.
Ich bereue es deswegen mich so angekleidet zu haben.

"She didn't say a word.
Just walked away."
Ich bin gerade dabei mir meine ganzen Arbeitsunterlagen durchzulesen, als jemand dieses Lied von den Three days grace schmettert.
Wie angewurzelt bleibe ich stehen.
Ich habe diesen Song einst geliebt!
Doch dieses Schwein von ehemahligen Arbeitgeber hatte es ruiniert.
Der Gestank von Alkohohl weht zu mir herüber.
"You were the first to say that we were not ok.
You were the first to lie, when it was not alright."
Bitte, ich kann dieses Lied nicht hören!
Es erinnert mich an Dinge, an denen ich mich nicht erinnern möchte, weil mich es nur noch mehr zerfetzt!
Ich zwinge meinen Körper weiterzugehen, damit ich dieser Erinnerung aus dem Weg gehen kann, aber meine Psyche föngt schon wieder an zu reagieren und spielt das ganze Lied in mir ab.
"It was my first love.
She was the first to say."

Nein!
Aufhören!
Ich halte es nicht aus!
Ich kann es einfach nicht mehr verkraften.
Meine Schritte beschleunigen sich und werden immer schneller und schneller.
Mein Atem geht in unregelmäßigen Stößen und meine Augen sind wiedereinmal mit Tränen gefüllt und behindern mir die Sicht.
Als ich mein Büro erreiche, verschwinde ich sofort in mein Büro und vergrabe mich in meine Arbeitsmappen, Unterlagen und Notizen.
"Guten Morgen, Melinda!
Ist gestern etwas passiert?", fragt mich Mia besorgt, als sie mit ihren Unterlagen mein Büro betretet.
Ich sehe sie verunsichert an und schüttle ganz langsam meinen Kopf.
"Nein, nein.
Es ist alles in bester Ordung.
Danke der Nachfrage."
Ich krächze eher, anstatt zu reden.

Mir ist wirklich sehr schlecht zu Mute und Mia sieht dies natürlich sofort.
"Vielleicht gehst du jetzt sofort nachhause und legst dich mit einer Tasse Tee ins Bett und lässt dich richtig auskurieren.
Du siehst wirklich kränklich aus.
Also, husch-husch!
Ab mit dir!"
Ohne Widerworte packe ich wieder meine Sachen zusammen und verlasse dankend mein Büro.

Als ich wieder zuhause ankomme, lege ich mich wieder ins Bett, nachdem ich mich abgeschminkt und umgezogen habe.

Ich versuche zu schlafen, doch es gelingt mir nicht, denn dieses Lied summt immer noch in meinem Kopf herum.

"And when she left me for you
I was the last to know."

Coolest winter rainWhere stories live. Discover now