Cut

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Verwirrt sehe ich mich in meiner Villa um.
Ich fühlte mich so, als würde ich träumen.
Mein Geist ist nicht in meinem Körper.
Ich kann mich nicht spüren.
Keine einzige Emotion ist in meinem Körper spürbar und es scheint so, als wäre mein Körper weit weg von meinem Geist.
Langsam stehe ich auf und gehe in die Küche.
Kein einziger Wille steuert meinen Körper.
Meine Hände greifen ohne Gefühl nach einem scharfen Messer.
Ich will mich spüren, ich muss mich selbst spüren.
Langsam schlurfe ich mit dem Messer in mein Schlafzimmer und setze mich kerzengerade auf mein Himmelbett.
Wie in Trance, nehme ich den Messer besser in Augenschein.
Mit tauben Fingerspitzen drehe ich diesen Gegenstand herum und inspiziere es von allen Seiten.
Dieser Messer ist sehr scharfkantig und spitz.
Sein Griff ist schwarz und die Klinge spiegelt mein leeres Gesicht.
Ich muss mich unbedingt fühlen.

Langsam nehme ich diese Waffe und lege mein rechtes Bein frei.
Tränen sammeln sich in meinen Augen und tropfen auf mein Bein herab.
Die große Wanduhr meines Zimmers tickt und die elegant verarbeiteten Zeiger rücken immer mehr vor.
Die Zeit vergeht, doch Erinnerungen bleiben.
Schmerz vertieft sich und lässt die inneren Narben nicht verheilen, sondern reißt diese immer wieder und wieder auf und lässt sie von neuen bluten.
Ich möchte meine psychischen Schmerzen nicht mehr fühlen.
Ich ertrage es einfach nicht mehr.
Kann nicht mehr.
Will nicht mehr.
Meine zarten Finger umklammern diesen Gegenstand in meiner Hand etwas fester und legen es an der weichen Haut meines rechten Oberschenkel an.
Ich betrachte meine Handlung ganz genau, als ich die Spitze der Klinge in meinem Fleisch spüre und wie das tiefrote Blut an mir runter rinnt..
Erleichtert atme ich auf.
Mit geschlossenen Augen genieße ich.
Ich genieße diesen Moment der Freiheit.
Dieser Schmerz, den ich mir selbst zufüge, tut mit unglaublich gut.
Adrenalin schießt in sehr hoher Geschwindigkeit in meinen Adern und ich lache leise auf.
Ich fühle mich so frei wie ein Vogel.
Wie ein Vogel, der seinem erbärmlichen Käfig entflogen ist.

Als ich wieder meine Augen öffne, macht mein Herz einen riesigen Satz.
Er steht hier!
Er ist hier!
In meinem Haus.
Ganz nah bei mir.
Mein Mund wird ganz trocken und meine Augen vergrößern sich.
Mein Atem beschleunigt sich und meine Hände ballen sich zu Fäuste.
Die rettende Klinge lasse ich fallen.
Alles was ich jetzt tue ist ihn anzustarren.
"Hallo Liebling!
Schön dich hier wieder zu sehen.
Hast du mich vermisst?
Ja natürlich hast du mich vermisst.
Warum hast du denn ohne mich Spaß?
Das gefällt mir doch überhaupt nicht!"
Er deutet auf meiner blutenden Wunde.
"Du bist ja wirklich zu dumm um dir selbst weh zu tun.
Die Wunde muss länger und tiefer sein!
Wie wärs, wenn du einen Stern ritzt?
Sterne sind doch schön, oder?"

Widerwillig nicke ich und meine Hand bewegt sich und schließt sich wieder um den bluttriefenden Messer.
Ich kann mich nicht unter Kontrolle halten.
Jemand muss mir helfen.
Ich brauche unbedingt Hilfe!
Und zwar sofort!
"Hilfe.
Hilfe.
Hilfe."
Meine Stimme klingt sehr heiser.
Mr. Davis lacht laut und kommt mir näher.
Ich will nach hinten rutschen, doch ich bleibe auf der gleichen Stelle sitzen und bewege mich keinen einzigen Millimeter weg.
"Du brauchst Hilfe?
Weißt du denn nicht wie ein Stern aussieht?
Soll ich ihn dir ritzen?"
Mechanisch schüttle ich meinen Kopf und lege die Klinge gleich einige Zentimeter von meiner selbst hinzugefügten Verletzung an.
Und schon zeichne ich einen kleinen Stern auf meiner Haut auf und ritze diesen auch gleichzeitig in mein eigentlich junges Fleisch.
Blut strömt aus meiner offenen Haut, so rein und so klar.
Die Farbe meines Blutes fasziniert mich besonders.
Tiefes und dunkles Rot ist eine sehr schöne Farbe.

"Sehr schön, mein Häschen!
So ist es gut.
So bist du einfach so vollkommen.
Einfach so perfekt!"
Ich schließe meine Augen und spüre aufkommende Schmerzen.
Doch es sind keine physischen Schmerzen, denn mein Körper fühlt sich so an, als sei es mit Eis betäubt worden.
Ich erinnere mich an diese Dinge, die er mir entgegen spuckte, als er mich mit seinem Messer folterte und seine Schrift auf mir hinterließ.
"A.D.- Du bist mein!", lautete der Message.
Mir wird abwechseln heiß und kalt.
"Du bist nur mein!", zischt mir mein ehemaliger Chef zu, bevor er innerhalb von einer einzigen Sekunde verschwindet.
Mein Blut benetzt meinen weißen Laken.

Coolest winter rainWhere stories live. Discover now