Still breathing

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Ich stehe vor meinem Ganzkörperspiegel.

Meine Augen sind rot und angeschwollen vom ganzen weinen.

Meine Haare sind verstrubbelt und stehen in allen Seiten ab.

Die einst langen und gepflegten Fingernägel sind abgekaut und die Finger wund gebissen.

Was ist bloß los mit mir?

Warum schaffe ich es nicht, ganz normal weiterzuleben?

Warum kann ich nicht alles vergessen?

Ich atme noch und mein Herz schlägt immer noch, aber alles Leben das einst in mir gelebt hatte, ist aus mir gewichen.

Meine Augen sind voller Tränen der Vergangenheit und meine Blicke sind leer und hoffnungslos.

"So I'm afraid.

Of the darkness.

And my demons.

And the voices.

And nothing gonna be okay."

Die größten und schlimmsten Monster und Kreaturen sind in unserem Inneren.

Wir sehen das Böse in der Außenwelt, in anderen Menschen.

Aber eigentlich vergessen wir uns zu fragen, warum wir auf bestimmte Ereignisse auf unsere eigenen Art und Weise reagieren und selbst auf unsere Art handeln.

Unsere eigenen Taten werden uns eines Tages bestrafen.

Und wenn es dann so weit ist, dann werden wir bluten.

Unsere Seele wird bluten und sich geschlagen geben.

Doch, ist ein menschliches Geschöpf denn fähig auf Erden zu leben, wenn sein Geiste vom Leben zerstört wird?

Ich möchte nicht mehr versuchen, mich zu wehren, doch mein Körper reagiert nicht nach meinem Willen.

Kaum verlässt mein geschundener Geist meinen Körper, wird es in die Vergangenheit katapultiert.

Immer wenn ich mich an seine Berührungen erinnere, dann fängt mein Puls an zu rasen und mein Herz hämmert vor großer Angst und Verzweiflung gegen meine Brust.

Ich möchte mich von hier wegbeamen.

Ich weiß noch, als ich versucht hatte, mich psychisch wegzudenken.

Ich war damals 17 Jahre alt. Ich war noch so jung. Damals hatte ich mich an einem sicheren Ort versteckt. Tief in meinem Inneren.


Rückblick:


Es war ein trüber Maitag im Frühling. Eigentlich sollte die Sonne scheinen, die Kinder fröhlich am Spielplatz herumtrollend und ältere Menschen bei nahe gelegenen Parkbänken sich über alte Zeiten unterhaltend, vorfinden. Doch, es war so kalt. Kalt in dieser Welt. Kälte in meiner Seele. Arbeitende und gestresste Gestalten zogen an mir vorbei. Kinder und heranwachsende Erwachsene schleppten müde ihre Schulartikel nachhause. Ihren Augen war jeglicher Freude und Leben gewichen. Maßstäbe der Gesellschaft wurden wortlos akzeptiert und hingenommen, ohne diese zu hinterfragen. Bildung, Ruhm und Reichtum waren und sind hoch angesehene Komponente unseres Lebensstandards. Doch, war es denn nicht wichtig, zu wissen, dass man lebt? War es denn nicht wichtig zu wissen, dass ein Leben wertvoll ist? Dass, das Leben eines Manschen, einer Pflanze, eines Tieres, sogar der einer Bakterien Zelle sehr hochwertig ist?

Ich saß in meinem Zimmer. Frustration und Selbstzweifel fingen an, an mir zu nagen und mein Selbsthass und der Hass gegenüber Menschen stiegen in das Unermessliche. Ich wollte hier weg, aber ich kam nicht von hier los. Mein Kopf drohte zu platzen. Zu viele Gedanken quälten mich. Ausbildung, Arbeit, Geld, Leben, Freunde, Familie. Waren diese Themen wichtig? Sind Menschen denn so wichtig? Bin ich denn so wichtig? Nein! Meine Sicht auf alles fing an vor meinen Augen zu verschwimmen. Ich will hier weg. Weg von dieser Welt. Weg von Menschen. Niemand wird jemals meinen Hass verstehen. Doch, es war und ist mir egal. Ich lebte nicht mehr. Nicht auf dieser Welt. Mein Geist verließ meinen Körper und ließ eine feste Gestalt auf meinem Bett sitzen. Mein Geist verschwand. Verließ für eine Zeit lang diese Welt. Meine Psyche verselbständigte sich und fing an zu arbeiten. Jetzt war ich weg.

Ich blickte mich um. Meine visuellen Augen empfingen viele Einblicke in einer anderen Gegend. In einer anderen Ebene. Diese ebene war viel tiefer. Sie geht nicht unter die Haut. Sie ging in das tiefe Innere des Geistes. In dieser Ebene fühlte ich mich wohl. Ich stand vor einem gigantischen Wasserfall, dessen Klarheit und Reine ihrer Substanz mich in einem völlig wohlgesonnenen Zustand versetzte. Dies war mein Platz. Die Freiheit. Die Natur. Keine Menschen. Kein Druck. Nur ich mit mir. Das frisch duftende Gras unter meinen nackten Füßen fühlt sich so weich an. Ich setze mich auf das Gras vor der Mündung des Wasserfalls. Eine zarte Brise des warmen Windes wehte mein Haar über meine Schultern und Sonnenstrahlen wärmten meine kühle Haut. Ich schloss meine erschöpften Augen und ließ mich von den stetig sanften Geräuschen des Wassers leiten. An diesem Ort fühlte ich mich geborgen. An diesem Ort brauchte ich keine Angst mehr zu haben, denn ich war alleine hier. Kein Mensch, der mir etwas zu befehlen hatte, kein Geschöpf, das mich berührte. Nur ich allein.

Plötzlich spürte ich, wie die Schutzhaltung meines Geistes anfing zu bröckeln. Ich wollte nicht. Ich konnte nicht. Nicht zurück in meinem Körper kehren. Nicht von meinen Themen verschluckt werden. Nicht gänzlich verschwinden. Ich öffnete letztendlich meine Augen und fand mich in meinem Zimmer wieder.

Rückblick endet.


Ich atme noch, doch ich spüre einen kalten Boden unter mir. Die Realität verschwindet und zerrt mich in meine Vergangenheit, wo ich auf den staubigen Boden eines dunklen Raumes liege.

Coolest winter rainWhere stories live. Discover now