Complicated

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Ich stehe immer noch wie angewurzelt am Türrahmen.
Unfähig mich zu bewegen.
Unfähig etwas zu sagen.
Zu eingeschüchtert um in die Welt zu schreien was einst passiert war.
Wie gebannt sehe ich zu dieser einen Person.
Zu dieser einen Person, die mich nicht nur physisch, sondern auch psychisch verletzt hatte.
Will er dieses "Spiel" etwa wieder fortfahren?
Ist er etwa deswegen hier?
Ich sammle Mut und gehe schließlich kühl lächelnd auf ihn zu.
"Guten Tag!
Die Ehre ist ganz meinerseits!
Setzen Sie sich doch!"
Wir setzen uns und Mia wirft mir schon wieder einen mütterlich besorgten Blick zu.
Mr. Davis sitzt mir und meiner Partnerin gegenüber und fährt sich mit der rechten Hand über seinen Dreitagebart.

"So, Mr. Davis.
Was können wir für Sie tun?", fragt ihn Mia höflich.
Er schaut zu mir und lächelt mich an.
"Nun, es ist so.
Ich bin heute hier, weil ich einige Aufträge zu erfüllen hätte und ich dazu Mrs. Larkins Hilfe brauchen würde.
Unsere Firma würde Ihre neue Schuhkollektion "Rouge et noir" kaufen und wir würden über 1 Millionen Stück davon kaufen.
Diese Schuhe wollen wir billiger unter unserem Namen verkaufen.
Sie, Mrs. Larkin könnten die gesamte Produktion überwachen, wenn Sie beruhigter wären.
Unser Markenzeichen wird auf die Schuhe zu sehen sein und das Material der Schuhe würde deutlich unterschiedlich sein, damit sie gut unterscheidbar sind.
Unser Produktionsgebiet wird in Deutschland sein.
Ich biete auch einen guten Preis für die Erlaubnis Ihr Produkt verwenden zu dürfen.
Wären 20 Mio. Dollar ein guter Deal?", fragt Mr. Davis mich mit einem teuflischen Lächeln im Gesicht.

Ich muss schlucken, bevor ich antworten kann.
Die bloße Anwesenheit dieser Person bringt mich schon fast um den Verstand.
Er macht mir immer noch große Angst!
Ich kann immer noch spüren, wie seine Augen meinen Körper durchleuchten.
Warum muss alles bloß so kompliziert sein?
"Könnte ich denn auch meine eigene Mitarbeiter zu Ihrem Quartier schicken und alles überprüfen lassen?
Ich bin leider auch anderwärtig beschäftigt und bin deswegen unglücklicherweise nicht fähig zu reisen.
Ich finde Ihren Preisvorschlag sehr angemessen und ich hoffe, dass Ihnen der Durchbruch mit diesem Produkt gelingt."

Anschließend besprechen wir gemeinsam die ganzen rechtlichen Fakten durch.
Obwohl eigentlich nur Mia mit diesem Kunden hauptsächlich gesprochen hat.
Ich bin nicht wirklich in der Lage, da ich immer noch etwas traumatisiert bin.
Ich bin immer noch traumatisiert von ihm!
Die Angst, dass ich wieder geschlagen, erniedrigt und vergewaltigt werde ist so maßiv, dass ich nicht mehr ruhig sitzen kann.
Ich muss weg.
Ich muss hier weg von diesem Mann!
Meine Geschäftspartnerin hat gespürt, dass ich sehr nervös geworden bin und dass ich jetzt meine eigene Ruhe bräuchte und bringt dieses Meeting so schnell wie möglich zu Ende.
Ich bin ihr dafür sehr dankbar.
Nachdem Mr. Davis wieder gegangen ist, atme ich erleichtert aus.
Es ist nichts passiert.
Kein Wort, keine einzige Berührung.
Nichts.
"Meli?
Ist alles in Ordnung?"
Mia klingt sehr besorgt.
Ich versuche sie so glücklich wie möglich anzulächeln, doch es misslingt mir.
Tränen sammeln sich in meinen müden Augen und ein großer dicker Kloß bildet sich in meinem Hals.

Ich versuche mich noch mit letzter Kraft unter Kontrolle zu halten, doch auch diese Kontrolle verliere ich immer mehr und so fange ich an zu weinen.
Ich weine und weine.
Mia nimmt mich in den Arm und streicht mir behutsam über den Rücken.
Ihre Hände sind sehr weich und sie duftet so schön nach Erdbeeren.
Ich weine lange.
Es fühlt sich alles so kompliziert an.
Es ist irgendwie ein sehr befreiendes Gefühl, zu wissen dass man aufgibt und somit seine Kontrolle abgibt.
"Was ist denn los, Melinda?
Kann ich denn irgendwie helfen?", fragt mich Mia, nachdem ich mich nach gefühlten Stunden wieder unter Kontrolle habe.
Ich schüttle kurz den Kopf und schaue aus dem Fenster.
Die Sonne strahlt und der Himmel ist so blau.
Vögel sind durch die gekippten Bürofenster zu hören und Straßenlärm dazu.
Es ist schon 16:00 Uhr.
Die Zeit steigt stetig voran, aber nur im selben Maß.
Die Zeit vergeht in letzter Zeit wirklich sehr schnell.

"Wenn du reden möchtest, dann sag mir Bescheid, ok?"
Ich sehe sie dankbar an und wenig später sind wir schon beide auf dem Weg nachhause.
Ich stelle mir vor wie Mia sich freut ihre kleine Prinzessin wiederzusehen.

Zuhause beginne ich Klavier zu spielen.
Es ist ein improvisiertes Stück.
Doch ich wurde mitten drinnen durch eine SMS unterbrochen.
Ich höre auf zu spielen und öffne die Nachricht.

Sie ist von Mia.

Coolest winter rainWhere stories live. Discover now