Die Versuchung

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Jacobs Augen erinnern mich an den Herbst.

Sie erinnern mich an einem Herbst, der Unschuld ausstrahlt.

Der Wärme und Licht spendet.

Ich mag den Herbst nicht, denn für mich war um dieser Jahreszeit keine Jahreszeit der Wärme und des Trostes.

Für mich war diese Jahreszeit ein Verrat und gleichzeitig eine Versuchung.

Während ich meinen Blick von Jacobs Augen löse, bricht er diese geheimnisvolle Stille.

"Ich merke dass dich etwas belastet, Melu.

Es ist ja nicht so, als hätte ich dich nie in diesem Zustand gesehen, aber diesmal siehst du so aus als ob nur wenig Schmerz fehlen würde, dass dich vollständig zerstört.

Dieser Schmerz, dass dich kalt und emotionslos werden lässt.

Dieser Schmerz, dass dich isoliert und im wahrsten Sinne des Wortes bricht.

Bitte erzähl mir was passiert ist.

Erkläre mir, weshalb du so geworden bist.

Und sage mir bitte, wer dafür verantwortlich ist."

Ich sitze stumm neben Jacob und merke wie ich mich bei jeden einzelnen Satz meinen Körper immer mehr anspanne.

Tränen bilden sich in meinen Augen.

Ich versuche sie zurückzuhalten.

"Du würdest es nicht verstehen.

Aber wie könnte ich denn verlangen zu verstehen was mit mir los ist, wenn ich es selber nicht verstehe?

Es ist sehr kompliziert...

Ich kann einfach nicht darüber reden.

Ich verbringe schon sehr viel Zeit um alles zu verdrängen."

Während ich spreche, sehe ich meinen besten Freund nicht an.

Meine Stimme zittert und meine Tränen haben es geschafft sich einen Weg nach unten zu verschaffen.

Ich lasse meine Haare wie einen Vorhang in mein Gesicht fallen und unterdrücke ein Schluchtzen.

Jacob sitzt ganz ruhig neben mir und streicht mir liebevoll über den Rücken.

Seine Berührungen tun mir gut.

Sie lösen bei mir ein vertrauliches Gefühl aus, ein Gefühl dass ich seit längerer Zeit nicht mehr gespürt habe.

Soll ich mich öffnen?

" Ja, tu es." flüstert mein Gewissen.

"Du musst es verarbeiten können.

Du weißt doch ganz genau, dass wenn du alles zurückhälst, irgendwann explodieren wirst."

Ich kann nicht.

Ich kann es einfach nicht.

Ich weiß, dass ich irgendwann explodieren werde, aber ich explodiere lieber innerlich, als mich wieder an alles zu erinnern.

Äußerlich scheine ich eine starke und selbstbewusste Frau zu sein, die alles schafft und sich den Erfolg erarbetet.

Aber tief im Inneren bin ich kaputt.

Kaputt und zerbrochen.

" Villeicht solltest du mit jemanden reden.

Mit jemandem den du vertraust. Oder mit einem Psychologen.

Es kann dir helfen zu verarbeiten und mit der Vergangenheit abzuschließen.", versucht Jacob auf mich einzureden.

" Ich kann noch nicht darüber reden.

Ich weiß dass es lange her ist, aber ich kann noch nicht verarbeiten.

Es dauert villeicht noch eine Weile bis ich konkret darüber reden kann.

Lass uns dieses Thema beenden und uns einen schönen Nachmittag machen, okay?"

Ich schaue auf meine Hände, die zusammengeballt auf meinem Schoß liegen.

Einen Moment lang ist es still und wir sitzen immernoch nebeneinander.

Während wir geredet haben, wurde unser Blickkontakt unterbrochen, da ich meinen Blick von ihm abgewendet habe und die ganze Zeit auf meine Hände gesehen habe.

"Na gut.

Ich will nur dass du weißt, dass du immer mit mir reden kannst, wenn du willst." sagt mein bester Freund lieb.

"Danke.

Hast du Lust und Zeit um mit mir einen schönen Abend zu verbringen?

Wir können uns Pizza bestellen und einen Film schauen." biete ich an.

Als ich Jacobs strahlendes Lächeln sehe, bemerke ich wie attraktiv er eigentlich doch ist.

"Klar!

Wir können dann auch kuscheln, wenn dir dann kalt wird", schmunzelt er und zwinkert mir schelmisch zu.

Ich zeige ihm die Zunge und wähle die Nummer vom Pizzaboten.

Nachdem ich eine Familienpizza Hawai bestellt habe, suchen Jacob und ich nach einem guten Film.

Da wir beide große Harry Potter Fans sind, beschließen wir uns den Teil mit dem Halbblutprinzen anzusehen.

Wir sprechen über Katzen und ihre Gewohnheiten und müssen lachen als Ursa zu uns kommt, mir schnurrend um die Beine streicht und sich dann aber auf Jacobs Kopf klettert und es sich dort gemütlich macht.

Als der Pizzabote erscheint, nehme ich unsere Pizza entgegen und zahle schnell.

Schließlich setze ich mich wieder zu meinem besten Freund und er startet den Film.

Er ist ein sehr schöner Abend, aber ich muss mich sehr zusammennehmen um mich nicht an die Ereignisse die mich belasten zu errinern, was mich  natürlich fertig macht.

Nach dem Film muss Jacob leider gehen, da er sich morgen in der Früh mit seiner Mutter treffen wird.

Als er schon weg ist, atme ich tief ein und wieder aus.

Es ist eine Versuchung nicht zu reden, obwohl es schwer ist.

Es ist eine Versuchung...

Coolest winter rainWhere stories live. Discover now