Changbin
„Wie wars?"
Chan presste einen Knopf und seine Stimme ertönte im Studio.
„Das letzte war perfekt. Lassen wir es so"
„Sicher? Ich glaube ich könnte noch versuchen die Betonung etwas anzupassen..."
„Deine Betonung ist schon PERFEKT"
Ich rollte mit den Augen, beließ es dann aber dabei. Chan ging mit jedem kritisch ins Gericht, wenn es um Musik ging. Wenn er also keine Verbesserungsvorschläge mehr für mich hatte, musste es wohl doch ganz gut sein.Ich schnappte mir mein Handy vom Hocker im Studio und warf einen Blick darauf.
Sieben verpasste Anrufe und sechzehn Nachrichten.
„Fuck...", entfuhr es mir und ich strich mir hektisch durch die Haare, als ich mein Handy entsperrte und auf die Nachrichten drückte.Sie waren alle von meinen Familienmitgliedern, die fragten wo zur Hölle ich blieb. Mein Blick huschte zur Uhrzeit. Halb sechs. Scheiße...
Wir waren heute zu einem Essen mit dem Chef meines Vaters und seiner gesamten Familie eingeladen. Ich hatte für so etwas nichts übrig. Ich wollte lieber Musik machen.„Yohh, Chan, Bro, ich muss los, ich hab noch was zu tun..."
Chan nickte nur und klickte wild auf seinem Laptop herum. Es entstand gerade ein neuer Track und man sollte den Meister am besten nicht bei der Arbeit stören.Leise schlich ich aus dem Raum und verließ das Trainingsgebäude. Hier trainierte ich mit Chan und meinem anderen Kumpel Han dafür ein berühmter Musiker zu werden.
Vor dem Gebäude lief ich schnurstracks auf ein freies Taxi zu und wies den Fahrer an, zum Haus meiner Eltern zu fahren. Dann zog ich meine Kopfhörer aus der Jackentasche und wählte ein Song aus. Der Beat fuhr durch meinen Körper und meine Lippen formten automatisch die gesprochenen Worte.Rap war mein Leben. Seit ich denken konnte, wollte ich Rap hören. Meine Mutter musste mich immer ermahnen langsamer zu sprechen, weil ich meine Gedanken immer so schnell loswerden wollte. Sie hatte sich Sorgen gemacht, dass ich beim Reden irgendwann einen Knoten in der Zunge hatte.
So schnell wie ich mittlerweile Rappen kann, eher einen Doppelknoten.
Ein süffisantes Lächeln stahl sich auf mein Gesicht. Dann erstarb es, als ich daran dachte, dass ich mich jetzt durch ein Geschäftsessen quälen musste.
„Fuck my life..."_____________________________________
„Hier entlang. Das Esszimmer ist hier drüben"
Frau Go lächelte uns freundlich an und wies mit beiden Händen auf die Tür am Ende des Ganges. Mein Vater bedankte sich höflich und meine Mutter, meine Schwester und ich folgten ihm in den Raum.Herr und Frau Go nahmen Platz und wir setzten uns ebenfalls. Mein Blick fiel auf einen Teller, der wohl zu viel aufgedeckt worden war.
Herr Go bemerkte meinen Blick und lächelte mich an.
„Meine Tochter verspätet sich etwas. Sie lernt vermutlich noch. Sie wurde dieses Jahr an der Universität angenommen und die Professoren verlangen den armen Studenten sehr viel ab. Studierst du auch, Seo Changbin?"Das Blut begann in meinen Adern zu pumpen und meine im Schoß gefalteten Hände verkrampften sich.
„Nein, Herr Go. Ich studiere nicht."
„Oh dann warst du sicher erst im Militärdienst. Das ist auch eine gute Entscheidung. Bring den erstmal hinter dich und dann kannst du in Ruhe studieren..."
Herr Go redete noch weiter auf mich ein, doch ich hörte ihm gar nicht richtig zu. Hin und wieder lächelte ich ihn freundlich an und nickte unverbindlich.Ich mochte es gar nicht, wenn mich fremde Menschen fragten, was ich mit meinem Leben vorhatte. Das setzte mich unglaublich unter Druck.
Ich wusste ja, dass ich Rapper werden wollte, doch die meisten Erwachsenen konnten das nicht verstehen.„Willst du nicht lieber in einer großen Firma arbeiten? Du bist doch schlau, wieso dein Schicksal dem Zufall überlassen?" Ich knirschte mit den Zähnen. Das war kein Zufall. Ich konnte wirklich gut rappen. Manche sagten sogar, dass ich brilliant war. Aber es steckte mindestens genauso viel Arbeit dahinter, wie Talent.
In meiner Freizeit drehte sich alles um
Rap und Hiphop. Ich prägte mir Verse ein, übte neue Techniken und schrieb eigene Texte. Gemeinsam mit Bang Chan und Han Jisung hatten wir schon einige Lieder produziert, doch wir hatten noch keine veröffentlicht.„Tut mir leid, ich bin zu spät", ertönte gerade eine Stimme, die das Blut in meinen Adern gefrieren ließ. Ich drehte mich nicht um. Wie hoch war die Wahrscheinlichkeit...?
„Yoorim, du bist endlich da! Hier setz dich zu mir!", rief Frau Go und Yoorim setzte sich mir gegenüber.
Ich blickte starr auf meinen Teller.
„Seo Changbin?", fragte Yoorim und blickte mich aus aufgerissenen Augen an. Dann verzog sich ihr Mund zu einem fiesen Lächeln.
„Wir haben uns ja schon ewig nicht mehr gesehen. Wie geht es dir?", fragte sie und stützte das Kinn auf eine Hand, während sie mich durch ihre klimpernden Wimpern hindurch ansah.„Ihr kennt euch?", erkundigte sich Frau Go.
„Ja Mutter, Seo Changbin und ich waren gemeinsam auf der Schule. Wir haben im selben Jahr den Abschluss gemacht. Nun sag schon, wie läuft deine „Karriere"?"
Ich knirschte mit den Zähnen.
„Alles bestens", presste ich hervor.
„Ach ja? Wie wundervoll! Vater, Changbin ist Rapper, wusstest du das schon?"Herr Gos Augenbrauen zogen sich zusammen. „Rapper? Soso... das ist ja eine sehr riskante Berufswahl..."
Nicht das schon wieder...
„Was studierst du denn, wenn ich fragen darf?", unterbracht meine Mutter die Konversation, indem sie sich an Yoorim wandte. Unter dem Tisch drückte sie meine Hand.Ich war so dankbar, dass wenigstens meine Familie verstand, was ich da tat. Es gab Tage, an denen ich schon genug an mir selbst zweifelte. Wenn da noch die Zweifel anderer Personen dazukamen, dann hatte ich schnell das überwältigende Gefühl einen riesigen Fehler begangen zu haben. Dann geriet ich in eine Gedankenspirale, die mich immer weiter nach unten zog. Dahin, wo kein Licht mehr schien und die Welt dunkel und trostlos war. Wo andere Menschen auf mich herabblickten und dumme Sprüche über mich machten. An einen Ort, von dem mich mich nur sehr schwer allein befreien konnte.
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Soo... das war das erste Kapitel von Streetlight.
Ich möchte den Figuren in dieser Story einen Background geben und Character Development betreiben. Deswegen sind die Kapitel eventuell etwas länger als bei anderen BLs.
Ich hoffe, dass es dich nicht abschreckt und du gespannt bist, wie es weitergehen wird.
Kleiner Spoiler: Im nächsten Kapitel treffen sich die beiden Protagonisten 😌
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Streetlight
FanfictionChangbin trainiert für seine Karriere als K-Pop Idol. Er ist ehrgeizig und kämpft für seinen Traum. Mit seiner Rap-Group 3Racha produziert er neben dem Training auch eigene Lieder. Er will hoch hinaus und es den Leuten zeigen, die ihm Steine in den...